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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Farbe des Fadens und bei der Höhe der Gefängnisse oft erst spät
geschieht, oder bis die Kutsche reißt. Die Enden der Kutsche
werden so lang in jedes der correspondirenden Fenster geführt,
daß sie nachgelassen werden können, wenn ein Kassiwer oder eine
Megerre oder Pezire nach dem andern Fenster gezogen wird,
sodaß also der mitzutheilende Gegenstand in der Mitte der Kutsche
mit einer Schlinge fest gebunden wird, und beständig als Ge-
meingut hin- und hergezogen werden kann. Die Enden der
Kutsche werden gewöhnlich außerhalb des Fensters an einem
Fensterhaken befestigt, auch sonst versteckt unten um eine Gitter-
stange gelegt, damit sie der Aufmerksamkeit der visitirenden Ronde
womöglich entgehe. Es ist kaum glaublich, mit welcher Mühe
und Geduld die Kutschen gearbeitet werden, und welche Sorgfalt
angewandt wird, um das Ausreißen der Fäden an Strohsäcken
und Kleidung der Wachsamkeit der Beamten zu verbergen. Jch
habe mehrere mal ganze Knäuel unter Zellfenstern im Garten-
raume gefunden, die wahrscheinlich beim Zuschnellen abgerissen
waren, und die aus einer erstaunlich großen Menge ganz kurzer,
mürber Garn- und Wollenfäden bestanden, und mit außerordent-
licher Mühe zusammengeknotet waren. Die Mühe wird aber
auch reichlich belohnt durch die ungemein großen Erfolge, welche
die einmal hergestellte Verbindung durch die Kutsche liefert.



Einunddreißigstes Kapitel.
d) Die Kassiwer.

Bei der schon oben, S. 86, Note 1, angegebenen Etymologie des
Wortes Kassiwer ist angedeutet worden, daß das Wort Kassiwer
jede schriftliche Mittheilung der Gefangenen unter sich und mit
dritten außerhalb des Gefängnisses bedeutet. Nur bei grober
Nachlässigkeit ist es möglich, daß dritte Personen dem Gefangenen
von außen her Kassiwer durch die Kutsche zukommen lassen können.
Aber in anderer verschiedenartiger Weise können dennoch Briefe

Farbe des Fadens und bei der Höhe der Gefängniſſe oft erſt ſpät
geſchieht, oder bis die Kutſche reißt. Die Enden der Kutſche
werden ſo lang in jedes der correſpondirenden Fenſter geführt,
daß ſie nachgelaſſen werden können, wenn ein Kaſſiwer oder eine
Megerre oder Pezire nach dem andern Fenſter gezogen wird,
ſodaß alſo der mitzutheilende Gegenſtand in der Mitte der Kutſche
mit einer Schlinge feſt gebunden wird, und beſtändig als Ge-
meingut hin- und hergezogen werden kann. Die Enden der
Kutſche werden gewöhnlich außerhalb des Fenſters an einem
Fenſterhaken befeſtigt, auch ſonſt verſteckt unten um eine Gitter-
ſtange gelegt, damit ſie der Aufmerkſamkeit der viſitirenden Ronde
womöglich entgehe. Es iſt kaum glaublich, mit welcher Mühe
und Geduld die Kutſchen gearbeitet werden, und welche Sorgfalt
angewandt wird, um das Ausreißen der Fäden an Strohſäcken
und Kleidung der Wachſamkeit der Beamten zu verbergen. Jch
habe mehrere mal ganze Knäuel unter Zellfenſtern im Garten-
raume gefunden, die wahrſcheinlich beim Zuſchnellen abgeriſſen
waren, und die aus einer erſtaunlich großen Menge ganz kurzer,
mürber Garn- und Wollenfäden beſtanden, und mit außerordent-
licher Mühe zuſammengeknotet waren. Die Mühe wird aber
auch reichlich belohnt durch die ungemein großen Erfolge, welche
die einmal hergeſtellte Verbindung durch die Kutſche liefert.



Einunddreißigſtes Kapitel.
δ) Die Kaſſiwer.

Bei der ſchon oben, S. 86, Note 1, angegebenen Etymologie des
Wortes Kaſſiwer iſt angedeutet worden, daß das Wort Kaſſiwer
jede ſchriftliche Mittheilung der Gefangenen unter ſich und mit
dritten außerhalb des Gefängniſſes bedeutet. Nur bei grober
Nachläſſigkeit iſt es möglich, daß dritte Perſonen dem Gefangenen
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Aber in anderer verſchiedenartiger Weiſe können dennoch Briefe

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[91/0103] Farbe des Fadens und bei der Höhe der Gefängniſſe oft erſt ſpät geſchieht, oder bis die Kutſche reißt. Die Enden der Kutſche werden ſo lang in jedes der correſpondirenden Fenſter geführt, daß ſie nachgelaſſen werden können, wenn ein Kaſſiwer oder eine Megerre oder Pezire nach dem andern Fenſter gezogen wird, ſodaß alſo der mitzutheilende Gegenſtand in der Mitte der Kutſche mit einer Schlinge feſt gebunden wird, und beſtändig als Ge- meingut hin- und hergezogen werden kann. Die Enden der Kutſche werden gewöhnlich außerhalb des Fenſters an einem Fenſterhaken befeſtigt, auch ſonſt verſteckt unten um eine Gitter- ſtange gelegt, damit ſie der Aufmerkſamkeit der viſitirenden Ronde womöglich entgehe. Es iſt kaum glaublich, mit welcher Mühe und Geduld die Kutſchen gearbeitet werden, und welche Sorgfalt angewandt wird, um das Ausreißen der Fäden an Strohſäcken und Kleidung der Wachſamkeit der Beamten zu verbergen. Jch habe mehrere mal ganze Knäuel unter Zellfenſtern im Garten- raume gefunden, die wahrſcheinlich beim Zuſchnellen abgeriſſen waren, und die aus einer erſtaunlich großen Menge ganz kurzer, mürber Garn- und Wollenfäden beſtanden, und mit außerordent- licher Mühe zuſammengeknotet waren. Die Mühe wird aber auch reichlich belohnt durch die ungemein großen Erfolge, welche die einmal hergeſtellte Verbindung durch die Kutſche liefert. Einunddreißigſtes Kapitel. δ) Die Kaſſiwer. Bei der ſchon oben, S. 86, Note 1, angegebenen Etymologie des Wortes Kaſſiwer iſt angedeutet worden, daß das Wort Kaſſiwer jede ſchriftliche Mittheilung der Gefangenen unter ſich und mit dritten außerhalb des Gefängniſſes bedeutet. Nur bei grober Nachläſſigkeit iſt es möglich, daß dritte Perſonen dem Gefangenen von außen her Kaſſiwer durch die Kutſche zukommen laſſen können. Aber in anderer verſchiedenartiger Weiſe können dennoch Briefe

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/103>, abgerufen am 24.11.2024.