Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.das ander, kommen vber etlich jahr herwider. Doch theilen sie "Es ist mir Munstero vor etlich vergangnen jahren 1) bei 1) Jn der lateinischen Ausgabe steht: "Sunt anni plus minusve viginti sex ab hoc tempore, quando ego Munsterus ista scribo etc. Die Vor- rede zur "Cosmographie" ist vom 17. März 1550 datirt. 2) Der Brief war damals schon über hundert Jahre alt, und erscheint
allerdings stark apokryph. Vgl. Ahasv. Fritsch, "Diatribe historico-poli- tica de Zygenorum origine vita ac moribus", membr. IV. Thomasius, (a. a. O., §. 27) hält den Brief für echt und bündig. Wurstisen ("Baseler Chro- nik", S. 240); Matth. Wehner, ("Observ. practicae" -- verbo Zigeuner), und Crusius ("Annal. Suev.", S. 384) reden auch noch von andern Freiheitsbriefen und von der Erlaubniß, die von päpstlicher Seite den Zigeunern ertheilt sei, alle christliche Länder zu durchwandern. Abgeschmackt ist die von Muratori, "Rerum Italicae", t. 18 ad annum 1422, angeführte Behauptung einer Zi- geunerhorde: Aveano un decreto del Re di Vngheria, -- per vigore di cui essi poteano rubare per tutti que' setti anni per tutto dove andas- sero e che non potesse essere fatta loro giustizia!! Vergl. Grellmann, a. a. O., S. 170. Uebrigens ist diese Freiheit der Zigeuner schon bald sehr b[e]schränkt worden. Joh. Bodinus erwähnt zu Ende des zweiten Kapitels im fünften Buch seiner Sechs Bücher "De republica" eines Edictes Ferdinand's von Spanien von 1492: quo haec pestis, quod in Hispania quoque latissime grassare- tur, coerceri coepit. Das Beispiel fand in Deutschland rasche Nachahmung; denn schon im Reichsabschied zu Augsburg, 1500, §. 27, wird allen Ständen des Reichs geboten, die Zigeuner als "Erfahrer, Außspeher und Verkund- das ander, kommen vber etlich jahr herwider. Doch theilen ſie „Es iſt mir Munſtero vor etlich vergangnen jahren 1) bei 1) Jn der lateiniſchen Ausgabe ſteht: „Sunt anni plus minusve viginti sex ab hoc tempore, quando ego Munsterus ista scribo etc. Die Vor- rede zur „Cosmographie“ iſt vom 17. März 1550 datirt. 2) Der Brief war damals ſchon über hundert Jahre alt, und erſcheint
allerdings ſtark apokryph. Vgl. Ahasv. Fritſch, „Diatribe historico-poli- tica de Zygenorum origine vita ac moribus“, membr. IV. Thomaſius, (a. a. O., §. 27) hält den Brief für echt und bündig. Wurſtiſen („Baſeler Chro- nik“, S. 240); Matth. Wehner, („Observ. practicae“ — verbo Zigeuner), und Cruſius („Annal. Suev.“, S. 384) reden auch noch von andern Freiheitsbriefen und von der Erlaubniß, die von päpſtlicher Seite den Zigeunern ertheilt ſei, alle chriſtliche Länder zu durchwandern. Abgeſchmackt iſt die von Muratori, „Rerum Italicae“, t. 18 ad annum 1422, angeführte Behauptung einer Zi- geunerhorde: Aveano un decreto del Re di Vngheria, — per vigore di cui essi poteano rubare per tutti que’ setti anni per tutto dove andas- sero e che non potesse essere fatta loro giustizia!! Vergl. Grellmann, a. a. O., S. 170. Uebrigens iſt dieſe Freiheit der Zigeuner ſchon bald ſehr b[e]ſchränkt worden. Joh. Bodinus erwähnt zu Ende des zweiten Kapitels im fünften Buch ſeiner Sechs Bücher „De republica“ eines Edictes Ferdinand’s von Spanien von 1492: quo haec pestis, quod in Hispania quoque latissime grassare- tur, coërceri coepit. Das Beiſpiel fand in Deutſchland raſche Nachahmung; denn ſchon im Reichsabſchied zu Augsburg, 1500, §. 