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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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vergleiche Kap. 68, vom Stradehalten, und S. 121: Schuck-
abhalten,
sowie das Wörterbuch.



Siebenundfunfzigstes Kapitel.
d) Das Schottenfellen.

Schottenfellen (Schautenfällen) -- von [fremdsprachliches Material - fehlt] (schoto),
närrisch werden, wovon Schote, Schaute, der Narr, und dem
wahrscheinlich aus dem Lateinischen fallere herzuleitenden fällen 1)
(wovon Falle), herabwerfen, fangen, betrügen, also eigentlich Narren-
betrug -- ist das Stehlen von Waaren aller Art 2) in offenen Han-
delsläden, Gewölben, Buden, Boutiquen vor den Augen des
Verkäufers und während des Besehens und Behandelns von
Waaren; Schottenfeller, der Dieb, der auf die angegebene
Weise stiehlt.

Das Schottenfellen ist eine schwere Steuerauflage, unter deren
Druck die Kaufleute und Detailisten ganz außerordentlich leiden.
Die jährliche Ausbeute der Schottenfeller ist ungeheuer, obschon
die von den Schottenfellern mit dem keineswegs schmeichelhaften
Namen "Schaute" belegten Kaufleute ungern gestehen mögen,

1) Vgl. Stieler, "Sprachschatz", S. 424 u. 425, und Schottelius,
a. a. O., S. 1312.
2) Thiele, a. a. O., I, 87, beschränkt irrig das Schottenfellen auf die
Entwendung von Schnittwaaren. Aber auch das Stehlen von allen andern
Waaren, Gold- und Silbersachen, kurzen Waaren, Lebensmitteln u. s. w. aus
Läden und Buden ist Schottenfellen, wenn es im Laden vor den Augen
des Verkäufers während des Behandelns
geschieht. Falkenberg,
a. a. O, I, 48, Kap. 3, von Marktdieben, hat diese Beschränkung nicht, son-
dern bezieht das Schottenfellen auf das allgemeine Stehlen von Waaren auf
Jahr- und Wochenmärkten, besonders in Kaufmannsläden. Derselbe führt
auch noch die im Publikum gebräuchlichen, jetzt veralteten oder nur noch an
einzelnen Plätzen üblichen bezeichnenden Ausdrücke Weiskäufer und Frei-
käufer
für Schottenfeller an, welche jetzt in der Uebersetzung Lowenschurer
unter den Gaunern aufkommen; vom Jüdisch-Deutschen lowon, weiß, und
dem Zigeunerischen tschorr, Dieb.

vergleiche Kap. 68, vom Stradehalten, und S. 121: Schuck-
abhalten,
ſowie das Wörterbuch.



Siebenundfunfzigſtes Kapitel.
d) Das Schottenfellen.

Schottenfellen (Schautenfällen) — von [fremdsprachliches Material – fehlt] (schoto),
närriſch werden, wovon Schote, Schaute, der Narr, und dem
wahrſcheinlich aus dem Lateiniſchen fallere herzuleitenden fällen 1)
(wovon Falle), herabwerfen, fangen, betrügen, alſo eigentlich Narren-
betrug — iſt das Stehlen von Waaren aller Art 2) in offenen Han-
delsläden, Gewölben, Buden, Boutiquen vor den Augen des
Verkäufers und während des Beſehens und Behandelns von
Waaren; Schottenfeller, der Dieb, der auf die angegebene
Weiſe ſtiehlt.

