Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.dem kräftigen Aufblühen der Städte doch kein Einhalt zu geben, Die Gemeindeverfassungen der italienischen Städte haben denen es schon früher gelang, die vollständige Landeshoheit über die land-
sässigen Grafen und Standesherren ihres herzoglichen Gebietes an sich zu reißen durch das schlaue Aufgebot der Bürgerschaften in den Städten, welche zu gemeinheitlichen Verfassungen berechtigt, aber auch eben durch diese Ver- leihung für unmittelbar königlich erklärt wurden. So wurde es dann politi- sches Dogma der franzöfischen Könige, was in den "Coutumes de Beauvais" (bei Thaumas de la Thaumassiere, Kap. 50, S. 268), ausgesprochen wurde: "Reputans rex, civitates omnes suas esse, in quibus communiae essent etc." Vgl. Hüllmann, "Städtewesen", III, 1--59; besonders S. 37 und Note 92. dem kräftigen Aufblühen der Städte doch kein Einhalt zu geben, Die Gemeindeverfaſſungen der italieniſchen Städte haben denen es ſchon früher gelang, die vollſtändige Landeshoheit über die land-
ſäſſigen Grafen und Standesherren ihres herzoglichen Gebietes an ſich zu reißen durch das ſchlaue Aufgebot der Bürgerſchaften in den Städten, welche zu gemeinheitlichen Verfaſſungen berechtigt, aber auch eben durch dieſe Ver- leihung für unmittelbar königlich erklärt wurden. So wurde es dann politi- ſches Dogma der franzöfiſchen Könige, was in den „Coutumes de Beauvais“ (bei Thaumas de la Thaumaſſière, Kap. 50, S. 268), ausgeſprochen wurde: „Reputans rex, civitates omnes suas esse, in quibus communiae essent etc.“ Vgl. Hüllmann, „Städteweſen“, III, 1—59; beſonders S. 37 und Note 92. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0074" n="58"/> dem kräftigen Aufblühen der Städte doch kein Einhalt zu geben,<lb/> dagegen durch die Begünſtigung doch einigermaßen eine Abhän-<lb/> gigkeit der Städte zu erreichen war. Jn den Städten fand das<lb/> deutſche Element den Ort, die Bürger durch gemeinheitliche Ver-<lb/> faſſung in einen ſoliden und feſten Verband zu halten, in welchem<lb/> ſie jedem äußern feindlichen Widerſtande Trotz bieten konnten.<lb/> Die gemeinheitliche Verfaſſung der Städte iſt die Schule geweſen,<lb/> aus der die ſchwere Kunſt der Verwaltung größerer Staats-<lb/> gruppen hervorgegangen iſt. So klein und minder angeſehen das<lb/> politiſche Leben der freien Städte in vielen Augen erſcheinen mag,<lb/> ſo ſollte man doch jene Schule und ihre weit reichende Geſchichte<lb/> nicht vergeſſen, vielmehr aufmerkſam den Blick auf die Reinheit<lb/> und Kraft des Bürgerthums und auf ſeine Reciprocität mit der<lb/> Regierung in den Städten lenken, vermöge welcher Rath und<lb/> Bürgerſchaft in innigem Verſtändniß ſtets ſich gegenſeitig getragen<lb/> und geſtützt haben.</p><lb/> <p>Die Gemeindeverfaſſungen der italieniſchen Städte haben<lb/> einen großen Einfluß auf die der deutſchen Städte gehabt. Von<lb/> Jtalien her, von welchem die wiſſenſchaftliche Strömung nie auf-<lb/> gehört hat, nach Deutſchland zu wirken, kamen mit dieſer Strö-<lb/> mung mächtige Zuthaten zur Entwickelung der deutſchen Ge-<lb/> meindeverfaſſungen, ohne jedoch zunächſt im Stande zu ſein, ent-<lb/> ſchieden fremdländiſche Elemente einzuſchwärzen, da das deutſche<lb/> Element ſich in ſolcher Feſtigkeit geſetzt hatte, daß objectiver Blick<lb/> genug vorhanden