27, wird allen Ständen des Reichs geboten, die Zigeuner als „Erfahrer, Außſpeher und Verkund- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0043" n="27"/> das ander, kommen vber etlich jahr herwider. Doch theilen ſie<lb/> ſich in viel Schaaren, vnd verwechßlen jre Zug in die Länder.<lb/> Sie nehmen auch Mann vnd Weib in allen Ländern, die ſich zu<lb/> jnen begern zu ſchlahen. Es iſt ein ſeltzams vnd wüſt Volck,<lb/> kan vil Spraache vnd iſt dem Bawersvolck gar beſchwerlich. Wann<lb/> die armen Dorffleut im feldt ſind, durchſuchen ſie jhre Häuſer,<lb/> vnd nehmen was jhnen gefällt. Jhre alte Weiber ernehren ſich<lb/> mit Wahrſagen, vnd dieweil ſie den fragenden antwort geben, wie<lb/> viel Kinder, Männer vnd Weiber ſie werden haben, greiffen ſie<lb/> mit wunderbarlicher Behendigkeit jhnen zum Seckel oder zu der<lb/> Taſchen, vnd leeren ſie, daß es die Perſon, deren ſolches begegnet,<lb/> nicht gewahr wirdt.</p><lb/> <p>„Es iſt mir Munſtero vor etlich vergangnen jahren <note place="foot" n="1)">Jn der lateiniſchen Ausgabe ſteht: <hi rendition="#aq">„Sunt anni plus minusve viginti<lb/> sex ab hoc tempore, quando ego Munsterus ista scribo etc.</hi> Die Vor-<lb/> rede zur „Cosmographie“ iſt vom 17. März 1550 datirt.</note> bei<lb/> Heydelberg begegnet, dz ich mit jnen zu Eberbach in ein Geſpräch<lb/> kam, vnd von jhren Oberſten zu wegen bracht, zu leſen einen<lb/> Brieff <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="2)">Der Brief war damals ſchon über hundert Jahre alt, und erſcheint<lb/> allerdings ſtark apokryph. Vgl. Ahasv. Fritſch, <hi rendition="#aq">„Diatribe historico-poli-<lb/> tica de Zygenorum origine vita ac moribus“, membr. IV.</hi> Thomaſius,<lb/> (a. a. O., §. 27) hält den Brief für echt und bündig. Wurſtiſen („Baſeler Chro-<lb/> nik“, S. 240); Matth. Wehner, (<hi rendition="#aq">„Observ. practicae“ — verbo</hi> Zigeuner), und<lb/> Cruſius (<hi rendition="#aq">„Annal. Suev.</hi>“, S. 384) reden auch noch von andern Freiheitsbriefen<lb/> und von der Erlaubniß, die von päpſtlicher Seite den Zigeunern ertheilt ſei,<lb/> alle chriſtliche Länder zu durchwandern. Abgeſchmackt iſt die von Muratori,<lb/><hi rendition="#aq">„Rerum Italicae“, t. 18 ad annum</hi> 1422, angeführte Behauptung einer Zi-<lb/> geunerhorde: <hi rendition="#aq">Aveano un decreto del Re di Vngheria, — per vigore di<lb/> cui essi poteano rubare per tutti que’ setti anni per tutto dove andas-<lb/> sero e che non potesse essere fatta loro giustizia!!</hi> Vergl. Grellmann,<lb/> a. a. O., S. 170. Uebrigens iſt dieſe Freiheit der Zigeuner ſchon bald ſehr b<supplied>e</supplied>ſchränkt<lb/> worden. Joh. Bodinus erwähnt zu Ende des zweiten Kapitels im fünften Buch<lb/> ſeiner Sechs Bücher <hi rendition="#aq">„De republica</hi>“ eines Edictes Ferdinand’s von Spanien<lb/> von 1492: <hi rendition="#aq">quo haec pestis, quod in Hispania quoque latissime grassare-<lb/> tur, coërceri coepit.</hi> Das Beiſpiel fand in Deutſchland raſche Nachahmung;<lb/> denn ſchon im Reichsabſchied zu Augsburg, 1500, §. 27, wird allen Ständen<lb/> des Reichs geboten, die Zigeuner als „Erfahrer, Außſpeher und Verkund-</note>, daß ſie ſich berühmbten, vnd das war ein Vidimus, ſo<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0043]
das ander, kommen vber etlich jahr herwider. Doch theilen ſie
ſich in viel Schaaren, vnd verwechßlen jre Zug in die Länder.
