Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.mit dem Spaten (Gruber) hart an der Wand ein Loch zu graben, Soll durch eine Thür gebrochen werden, so wird, wenn sie 1) Einen merkwürdigen Unterkabber, durch welchen ein in Untersuchung befindlicher Räuber seine Flucht bewerkstelligt hatte, habe ich in einem benach- barten Patrimonialgefängnisse gesehen. Der Räuber hatte den mit Urin ge- feuchteten Breter-Fußboden mit einem Nagel durchschnitten, die Erde unter dem Mauerfundament in einer Nacht herausgegraben, und das außen befind- liche Erdreich von unten in die Höhe gehoben, indem er rückwärts in das Loch gekrochen war und mit dem Gesäß gegen das Erdreich gedrückt hatte. 2) Jm Niederdeutschen existirt dafür der eigenthümliche Ausdruck Jö- keln, offenbar vom lateinischen Jocus, da Jökeln besonders scherzen, Albernheiten begehen, bedeutet. 3) Lewone, Mond, Mondschein, von [fremdsprachliches Material - fehlt] (lowon), weiß. Wird ein
Stück Bret an der Kante nur von drei Seiten ausgebohrt, so heißt die aus- gebohrte Stelle Halbe oder Choze-Lewone; wird aber mitten im Bret oder der Tafel ein meist kreisförmiges Loch gebohrt und ausgeschnitten, so heißt die Stelle eine volle Lewone, oder schlechthin Lewone. mit dem Spaten (Gruber) hart an der Wand ein Loch zu graben, Soll durch eine Thür gebrochen werden, ſo wird, wenn ſie 1) Einen merkwürdigen Unterkabber, durch welchen ein in Unterſuchung befindlicher Räuber ſeine Flucht bewerkſtelligt hatte, habe ich in einem benach- barten Patrimonialgefängniſſe geſehen. Der Räuber hatte den mit Urin ge- feuchteten Breter-Fußboden mit einem Nagel durchſchnitten, die Erde unter dem Mauerfundament in einer Nacht herausgegraben, und das außen befind- liche Erdreich von unten in die Höhe gehoben, indem er rückwärts in das Loch gekrochen war und mit dem Geſäß gegen das Erdreich gedrückt hatte. 2) Jm Niederdeutſchen exiſtirt dafür der eigenthümliche Ausdruck Jö- keln, offenbar vom lateiniſchen Jocus, da Jökeln beſonders ſcherzen, Albernheiten begehen, bedeutet. 3) Lewone, Mond, Mondſchein, von [fremdsprachliches Material – fehlt] (lowon), weiß. Wird ein
Stück Bret an der Kante nur von drei Seiten ausgebohrt, ſo heißt die aus- gebohrte Stelle Halbe oder Choze-Lewone; wird aber mitten im Bret oder der Tafel ein meiſt kreisförmiges Loch gebohrt und ausgeſchnitten, ſo heißt die Stelle eine volle Lewone, oder ſchlechthin Lewone. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0140" n="128"/> mit dem Spaten <hi rendition="#g">(Gruber)</hi> hart an der Wand ein Loch zu graben,<lb/> um unter der Wand hindurch auf die andere Seite zu gelangen.<lb/> Dies geſchieht meiſtens bei Gartenmauern, die auf der andern<lb/> Seite mit Spalieren beſetzt ſind, oder bei dicken Plank- und Paliſ-<lb/> ſadenwänden, ſowie bei Blockwänden, die nur langſam und mit<lb/> zu großer Anſtrengung und zu großem Geräuſch zu durchbrechen<lb/> oder zu durchſägen ſein würden. <note place="foot" n="1)">Einen merkwürdigen Unterkabber, durch welchen ein in Unterſuchung<lb/> befindlicher Räuber ſeine Flucht bewerkſtelligt hatte, habe ich in einem benach-<lb/> barten Patrimonialgefängniſſe geſehen. Der Räuber hatte den mit Urin ge-<lb/> feuchteten Breter-Fußboden mit einem Nagel durchſchnitten, die Erde unter<lb/> dem Mauerfundament in <hi rendition="#g">einer</hi> Nacht herausgegraben, und das außen befind-<lb/> liche Erdreich von unten in die Höhe gehoben, indem er rückwärts in das<lb/> Loch gekrochen war und mit dem Geſäß gegen das Erdreich gedrückt hatte.</note></p><lb/> <p>Soll durch eine Thür gebrochen werden, ſo wird, wenn ſie<lb/> nur von innen verriegelt oder verknebelt iſt, durch Drücken in den<lb/> äußern Ecken unterſucht, wo die Hängen und wo die Riegel<lb/><hi rendition="#g">(Manul,</hi> zigeuneriſch <hi rendition="#g">Glitſchin, Glitſch)</hi> ſitzen. Durch dies<lb/> Drücken erforſcht der Schränker zugleich, ob der Riegel ſtark oder<lb/> ſchwach iſt; im letztern Falle wird durch geräuſchloſes fortgeſetztes<lb/> Drücken <note place="foot" n="2)">Jm Niederdeutſchen exiſtirt dafür der eigenthümliche Ausdruck <hi rendition="#g">Jö-<lb/> keln,</hi> offenbar vom lateiniſchen <hi rendition="#aq">Jocus,</hi> da <hi rendition="#g">Jökeln</hi> beſonders <hi rendition="#g">ſcherzen,<lb/> Albernheiten begehen,</hi> bedeutet.