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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Unternehmens, der die Rollen austheilt, die wesentlichste Thätig-
keit übernimmt und die Beute vertheilt. Da aber diese Leitung
eine genaue Kenntniß des Orts und der Gelegenheit voraussetzt,
so hat Baldower auch ganz besonders die Bedeutung des Aus-
spähers, Kundschafters erhalten, und baldowern bedeutet daher
vorzüglich eine Diebstahlsgelegenheit ausspähen, erkunden und
den Gaunern mittheilen. Zu dieser Bedeutung ist der Ausdruck
"baldowern" so wesentlich übergegangen, daß für den primitiven
Begriff des Baldowers der eigene Name Balmassematten 1)
(von [fremdsprachliches Material - fehlt], Baal, und [fremdsprachliches Material - fehlt] Masso Umattan, Diebstahl,
Diebstahlsobject, als Herr, Leiter und Ordner des Diebstahls,
Anführer der Genossenschaft und Vertheiler der Beute) aufgekom-
men ist, und Baldower 2) jetzt nur noch den Ausspäher, Gelegen-
heitsmacher zum Stehlen bedeutet.

Das Baldowern ist die Einführung der praktischen Gauner-
kunst in das Verkehrsleben. Es ist der feinste Theil der Kunst;
es ist die Psychologie und Logik der Gaunerei, die beobachtet und
Schlüsse zieht, um dann handeln zu können. Eine genaue Kennt-
niß der Oertlichkeit, der Personen und Verhältnisse, des Terrains,
auf dem der Gauner seine verderbliche Thätigkeit entwickeln will,
ist daher seine erste Aufgabe. Schon del Rio, an der schon an-
geführten Stelle, wundert sich über den Zigeunerhäuptling, den
er in Spanien traf, welche genaue Kenntnisse aller Personen
und Verhältnisse, aller Hülfsquellen und aller Schlupfwinkel

wieder beide Begriffe auf, und übersetzt: "ein Mann von der Sache, Ange-
ber, Director oder Anstifter der Diebstähle" u. s. w. Seit den Niederländi-
schen Banden steht aber der Sprachgebrauch fest, daß der Baldower nur der
Auskundschafter, Diebstahlsgelegenheitsmacher ist.
1) Jm gleichen Sinne wird auch das Wort Bahnherr (corrumpirt
Bohnherr) gebraucht, d. h. der Führer, der die Bahn bricht, das wesent-
lichste thut beim Diebstahl.
2) Vollkommen gleichbedeutend mit baldowern ist noch der Ausdruck aus-
kochen,
richtiger wol auskochemen, von Chochom; ein ausgekochter
Massematten
ist gleich dem baldowerten Massematten, ein vollstän-
dig ausgekundschafteter
Diebstahl. Auch wird auskochen noch speciell für
Blindemachen gebraucht. Vgl. weiter unten, und Thiele, a. a. O., I, 228.

Unternehmens, der die Rollen austheilt, die weſentlichſte Thätig-
keit übernimmt und die Beute vertheilt. Da aber dieſe Leitung
eine genaue Kenntniß des Orts und der Gelegenheit vorausſetzt,
ſo hat Baldower auch ganz beſonders die Bedeutung des Aus-
ſpähers, Kundſchafters erhalten, und baldowern bedeutet daher
vorzüglich eine Diebſtahlsgelegenheit ausſpähen, erkunden und
den Gaunern mittheilen. Zu dieſer Bedeutung iſt der Ausdruck
„baldowern“ ſo weſentlich übergegangen, daß für den primitiven
Begriff des Baldowers der eigene Name Balmaſſematten 1)
(von [fremdsprachliches Material – fehlt], Baal, und [fremdsprachliches Material – fehlt] Maſſo Umattan, Diebſtahl,
Diebſtahlsobject, als Herr, Leiter und Ordner des Diebſtahls,
Anführer der Genoſſenſchaft und Vertheiler der Beute) aufgekom-
men iſt, und Baldower 2) jetzt nur noch den Ausſpäher, Gelegen-
heitsmacher zum Stehlen bedeutet.