Sie nehmen auch Mann vnd Weib in allen Ländern, die ſich zu
jnen begern zu ſchlahen. Es iſt ein ſeltzams vnd wüſt Volck,
kan vil Spraache vnd iſt dem Bawersvolck gar beſchwerlich. Wann
die armen Dorffleut im feldt ſind, durchſuchen ſie jhre Häuſer,
vnd nehmen was jhnen gefällt. Jhre alte Weiber ernehren ſich
mit Wahrſagen, vnd dieweil ſie den fragenden antwort geben, wie
viel Kinder, Männer vnd Weiber ſie werden haben, greiffen ſie
mit wunderbarlicher Behendigkeit jhnen zum Seckel oder zu der
Taſchen, vnd leeren ſie, daß es die Perſon, deren ſolches begegnet,
nicht gewahr wirdt.
„Es iſt mir Munſtero vor etlich vergangnen jahren 1) bei
Heydelberg begegnet, dz ich mit jnen zu Eberbach in ein Geſpräch
kam, vnd von jhren Oberſten zu wegen bracht, zu leſen einen
Brieff 2), daß ſie ſich berühmbten, vnd das war ein Vidimus, ſo
1) Jn der lateiniſchen Ausgabe ſteht: „Sunt anni plus minusve viginti
sex ab hoc tempore, quando ego Munsterus ista scribo etc. Die Vor-
rede zur „Cosmographie“ iſt vom 17. März 1550 datirt.
2) Der Brief war damals ſchon über hundert Jahre alt, und erſcheint
allerdings ſtark apokryph. Vgl. Ahasv. Fritſch, „Diatribe historico-poli-
tica de Zygenorum origine vita ac moribus“, membr. IV. Thomaſius,
(a. a. O., §. 27) hält den Brief für echt und bündig. Wurſtiſen („Baſeler Chro-
nik“, S. 240); Matth. Wehner, („Observ. practicae“ — verbo Zigeuner), und
Cruſius („Annal. Suev.“, S. 384) reden auch noch von andern Freiheitsbriefen
und von der Erlaubniß, die von päpſtlicher Seite den Zigeunern ertheilt ſei,
alle chriſtliche Länder zu durchwandern. Abgeſchmackt iſt die von Muratori,
„Rerum Italicae“, t. 18 ad annum 1422, angeführte Behauptung einer Zi-
geunerhorde: Aveano un decreto del Re di Vngheria, — per vigore di
cui essi poteano rubare per tutti que’ setti anni per tutto dove andas-
sero e che non potesse essere fatta loro giustizia!! Vergl. Grellmann,
a. a. O., S. 170. Uebrigens iſt dieſe Freiheit der Zigeuner ſchon bald ſehr beſchränkt
worden. Joh. Bodinus erwähnt zu Ende des zweiten Kapitels im fünften Buch
ſeiner Sechs Bücher „De republica“ eines Edictes Ferdinand’s von Spanien
von 1492: quo haec pestis, quod in Hispania quoque latissime grassare-
tur, coërceri coepit. Das Beiſpiel fand in Deutſchland raſche Nachahmung;
denn ſchon im Reichsabſchied zu Augsburg, 1500, §. 27, wird allen Ständen
des Reichs geboten, die Zigeuner als „Erfahrer, Außſpeher und Verkund-
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