sind, welche sie mit großer Leichtigkeit verstecken können. Die feinen Laubsägenblätter, die man in vielen verschiedenen Sorten, das Dutzend für drei Silbergroschen und billiger, in jedem Eisenwaaren- laden kaufen kann, sind äußerst gefährliche Jnstrumente, da man mit ihnen, wie ich das selbst versucht habe, in kurzer Zeit zoll- dicke Eisenstangen sehr behende durchschneiden kann.
Zum Aufbrechen von Verschlüssen aller Art dient noch ferner das den Krummkopf und Schabber vielfach ersetzende Kardem ([fremdsprachliches Material - fehlt] [kardom], Beil, Axt), auch Kotener1)Kardem, oder Ko- tener Mühlkracher genannt. Das scharfe, mit einem starken Stiele von Weißbuchen- oder Apfelbaumholz versehene Kardem wird sowol als Hebel zum Einsetzen in Spalten und Fugen, als zum Wegbrechen und Wegschneiden von Verschlägen, Schlagleisten u. dgl. gebraucht, und läßt sich viel bequemer führen als Krumm- kopf und Schabber, indem es unter dem Rocke mit dem Stiel durch das Westenärmelloch gesteckt wird, sodaß das eiserne Blatt flach gegen die Brust liegt. Dadurch, daß sich das Beil auch leichter und unverdächtiger wegsetzen läßt, und auch im Nothfall zu einer gefährlichen Vertheidigungswaffe dient, findet es bei dem Schränken immer größere Aufnahme und Anwendung.
Zum Aufbrechen von Geldkisten, deren Transport auf das freie Feld, um sie dort mit der Axt oder schweren Steinen zu- sammenzuschlagen, nicht möglich oder thunlich ist, bedienten sich in früherer Zeit die Schränker (wie Thiele, a. a. O., I, 79, er- zählt) der Kaffemühle, d. i. einer gewöhnlichen Wagenwinde, mit welcher die Deckel der Kisten aufgeschroben wurden. Schon der umständliche und auffällige Transport dieses schwerfälligen Jnstruments macht seine Anwendung schwierig und bedenklich. Die Kaffemühle scheint seit der Beseitigung offener Räuberbanden gänzlich obsolet geworden zu sein. Gilt es, wenn keine Nach- schlüssel oder Dietriche zur Hand sind, nach Abdrehung oder Ab- schneidung der Tolen, den Deckel der Lade zu erbrechen, so wird an einer Ecke der Versuch gemacht, mit dem Schabber, Krumm-
1) Von [fremdsprachliches Material - fehlt] (koton), klein; Mühlkracher bedeutet die größere Axt.
ſind, welche ſie mit großer Leichtigkeit verſtecken können. Die feinen Laubſägenblätter, die man in vielen verſchiedenen Sorten, das Dutzend für drei Silbergroſchen und billiger, in jedem Eiſenwaaren- laden kaufen kann, ſind äußerſt gefährliche Jnſtrumente, da man mit ihnen, wie ich das ſelbſt verſucht habe, in kurzer Zeit zoll- dicke Eiſenſtangen ſehr behende durchſchneiden kann.
Zum Aufbrechen von Verſchlüſſen aller Art dient noch ferner das den Krummkopf und Schabber vielfach erſetzende Kardem ([fremdsprachliches Material – fehlt] [kardom], Beil, Axt), auch Kotener1)Kardem, oder Ko- tener Mühlkracher genannt. Das ſcharfe, mit einem ſtarken Stiele von Weißbuchen- oder Apfelbaumholz verſehene Kardem wird ſowol als Hebel zum Einſetzen in Spalten und Fugen, als zum Wegbrechen und Wegſchneiden von Verſchlägen, Schlagleiſten u. dgl. gebraucht, und läßt ſich viel bequemer führen als Krumm- kopf und Schabbeṙ, indem es unter dem Rocke mit dem Stiel durch das Weſtenärmelloch geſteckt wird, ſodaß das eiſerne Blatt flach gegen die Bruſt liegt. Dadurch, daß ſich das Beil auch leichter und unverdächtiger wegſetzen läßt, und auch im Nothfall zu einer gefährlichen Vertheidigungswaffe dient, findet es bei dem Schränken immer größere Aufnahme und Anwendung.
