Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.lib. 4, c. 3, qu. 5) und Munster ("Cosmographie", S. 603) erzählen 1) Auch in Frankreich und Spanien ist das zu erkennen, wie das die "Histoire des races maudites de la France et de l'Espagne" par Fran- cisque-Michel (Paris 1847) nachweist. Es ist nur bei dem reichen Stoffe zu bedauern, daß der Verfasser oft die tiefere historische Forschung und Kritik vermissen läßt, und sich mit den flachen Berichten von Geistlichen und Schul- meistern und mit oberflächlichen Raisonnements begnügt. So gibt er Thl. 2, S. 99--102, einen äußerst dürren Bericht des Geistlichen Aubri in Belle- vaux, über die höchst interessante Erscheinung der heutigen Oiseliers (Oge- lies) du duche de Bouillon, welche durchaus an die Zigeuner erinnern. Der nur zwei und eine halbe Druckseiten füllende Bericht schließt mit den Worten: "Depuis cette epoque (1740) ces familles ne sont plus connues. Le nom d'Oiseliers meme cessera bientot de l'etre, excepte par les eru- dits, qui fouillent les archives." 2) So ist z. B. die strenge Beachtung des Koscher hinsichtlich der Spei-
sen bei den Juden eine alltägliche Erfahrung. Bei einem zu Lübeck in Unter- suchung gerathenen jüdischen Gauner habe ich beobachtet, daß derselbe mehrere Monate lang die sehr gute Gefangenkost als treife verschmähte und wesent- lich von Brot und Kaffee lebte. Dagegen ist merkwürdig, was Pfister, "Actenmäßige Geschichte der Räuberbanden im Spessart", im Nachtrag, S. 344 und 345, erzählt, daß Manne Friedrich und Hölzerlips, obwol beide lutherisch, doch eine Wachskerze und eine Wallfahrt gelobt hatten. lib. 4, c. 3, qu. 5) und Munſter („Cosmographie“, S. 603) erzählen 1) Auch in Frankreich und Spanien iſt das zu erkennen, wie das die „Histoire des races maudites de la France et de l’Espagne“ par Fran- cisque-Michel (Paris 1847) nachweiſt. Es iſt nur bei dem reichen Stoffe zu bedauern, daß der Verfaſſer oft die tiefere hiſtoriſche Forſchung und Kritik vermiſſen läßt, und ſich mit den flachen Berichten von Geiſtlichen und Schul- meiſtern und mit oberflächlichen Raiſonnements begnügt. So gibt er Thl. 2, S. 99—102, einen äußerſt dürren Bericht des Geiſtlichen Aubri in Belle- vaux, über die höchſt intereſſante Erſcheinung der heutigen Oiseliers (Oge- lies) du duché de Bouillon, welche durchaus an die Zigeuner erinnern. Der nur zwei und eine halbe Druckſeiten füllende Bericht ſchließt mit den Worten: „Depuis cette époque (1740) ces familles ne sont plus connues. Le nom d’Oiseliers même cessera bientôt de l’être, excepté par les eru- dits, qui fouillent les archives.“ 2) So iſt z. B. die ſtrenge Beachtung des Koſcher hinſichtlich der Spei-
ſen bei den Juden eine alltägliche Erfahrung. Bei einem zu Lübeck in Unter- ſuchung gerathenen jüdiſchen Gauner habe ich beobachtet, daß derſelbe mehrere Monate lang die ſehr gute Gefangenkoſt als treife verſchmähte und weſent- lich von Brot und Kaffee lebte. Dagegen iſt merkwürdig, was Pfiſter, „Actenmäßige Geſchichte der Räuberbanden im Speſſart“, im Nachtrag, S. 344 und 345, erzählt, daß Manne Friedrich und Hölzerlips, obwol beide lutheriſch, doch eine Wachskerze und eine Wallfahrt gelobt hatten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0032" n="16"/><hi rendition="#aq">lib. 4, c. 3, qu.</hi> 5) und Munſter („Cosmographie“, S. 603) erzählen<lb/> auffallende Wahrnehmungen von der frühen und ſtarken Ver-<lb/> miſchung heimiſcher Elemente mit jenen fremdartigen <note place="foot" n="1)">Auch in Frankreich und Spanien iſt das zu erkennen, wie das <hi rendition="#g">die</hi><lb/><hi rendition="#aq">„Histoire des races maudites de la France et de l’Espagne“ par Fran-<lb/> cisque-Michel</hi> (Paris 1847) nachweiſt. Es iſt nur bei dem reichen Stoffe<lb/> zu bedauern, daß der Verfaſſer oft die tiefere hiſtoriſche Forſchung und Kritik<lb/> vermiſſen läßt, und ſich mit den flachen Berichten von Geiſtlichen und Schul-<lb/> meiſtern und mit oberflächlichen Raiſonnements begnügt. So gibt er Thl. 2,<lb/> S. 99—102, einen äußerſt dürren Bericht des Geiſtlichen Aubri in Belle-<lb/> vaux, über die höchſt intereſſante Erſcheinung der heutigen <hi rendition="#aq">Oiseliers (Oge-<lb/> lies) du duché de Bouillon,</hi> welche durchaus an die Zigeuner erinnern.<lb/> Der nur zwei und eine halbe Druckſeiten füllende Bericht ſchließt mit den Worten:<lb/><hi rendition="#aq">„Depuis cette époque (1740) ces familles ne sont plus connues. Le<lb/> nom d’Oiseliers même cessera bientôt de l’être, excepté par les eru-<lb/> dits, qui fouillent les archives.