Makkenern von Fach in der Person von Gesellschafterinnen, Er- zieherinnen, Hausgesinde, Comptoirleuten, ja sogar Eleven und zehnjährigen Kindern, eine Concurrenz geschaffen, die den Makke- ner zwingt, sein so verkümmertes tägliches Brot mit mehr Wag- niß, aber auch mit mehr Meisterschaft zu verdienen, und sich auf den Kittenschub (vgl. das folgende Kapitel) zu legen, um im Verkehrsgetümmel bei lichtem Tage die Sorglosigkeit auszubeuten, die meistens nur für die Nachtzeit ernsterer Sorgsamkeit und Vorsicht weicht. Jn Gasthöfen, und namentlich während der Messen und während der Badesaison, findet der Makkener denn noch die meiste Gelegenheit, seine Kunst zu üben. Meistens steigt er in den ersten Gasthöfen ab unter dem anständigen Aeußern eines Rittergutsbesitzers, Offiziers, hohen Beamten oder eines Bankiers, während seine Chawern unter ähnlichem Scheine in andern Hotels logiren und sich dort ebenfalls nach Gelegenheit umsehen, auch ihn besuchen und mit ihm viel aufgehen lassen im Gasthofe, um die Umgebung zu blenden. Jst ein Massematten baldowert, so sucht der Makkener, meistens unterstützt von einem Vertusser oder einer Schmire, die besonders den Freier zu mei- stern hat, die Zimmerthüre des baldowerten Massematten zu öffnen. Wird er dabei von einem Gaste oder Kellner betroffen, so weiß er sich das Ansehen eines der im Gasthofe logirenden Fremden zu geben, von deren Person bei dem großen Verkehrs- getümmel selten genauere Notiz genommen wird, sodaß kaum einmal eine bloße Anrede vorkommt. Hat er noch nicht das Zimmer aufgeschlossen, und bemerkt er Aufmerksamkeit auf sich, so geht er dem Aufmerkenden entgegen, thut eine Frage, z. B. nach dem Bewohner des Zimmers, dessen Name und Stand er vorher erkundet hat u. s. w. und entfernt sich für dies mal (er geht koscher oder kaschert sich). Ebenso verfährt er, wenn er gleich beim Eintritt in das Haus Verdacht bemerkt. Er geht dann in die Etage oder an das Zimmer, wo er stehlen will, jedoch wo- möglich ohne Klamoniss, falls er angehalten und visitirt würde, und begibt sich, ohne irgendetwas zu unternehmen, wieder fort, sucht aber sobald als möglich heimlich wiederzukommen, sobald
Makkenern von Fach in der Perſon von Geſellſchafterinnen, Er- zieherinnen, Hausgeſinde, Comptoirleuten, ja ſogar Eleven und zehnjährigen Kindern, eine Concurrenz geſchaffen, die den Makke- ner zwingt, ſein ſo verkümmertes tägliches Brot mit mehr Wag- niß, aber auch mit mehr Meiſterſchaft zu verdienen, und ſich auf den Kittenſchub (vgl. das folgende Kapitel) zu legen, um im Verkehrsgetümmel bei lichtem Tage die Sorgloſigkeit auszubeuten, die meiſtens nur für die Nachtzeit ernſterer Sorgſamkeit und Vorſicht weicht. Jn Gaſthöfen, und namentlich während der Meſſen und während der Badeſaiſon, findet der Makkener denn noch die meiſte Gelegenheit, ſeine Kunſt zu üben. Meiſtens ſteigt er in den erſten Gaſthöfen ab unter dem anſtändigen Aeußern eines Rittergutsbeſitzers, Offiziers, hohen Beamten oder eines Bankiers, während ſeine Chawern unter ähnlichem Scheine in andern Hotels logiren und ſich dort ebenfalls nach Gelegenheit umſehen, auch ihn beſuchen und mit ihm viel aufgehen laſſen im Gaſthofe, um die Umgebung zu blenden. Jſt ein Maſſematten baldowert, ſo ſucht der Makkener, meiſtens unterſtützt von einem Vertuſſer oder einer Schmire, die beſonders