Das Baldowern iſt die Einführung der praktiſchen Gauner-
kunſt in das Verkehrsleben. Es iſt der feinſte Theil der Kunſt;
es iſt die Pſychologie und Logik der Gaunerei, die beobachtet und
Schlüſſe zieht, um dann handeln zu können. Eine genaue Kennt-
niß der Oertlichkeit, der Perſonen und Verhältniſſe, des Terrains,
auf dem der Gauner ſeine verderbliche Thätigkeit entwickeln will,
iſt daher ſeine erſte Aufgabe. Schon del Rio, an der ſchon an-
geführten Stelle, wundert ſich über den Zigeunerhäuptling, den
er in Spanien traf, welche genaue Kenntniſſe aller Perſonen
und Verhältniſſe, aller Hülfsquellen und aller Schlupfwinkel

wieder beide Begriffe auf, und überſetzt: „ein Mann von der Sache, Ange-
ber, Director oder Anſtifter der Diebſtähle“ u. ſ. w. Seit den Niederländi-
ſchen Banden ſteht aber der Sprachgebrauch feſt, daß der Baldower nur der
Auskundſchafter, Diebſtahlsgelegenheitsmacher iſt.
1) Jm gleichen Sinne wird auch das Wort Bahnherr (corrumpirt
Bohnherr) gebraucht, d. h. der Führer, der die Bahn bricht, das weſent-
lichſte thut beim Diebſtahl.
2) Vollkommen gleichbedeutend mit baldowern iſt noch der Ausdruck aus-
kochen,
richtiger wol auskochemen, von Chochom; ein ausgekochter
Maſſematten
iſt gleich dem baldowerten Maſſematten, ein vollſtän-
dig ausgekundſchafteter
Diebſtahl. Auch wird auskochen noch ſpeciell für
Blindemachen gebraucht. Vgl. weiter unten, und Thiele, a. a. O., I, 228.
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[107/0119] Unternehmens, der die Rollen austheilt, die weſentlichſte Thätig- keit übernimmt und die Beute vertheilt. Da aber dieſe Leitung eine genaue Kenntniß des Orts und der Gelegenheit vorausſetzt, ſo hat Baldower auch ganz beſonders die Bedeutung des Aus- ſpähers, Kundſchafters erhalten, und baldowern bedeutet daher vorzüglich eine Diebſtahlsgelegenheit ausſpähen, erkunden und den Gaunern mittheilen. Zu dieſer Bedeutung iſt der Ausdruck „baldowern“ ſo weſentlich übergegangen, daß für den primitiven Begriff des Baldowers der eigene Name Balmaſſematten 1) (von _ , Baal, und _ Maſſo Umattan, Diebſtahl, Diebſtahlsobject, als Herr, Leiter und Ordner des Diebſtahls, Anführer der Genoſſenſchaft und Vertheiler der Beute) aufgekom- men iſt, und Baldower 2) jetzt nur noch den Ausſpäher, Gelegen- heitsmacher zum Stehlen bedeutet. Das Baldowern iſt die Einführung der praktiſchen Gauner- kunſt in das Verkehrsleben. Es iſt der feinſte Theil der Kunſt; es iſt die Pſychologie und Logik der Gaunerei, die beobachtet und Schlüſſe zieht, um dann handeln zu können. Eine genaue Kennt- niß der Oertlichkeit, der Perſonen und Verhältniſſe, des Terrains, auf dem der Gauner ſeine verderbliche Thätigkeit entwickeln will, iſt daher ſeine erſte Aufgabe. Schon del Rio, an der ſchon an- geführten Stelle, wundert ſich über den Zigeunerhäuptling, den er in Spanien traf, welche genaue Kenntniſſe aller Perſonen und Verhältniſſe, aller Hülfsquellen und aller Schlupfwinkel 1) 1) Jm gleichen Sinne wird auch das Wort Bahnherr (corrumpirt Bohnherr) gebraucht, d. h. der Führer, der die Bahn bricht, das weſent- lichſte thut beim Diebſtahl. 2) Vollkommen gleichbedeutend mit baldowern iſt noch der Ausdruck aus- kochen, richtiger wol auskochemen, von Chochom; ein ausgekochter Maſſematten iſt gleich dem baldowerten Maſſematten, ein vollſtän- dig ausgekundſchafteter Diebſtahl. Auch wird auskochen noch ſpeciell für Blindemachen gebraucht. Vgl. weiter unten, und Thiele, a. a. O., I, 228. 1) wieder beide Begriffe auf, und überſetzt: „ein Mann von der Sache, Ange- ber, Director oder Anſtifter der Diebſtähle“ u. ſ. w. Seit den Niederländi- ſchen Banden ſteht aber der Sprachgebrauch feſt, daß der Baldower nur der Auskundſchafter, Diebſtahlsgelegenheitsmacher iſt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/119>, abgerufen am 21.11.2024.