</hi>“</note>, und die<lb/> ſpätere Geſchichte des Gaunerthums weiſt in einer Unzahl von<lb/> Fällen nach, daß bei aller erſtaunlichen Fügſamkeit der jüdiſchen<lb/> Nation, der Jude zu nichts weniger geneigt und befähigt iſt, als<lb/> ſeine jüdiſche Eigenthümlichkeit, Sprache und Sitte abzulegen <note place="foot" n="2)">So iſt z. B. die ſtrenge Beachtung des Koſcher hinſichtlich der Spei-<lb/> ſen bei den Juden eine alltägliche Erfahrung. Bei einem zu Lübeck in Unter-<lb/> ſuchung gerathenen jüdiſchen Gauner habe ich beobachtet, daß derſelbe <hi rendition="#g">mehrere<lb/> Monate</hi> lang die ſehr gute Gefangenkoſt als <hi rendition="#g">treife</hi> verſchmähte und weſent-<lb/> lich von Brot und Kaffee lebte. Dagegen iſt merkwürdig, was Pfiſter,<lb/> „Actenmäßige Geſchichte der Räuberbanden im Speſſart“, im Nachtrag,<lb/> S. 344 und 345, erzählt, daß Manne Friedrich und Hölzerlips, obwol beide<lb/> lutheriſch, doch eine Wachskerze und eine Wallfahrt gelobt hatten.</note>,<lb/> während die mit Juden verbundenen Chriſten und Zigeuner, na-<lb/> mentlich die Chriſten, ihre Eigenthümlichkeit, Sprache und Sitte<lb/> ſehr leicht der Gelegenheit und den Umſtänden zum Opfer brachten<lb/> und bei dem Aufhören des Zwanges weit lieber zu den ſtabilen<lb/> jüdiſchen Typen ſich hinwandten, als zu ihrer chriſtlichen Eigen-<lb/> thümlichkeit. So führt Rebmann („Damian Heſſel und ſeine<lb/> Raubgenoſſen“, S. 106) an, daß der katholiſche und ſogar zum<lb/> Prieſterſtand beſtimmt geweſene Heſſel, nach Verkündigung ſeines<lb/> Todesurtheils einen Rabbiner verlangte, um als Jude zu ſterben,<lb/> und (S. 119) daß ſein Genoſſe Streitmatter, der gleich ihm als<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0032]
lib. 4, c. 3, qu. 5) und Munſter („Cosmographie“, S. 603) erzählen
auffallende Wahrnehmungen von der frühen und ſtarken Ver-
miſchung heimiſcher Elemente mit jenen fremdartigen 1), und die
ſpätere Geſchichte des Gaunerthums weiſt in einer Unzahl von
Fällen nach, daß bei aller erſtaunlichen Fügſamkeit der jüdiſchen
Nation, der Jude zu nichts weniger geneigt und befähigt iſt, als
ſeine jüdiſche Eigenthümlichkeit, Sprache und Sitte abzulegen 2),
während die mit Juden verbundenen Chriſten und Zigeuner, na-
mentlich die Chriſten, ihre Eigenthümlichkeit, Sprache und Sitte
ſehr leicht der Gelegenheit und den Umſtänden zum Opfer brachten
und bei dem Aufhören des Zwanges weit lieber zu den ſtabilen
jüdiſchen Typen ſich hinwandten, als zu ihrer chriſtlichen Eigen-
thümlichkeit. So führt Rebmann („Damian Heſſel und ſeine
Raubgenoſſen“, S. 106) an, daß der katholiſche und ſogar zum
Prieſterſtand beſtimmt geweſene Heſſel, nach Verkündigung ſeines
Todesurtheils einen Rabbiner verlangte, um als Jude zu ſterben,
und (S. 119) daß ſein Genoſſe Streitmatter, der gleich ihm als
1) Auch in Frankreich und Spanien iſt das zu erkennen, wie das die
„Histoire des races maudites de la France et de l’Espagne“ par Fran-
cisque-Michel (Paris 1847) nachweiſt. Es iſt nur bei dem reichen Stoffe
zu bedauern, daß der Verfaſſer oft die tiefere hiſtoriſche Forſchung und Kritik
vermiſſen läßt, und ſich mit den flachen Berichten von Geiſtlichen und Schul-
meiſtern und mit oberflächlichen Raiſonnements begnügt. So gibt er Thl. 2,
S. 99—102, einen äußerſt dürren Bericht des Geiſtlichen Aubri in Belle-
vaux, über die höchſt intereſſante Erſcheinung der heutigen Oiseliers (Oge-
lies) du duché de Bouillon, welche durchaus an die Zigeuner erinnern.
Der nur zwei und eine halbe Druckſeiten füllende Bericht ſchließt mit den Worten:
„Depuis cette époque (1740) ces familles ne sont plus connues. Le
nom d’Oiseliers même cessera bientôt de l’être, excepté par les eru-
dits, qui fouillent les archives.“
2) So iſt z. B. die ſtrenge Beachtung des Koſcher hinſichtlich der Spei-
ſen bei den Juden eine alltägliche Erfahrung. Bei einem zu Lübeck in Unter-
ſuchung gerathenen jüdiſchen Gauner habe ich beobachtet, daß derſelbe mehrere
Monate lang die ſehr gute Gefangenkoſt als treife verſchmähte und weſent-
lich von Brot und Kaffee lebte. Dagegen iſt merkwürdig, was Pfiſter,
„Actenmäßige Geſchichte der Räuberbanden im Speſſart“, im Nachtrag,
S. 344 und 345, erzählt, daß Manne Friedrich und Hölzerlips, obwol beide
lutheriſch, doch eine Wachskerze und eine Wallfahrt gelobt hatten.
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