den Freier zu mei- ſtern hat, die Zimmerthüre des baldowerten Maſſematten zu öffnen. Wird er dabei von einem Gaſte oder Kellner betroffen, ſo weiß er ſich das Anſehen eines der im Gaſthofe logirenden Fremden zu geben, von deren Perſon bei dem großen Verkehrs- getümmel ſelten genauere Notiz genommen wird, ſodaß kaum einmal eine bloße Anrede vorkommt. Hat er noch nicht das Zimmer aufgeſchloſſen, und bemerkt er Aufmerkſamkeit auf ſich, ſo geht er dem Aufmerkenden entgegen, thut eine Frage, z. B. nach dem Bewohner des Zimmers, deſſen Name und Stand er vorher erkundet hat u. ſ. w. und entfernt ſich für dies mal (er geht koſcher oder kaſchert ſich). Ebenſo verfährt er, wenn er gleich beim Eintritt in das Haus Verdacht bemerkt. Er geht dann in die Etage oder an das Zimmer, wo er ſtehlen will, jedoch wo- möglich ohne Klamoniſſ, falls er angehalten und viſitirt würde, und begibt ſich, ohne irgendetwas zu unternehmen, wieder fort, ſucht aber ſobald als möglich heimlich wiederzukommen, ſobald
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Makkenern von Fach in der Perſon von Geſellſchafterinnen, Er-
zieherinnen, Hausgeſinde, Comptoirleuten, ja ſogar Eleven und
zehnjährigen Kindern, eine Concurrenz geſchaffen, die den Makke-
ner zwingt, ſein ſo verkümmertes tägliches Brot mit mehr Wag-
niß, aber auch mit mehr Meiſterſchaft zu verdienen, und ſich auf
den Kittenſchub (vgl. das folgende Kapitel) zu legen, um im
Verkehrsgetümmel bei lichtem Tage die Sorgloſigkeit auszubeuten,
die meiſtens nur für die Nachtzeit ernſterer Sorgſamkeit und
Vorſicht weicht. Jn Gaſthöfen, und namentlich während der
Meſſen und während der Badeſaiſon, findet der Makkener denn
noch die meiſte Gelegenheit, ſeine Kunſt zu üben. Meiſtens ſteigt
er in den erſten Gaſthöfen ab unter dem anſtändigen Aeußern
eines Rittergutsbeſitzers, Offiziers, hohen Beamten oder eines
Bankiers, während ſeine Chawern unter ähnlichem Scheine in
andern Hotels logiren und ſich dort ebenfalls nach Gelegenheit
umſehen, auch ihn beſuchen und mit ihm viel aufgehen laſſen im
Gaſthofe, um die Umgebung zu blenden. Jſt ein Maſſematten
baldowert, ſo ſucht der Makkener, meiſtens unterſtützt von einem
Vertuſſer oder einer Schmire, die beſonders den Freier zu mei-
ſtern hat, die Zimmerthüre des baldowerten Maſſematten zu
öffnen. Wird er dabei von einem Gaſte oder Kellner betroffen,
ſo weiß er ſich das Anſehen eines der im Gaſthofe logirenden
Fremden zu geben, von deren Perſon bei dem großen Verkehrs-
getümmel ſelten genauere Notiz genommen wird, ſodaß kaum
einmal eine bloße Anrede vorkommt. Hat er noch nicht das
Zimmer aufgeſchloſſen, und bemerkt er Aufmerkſamkeit auf ſich,
ſo geht er dem Aufmerkenden entgegen, thut eine Frage, z. B. nach
dem Bewohner des Zimmers, deſſen Name und Stand er vorher
erkundet hat u. ſ. w. und entfernt ſich für dies mal (er geht
koſcher oder kaſchert ſich). Ebenſo verfährt er, wenn er gleich
beim Eintritt in das Haus Verdacht bemerkt. Er geht dann in
die Etage oder an das Zimmer, wo er ſtehlen will, jedoch wo-
möglich ohne Klamoniſſ, falls er angehalten und viſitirt würde,
und begibt ſich, ohne irgendetwas zu unternehmen, wieder fort,
ſucht aber ſobald als möglich heimlich wiederzukommen, ſobald
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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