Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.Konstantin schon eine entwickelte Hierarchie vorfand, und daß die 1) Als die Gothen im 4. Jahrhundert das Christenthum annahmen, hielten sie es, wie die Vandalen und Gepiden, mit der arianischen Lehre. Die ur- sprünglich katholischen Burgunder wurden unter den Gothen gleichfalls Ari- aner und im 6. Jahrhundert wieder katholisch. Selbst Chlodewig's Schwester, Lanthild, war arianische Christin. Jakob Grimm, "Deutsche Mythologie", S. 2 und 3. 2) Ep. II contra Symmachum: "Nihil ecclesia sibi nisi fidem pos- sidet. Hos reditus praebet, hos fructus. Possessio ecclesiae sumptus est egenorum. Numerent quos redemerint templa captivos, quae con- tulerint alimenta pauperibus, quibus exulibus vivendi subsidia mini- straverint. Praedia igitur intercepta, non jura sunt." 3) So lautet z. B. Lex 49, §. 6, tit. 3: Sin autem nullus xenon in
civitate inveniatur, tunc, secundum de captivis sanctionem, pro tem- pore oeconomus sacrosanctae ecclesiae vel Episcopus hereditatem ac- cipiat: et sine Falcidia ratione pauperibus, qui in civitate sunt, vel penitus mendicantibus, vel alia sustentatione egentibus, eaedem pecu- niae distribuantur." Konſtantin ſchon eine entwickelte Hierarchie vorfand, und daß die 1) Als die Gothen im 4. Jahrhundert das Chriſtenthum annahmen, hielten ſie es, wie die Vandalen und Gepiden, mit der arianiſchen Lehre. Die ur- ſprünglich katholiſchen Burgunder wurden unter den Gothen gleichfalls Ari- aner und im 6. Jahrhundert wieder katholiſch. Selbſt Chlodewig’s Schweſter, Lanthild, war arianiſche Chriſtin. Jakob Grimm, „Deutſche Mythologie“, S. 2 und 3. 2) Ep. II contra Symmachum: „Nihil ecclesia sibi nisi fidem pos- sidet. Hos reditus praebet, hos fructus. Possessio ecclesiae sumptus est egenorum. Numerent quos redemerint templa captivos, quae con- tulerint alimenta pauperibus, quibus exulibus vivendi śubsidia mini- straverint. Praedia igitur intercepta, non jura sunt.“ 3) So lautet z. B. Lex 49, §. 6, tit. 3: Sin autem nullus xenon in
civitate inveniatur, tunc, secundum de captivis sanctionem, pro tem- pore oeconomus sacrosanctae ecclesiae vel Episcopus hereditatem ac- cipiat: et sine Falcidia ratione pauperibus, qui in civitate sunt, vel penitus mendicantibus, vel alia sustentatione egentibus, eaedem pecu- niae distribuantur.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0057" n="41"/> Konſtantin ſchon eine entwickelte Hierarchie vorfand, und daß die<lb/> alte Einfachheit und Lauterkeit der erſten apoſtoliſchen Gemeinde<lb/> ſchon längſt zu Grunde gegangen war, als das Chriſtenthum ſich<lb/> den Weg nach Deutſchland bahnte. <note place="foot" n="1)">Als die Gothen im 4. Jahrhundert das Chriſtenthum annahmen, hielten<lb/> ſie es, wie die Vandalen und Gepiden, mit der arianiſchen Lehre. Die ur-<lb/> ſprünglich katholiſchen Burgunder wurden unter den Gothen gleichfalls Ari-<lb/> aner und im 6. Jahrhundert wieder katholiſch. Selbſt Chlodewig’s Schweſter,<lb/> Lanthild, war arianiſche Chriſtin. Jakob Grimm, „Deutſche Mythologie“,<lb/> S. 2 und 3.</note> Die Gaben chriſtlicher<lb/> Liebe und Barmherzigkeit an die Kirche zu Gunſten der Armen,<lb/> welche der heilige Ambroſius nach dem Vorbilde der Apoſtel drin-<lb/> gend empfohlen hatte <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Ep. II contra Symmachum: „Nihil ecclesia sibi nisi fidem pos-<lb/> sidet. Hos reditus praebet, hos fructus. Possessio ecclesiae sumptus<lb/> est egenorum. Numerent quos redemerint templa captivos, quae con-<lb/> tulerint alimenta pauperibus, quibus exulibus vivendi śubsidia mini-<lb/> straverint. Praedia igitur intercepta, non jura sunt.“</hi></note>, waren durch die dem Klerus über-<lb/> aus geneigte Geſetzgebung auffallend begünſtigt und gefördert<lb/> worden. Der Juſtinianäiſche Codex (<hi rendition="#aq">lib. 1, tit.