war, eine geſunde Sichtung und Sonderung<lb/><note xml:id="seg2pn_21_2" prev="#seg2pn_21_1" place="foot" n="1)">denen es ſchon früher gelang, die vollſtändige Landeshoheit über die land-<lb/> ſäſſigen Grafen und Standesherren ihres herzoglichen Gebietes an ſich zu<lb/> reißen durch das ſchlaue Aufgebot der Bürgerſchaften in den Städten, welche<lb/> zu gemeinheitlichen Verfaſſungen berechtigt, aber auch eben durch dieſe Ver-<lb/> leihung für unmittelbar königlich erklärt wurden. So wurde es dann politi-<lb/> ſches Dogma der franzöfiſchen Könige, was in den „<hi rendition="#aq">Coutumes de Beauvais</hi>“<lb/> (bei Thaumas de la Thaumaſſière, Kap. 50, S. 268), ausgeſprochen wurde:<lb/> „<hi rendition="#aq">Reputans rex, civitates omnes <hi rendition="#g">suas</hi> esse, in quibus <hi rendition="#g">communiae</hi><lb/> essent etc.</hi>“ Vgl. Hüllmann, „Städteweſen“, <hi rendition="#aq">III</hi>, 1—59; beſonders S. 37<lb/> und Note 92.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0074]
dem kräftigen Aufblühen der Städte doch kein Einhalt zu geben,
dagegen durch die Begünſtigung doch einigermaßen eine Abhän-
gigkeit der Städte zu erreichen war. Jn den Städten fand das
deutſche Element den Ort, die Bürger durch gemeinheitliche Ver-
faſſung in einen ſoliden und feſten Verband zu halten, in welchem
ſie jedem äußern feindlichen Widerſtande Trotz bieten konnten.
Die gemeinheitliche Verfaſſung der Städte iſt die Schule geweſen,
aus der die ſchwere Kunſt der Verwaltung größerer Staats-
gruppen hervorgegangen iſt. So klein und minder angeſehen das
politiſche Leben der freien Städte in vielen Augen erſcheinen mag,
ſo ſollte man doch jene Schule und ihre weit reichende Geſchichte
nicht vergeſſen, vielmehr aufmerkſam den Blick auf die Reinheit
und Kraft des Bürgerthums und auf ſeine Reciprocität mit der
Regierung in den Städten lenken, vermöge welcher Rath und
Bürgerſchaft in innigem Verſtändniß ſtets ſich gegenſeitig getragen
und geſtützt haben.
Die Gemeindeverfaſſungen der italieniſchen Städte haben
einen großen Einfluß auf die der deutſchen Städte gehabt. Von
Jtalien her, von welchem die wiſſenſchaftliche Strömung nie auf-
gehört hat, nach Deutſchland zu wirken, kamen mit dieſer Strö-
mung mächtige Zuthaten zur Entwickelung der deutſchen Ge-
meindeverfaſſungen, ohne jedoch zunächſt im Stande zu ſein, ent-
ſchieden fremdländiſche Elemente einzuſchwärzen, da das deutſche
Element ſich in ſolcher Feſtigkeit geſetzt hatte, daß objectiver Blick
genug vorhanden war, eine geſunde Sichtung und Sonderung
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1) denen es ſchon früher gelang, die vollſtändige Landeshoheit über die land-
ſäſſigen Grafen und Standesherren ihres herzoglichen Gebietes an ſich zu
reißen durch das ſchlaue Aufgebot der Bürgerſchaften in den Städten, welche
zu gemeinheitlichen Verfaſſungen berechtigt, aber auch eben durch dieſe Ver-
leihung für unmittelbar königlich erklärt wurden. So wurde es dann politi-
ſches Dogma der franzöfiſchen Könige, was in den „Coutumes de Beauvais“
(bei Thaumas de la Thaumaſſière, Kap. 50, S. 268), ausgeſprochen wurde:
„Reputans rex, civitates omnes suas esse, in quibus communiae
essent etc.“ Vgl. Hüllmann, „Städteweſen“, III, 1—59; beſonders S. 37
und Note 92.
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