</note> häufig ein ſchlecht angenagelter Riegel oder Knebel<lb/> gelöſt, oder auch mit durchgeſtecktem Kaut oder Schabber zur<lb/> Seite oder in die Höhe gehoben. Sonſt wird der Riegel <hi rendition="#g">Lewone<lb/> gelegt</hi> <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#g">Lewone,</hi> Mond, Mondſchein, von <gap reason="fm" unit="words"/> <hi rendition="#aq">(lowon),</hi> weiß. Wird ein<lb/> Stück Bret an der Kante nur von drei Seiten ausgebohrt, ſo heißt die aus-<lb/> gebohrte Stelle <hi rendition="#g">Halbe</hi> oder <hi rendition="#g">Choze-Lewone;</hi> wird aber mitten im Bret oder<lb/> der Tafel ein meiſt kreisförmiges Loch gebohrt und ausgeſchnitten, ſo heißt<lb/> die Stelle eine <hi rendition="#g">volle Lewone,</hi> oder ſchlechthin <hi rendition="#g">Lewone.</hi></note>, d. h. das Holz ringsumher wird mit dicht nebeneinander<lb/> geſetzten Löchern durchgebohrt und mit dem Meſſer ausgeſchnitten,<lb/> ſodaß der Riegel mit dem Holz, woran er befeſtigt iſt, heraus-<lb/> fällt. Daſſelbe geſchieht bei Schlöſſern, Haken und Knebeln, um<lb/> ſie aus der Thür zu löſen. Häufig wird in der Nähe der Stelle,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0140]
mit dem Spaten (Gruber) hart an der Wand ein Loch zu graben,
um unter der Wand hindurch auf die andere Seite zu gelangen.
Dies geſchieht meiſtens bei Gartenmauern, die auf der andern
Seite mit Spalieren beſetzt ſind, oder bei dicken Plank- und Paliſ-
ſadenwänden, ſowie bei Blockwänden, die nur langſam und mit
zu großer Anſtrengung und zu großem Geräuſch zu durchbrechen
oder zu durchſägen ſein würden. 1)
Soll durch eine Thür gebrochen werden, ſo wird, wenn ſie
nur von innen verriegelt oder verknebelt iſt, durch Drücken in den
äußern Ecken unterſucht, wo die Hängen und wo die Riegel
(Manul, zigeuneriſch Glitſchin, Glitſch) ſitzen. Durch dies
Drücken erforſcht der Schränker zugleich, ob der Riegel ſtark oder
ſchwach iſt; im letztern Falle wird durch geräuſchloſes fortgeſetztes
Drücken 2) häufig ein ſchlecht angenagelter Riegel oder Knebel
gelöſt, oder auch mit durchgeſtecktem Kaut oder Schabber zur
Seite oder in die Höhe gehoben. Sonſt wird der Riegel Lewone
gelegt 3), d. h. das Holz ringsumher wird mit dicht nebeneinander
geſetzten Löchern durchgebohrt und mit dem Meſſer ausgeſchnitten,
ſodaß der Riegel mit dem Holz, woran er befeſtigt iſt, heraus-
fällt. Daſſelbe geſchieht bei Schlöſſern, Haken und Knebeln, um
ſie aus der Thür zu löſen. Häufig wird in der Nähe der Stelle,
1) Einen merkwürdigen Unterkabber, durch welchen ein in Unterſuchung
befindlicher Räuber ſeine Flucht bewerkſtelligt hatte, habe ich in einem benach-
barten Patrimonialgefängniſſe geſehen. Der Räuber hatte den mit Urin ge-
feuchteten Breter-Fußboden mit einem Nagel durchſchnitten, die Erde unter
dem Mauerfundament in einer Nacht herausgegraben, und das außen befind-
liche Erdreich von unten in die Höhe gehoben, indem er rückwärts in das
Loch gekrochen war und mit dem Geſäß gegen das Erdreich gedrückt hatte.
2) Jm Niederdeutſchen exiſtirt dafür der eigenthümliche Ausdruck Jö-
keln, offenbar vom lateiniſchen Jocus, da Jökeln beſonders ſcherzen,
Albernheiten begehen, bedeutet.
3) Lewone, Mond, Mondſchein, von _ (lowon), weiß. Wird ein
Stück Bret an der Kante nur von drei Seiten ausgebohrt, ſo heißt die aus-
gebohrte Stelle Halbe oder Choze-Lewone; wird aber mitten im Bret oder
der Tafel ein meiſt kreisförmiges Loch gebohrt und ausgeſchnitten, ſo heißt
die Stelle eine volle Lewone, oder ſchlechthin Lewone.
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