</hi> 2 u. 3) wim-<lb/> melt von der Bezeichnung ſolcher Begünſtigungen <note place="foot" n="3)">So lautet z. B. <hi rendition="#aq">Lex 49, §. 6, tit. 3: Sin autem nullus xenon in<lb/> civitate inveniatur, tunc, secundum de captivis sanctionem, pro tem-<lb/> pore oeconomus sacrosanctae ecclesiae vel Episcopus hereditatem ac-<lb/> cipiat: et sine Falcidia ratione pauperibus, qui in civitate sunt, vel<lb/> penitus mendicantibus, vel alia sustentatione egentibus, eaedem pecu-<lb/> niae distribuantur.</hi>“</note> für die<lb/> Kirche und deren fromme Stiftungen, Xenodochien, Ptochotro-<lb/> phien, Orphanotrophien, Brephotrophien, Gerontokomien, Para-<lb/> monarien und wie alle übrige neuerrichtete Jnſtitute für Alt und<lb/> Jung, Fremd und Einheimiſch, genannt werden, aus denen jedem<lb/> Unterſtützung gewährt wurde, der darum nachſuchte, er mochte<lb/> derſelben bedürftig und würdig ſein oder nicht. Zugleich führt<lb/> der heilige Ambroſius (<hi rendition="#aq">„De officiis minist.“, lib. 2, c.</hi> 16) über die<lb/> ſchrankenloſe und kurzſichtige Freigebigkeit der Geiſtlichen, und über<lb/> die freche Unverſchämtheit der zum Nachtheil der wahrhaft Hülfs-<lb/> bedürftigen in Haufen zuſtrömenden kerngeſunden Vagabunden<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0057]
Konſtantin ſchon eine entwickelte Hierarchie vorfand, und daß die
alte Einfachheit und Lauterkeit der erſten apoſtoliſchen Gemeinde
ſchon längſt zu Grunde gegangen war, als das Chriſtenthum ſich
den Weg nach Deutſchland bahnte. 1) Die Gaben chriſtlicher
Liebe und Barmherzigkeit an die Kirche zu Gunſten der Armen,
welche der heilige Ambroſius nach dem Vorbilde der Apoſtel drin-
gend empfohlen hatte 2), waren durch die dem Klerus über-
aus geneigte Geſetzgebung auffallend begünſtigt und gefördert
worden. Der Juſtinianäiſche Codex (lib. 1, tit. 2 u. 3) wim-
melt von der Bezeichnung ſolcher Begünſtigungen 3) für die
Kirche und deren fromme Stiftungen, Xenodochien, Ptochotro-
phien, Orphanotrophien, Brephotrophien, Gerontokomien, Para-
monarien und wie alle übrige neuerrichtete Jnſtitute für Alt und
Jung, Fremd und Einheimiſch, genannt werden, aus denen jedem
Unterſtützung gewährt wurde, der darum nachſuchte, er mochte
derſelben bedürftig und würdig ſein oder nicht. Zugleich führt
der heilige Ambroſius („De officiis minist.“, lib. 2, c. 16) über die
ſchrankenloſe und kurzſichtige Freigebigkeit der Geiſtlichen, und über
die freche Unverſchämtheit der zum Nachtheil der wahrhaft Hülfs-
bedürftigen in Haufen zuſtrömenden kerngeſunden Vagabunden
1) Als die Gothen im 4. Jahrhundert das Chriſtenthum annahmen, hielten
ſie es, wie die Vandalen und Gepiden, mit der arianiſchen Lehre. Die ur-
ſprünglich katholiſchen Burgunder wurden unter den Gothen gleichfalls Ari-
aner und im 6. Jahrhundert wieder katholiſch. Selbſt Chlodewig’s Schweſter,
Lanthild, war arianiſche Chriſtin. Jakob Grimm, „Deutſche Mythologie“,
S. 2 und 3.
2) Ep. II contra Symmachum: „Nihil ecclesia sibi nisi fidem pos-
sidet. Hos reditus praebet, hos fructus. Possessio ecclesiae sumptus
est egenorum. Numerent quos redemerint templa captivos, quae con-
tulerint alimenta pauperibus, quibus exulibus vivendi śubsidia mini-
straverint. Praedia igitur intercepta, non jura sunt.“
3) So lautet z. B. Lex 49, §. 6, tit. 3: Sin autem nullus xenon in
civitate inveniatur, tunc, secundum de captivis sanctionem, pro tem-
pore oeconomus sacrosanctae ecclesiae vel Episcopus hereditatem ac-
cipiat: et sine Falcidia ratione pauperibus, qui in civitate sunt, vel
penitus mendicantibus, vel alia sustentatione egentibus, eaedem pecu-
niae distribuantur.“
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