Zum Aufbrechen von Geldkiſten, deren Transport auf das freie Feld, um ſie dort mit der Axt oder ſchweren Steinen zu- ſammenzuſchlagen, nicht möglich oder thunlich iſt, bedienten ſich in früherer Zeit die Schränker (wie Thiele, a. a. O., I, 79, er- zählt) der Kaffemühle, d. i. einer gewöhnlichen Wagenwinde, mit welcher die Deckel der Kiſten aufgeſchroben wurden. Schon der umſtändliche und auffällige Transport dieſes ſchwerfälligen Jnſtruments macht ſeine Anwendung ſchwierig und bedenklich. Die Kaffemühle ſcheint ſeit der Beſeitigung offener Räuberbanden gänzlich obſolet geworden zu ſein. Gilt es, wenn keine Nach- ſchlüſſel oder Dietriche zur Hand ſind, nach Abdrehung oder Ab- ſchneidung der Tolen, den Deckel der Lade zu erbrechen, ſo wird an einer Ecke der Verſuch gemacht, mit dem Schabber, Krumm-
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mit ihnen, wie ich das ſelbſt verſucht habe, in kurzer Zeit zoll-
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Zum Aufbrechen von Verſchlüſſen aller Art dient noch ferner
das den Krummkopf und Schabber vielfach erſetzende Kardem
(_ [kardom], Beil, Axt), auch Kotener 1) Kardem, oder Ko-
tener Mühlkracher genannt. Das ſcharfe, mit einem ſtarken
Stiele von Weißbuchen- oder Apfelbaumholz verſehene Kardem wird
ſowol als Hebel zum Einſetzen in Spalten und Fugen, als zum
Wegbrechen und Wegſchneiden von Verſchlägen, Schlagleiſten
u. dgl. gebraucht, und läßt ſich viel bequemer führen als Krumm-
kopf und Schabbeṙ, indem es unter dem Rocke mit dem Stiel
durch das Weſtenärmelloch geſteckt wird, ſodaß das eiſerne Blatt
flach gegen die Bruſt liegt. Dadurch, daß ſich das Beil auch
leichter und unverdächtiger wegſetzen läßt, und auch im Nothfall
zu einer gefährlichen Vertheidigungswaffe dient, findet es bei dem
Schränken immer größere Aufnahme und Anwendung.
Zum Aufbrechen von Geldkiſten, deren Transport auf das
freie Feld, um ſie dort mit der Axt oder ſchweren Steinen zu-
ſammenzuſchlagen, nicht möglich oder thunlich iſt, bedienten ſich
in früherer Zeit die Schränker (wie Thiele, a. a. O., I, 79, er-
zählt) der Kaffemühle, d. i. einer gewöhnlichen Wagenwinde,
mit welcher die Deckel der Kiſten aufgeſchroben wurden. Schon
der umſtändliche und auffällige Transport dieſes ſchwerfälligen
Jnſtruments macht ſeine Anwendung ſchwierig und bedenklich.
Die Kaffemühle ſcheint ſeit der Beſeitigung offener Räuberbanden
gänzlich obſolet geworden zu ſein. Gilt es, wenn keine Nach-
ſchlüſſel oder Dietriche zur Hand ſind, nach Abdrehung oder Ab-
ſchneidung der Tolen, den Deckel der Lade zu erbrechen, ſo wird
an einer Ecke der Verſuch gemacht, mit dem Schabber, Krumm-
1) Von _ (koton), klein; Mühlkracher bedeutet die größere Axt.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/145>, abgerufen am 21.11.2024.
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