Das Schottenfellen iſt eine ſchwere Steuerauflage, unter deren
Druck die Kaufleute und Detailiſten ganz außerordentlich leiden.
Die jährliche Ausbeute der Schottenfeller iſt ungeheuer, obſchon
die von den Schottenfellern mit dem keineswegs ſchmeichelhaften
Namen „Schaute“ belegten Kaufleute ungern geſtehen mögen,

1) Vgl. Stieler, „Sprachſchatz“, S. 424 u. 425, und Schottelius,
a. a. O., S. 1312.
2) Thiele, a. a. O., I, 87, beſchränkt irrig das Schottenfellen auf die
Entwendung von Schnittwaaren. Aber auch das Stehlen von allen andern
Waaren, Gold- und Silberſachen, kurzen Waaren, Lebensmitteln u. ſ. w. aus
Läden und Buden iſt Schottenfellen, wenn es im Laden vor den Augen
des Verkäufers während des Behandelns
geſchieht. Falkenberg,
a. a. O, I, 48, Kap. 3, von Marktdieben, hat dieſe Beſchränkung nicht, ſon-
dern bezieht das Schottenfellen auf das allgemeine Stehlen von Waaren auf
Jahr- und Wochenmärkten, beſonders in Kaufmannsläden. Derſelbe führt
auch noch die im Publikum gebräuchlichen, jetzt veralteten oder nur noch an
einzelnen Plätzen üblichen bezeichnenden Ausdrücke Weiskäufer und Frei-
käufer
für Schottenfeller an, welche jetzt in der Ueberſetzung Lowenſchurer
unter den Gaunern aufkommen; vom Jüdiſch-Deutſchen lowon, weiß, und
dem Zigeuneriſchen tschorr, Dieb.
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[192/0204] vergleiche Kap. 68, vom Stradehalten, und S. 121: Schuck- abhalten, ſowie das Wörterbuch. Siebenundfunfzigſtes Kapitel. d) Das Schottenfellen. Schottenfellen (Schautenfällen) — von _ (schoto), närriſch werden, wovon Schote, Schaute, der Narr, und dem wahrſcheinlich aus dem Lateiniſchen fallere herzuleitenden fällen 1) (wovon Falle), herabwerfen, fangen, betrügen, alſo eigentlich Narren- betrug — iſt das Stehlen von Waaren aller Art 2) in offenen Han- delsläden, Gewölben, Buden, Boutiquen vor den Augen des Verkäufers und während des Beſehens und Behandelns von Waaren; Schottenfeller, der Dieb, der auf die angegebene Weiſe ſtiehlt. Das Schottenfellen iſt eine ſchwere Steuerauflage, unter deren Druck die Kaufleute und Detailiſten ganz außerordentlich leiden. Die jährliche Ausbeute der Schottenfeller iſt ungeheuer, obſchon die von den Schottenfellern mit dem keineswegs ſchmeichelhaften Namen „Schaute“ belegten Kaufleute ungern geſtehen mögen, 1) Vgl. Stieler, „Sprachſchatz“, S. 424 u. 425, und Schottelius, a. a. O., S. 1312. 2) Thiele, a. a. O., I, 87, beſchränkt irrig das Schottenfellen auf die Entwendung von Schnittwaaren. Aber auch das Stehlen von allen andern Waaren, Gold- und Silberſachen, kurzen Waaren, Lebensmitteln u. ſ. w. aus Läden und Buden iſt Schottenfellen, wenn es im Laden vor den Augen des Verkäufers während des Behandelns geſchieht. Falkenberg, a. a. O, I, 48, Kap. 3, von Marktdieben, hat dieſe Beſchränkung nicht, ſon- dern bezieht das Schottenfellen auf das allgemeine Stehlen von Waaren auf Jahr- und Wochenmärkten, beſonders in Kaufmannsläden. Derſelbe führt auch noch die im Publikum gebräuchlichen, jetzt veralteten oder nur noch an einzelnen Plätzen üblichen bezeichnenden Ausdrücke Weiskäufer und Frei- käufer für Schottenfeller an, welche jetzt in der Ueberſetzung Lowenſchurer unter den Gaunern aufkommen; vom Jüdiſch-Deutſchen lowon, weiß, und dem Zigeuneriſchen tschorr, Dieb.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/204>, abgerufen am 23.04.2024.