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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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aber, die es ganz sind, wird sich wol niemand täuschen lassen.
Fließt die Tinte gar nicht, so hat der Stoff zu viel Appretur,
die man erst durch Sieden und Waschen entfernen muß. Macht
man statt des Kleckses einen Ring auf den Stoff, so tritt der
Unterschied noch deutlicher hervor. 1)

Diese einfachen Mittel geben schon eine ziemliche Sicherheit
gegen den Betrug, der übrigens noch durch eine Menge anderer,
wenn auch umständlicherer Processe mit Evidenz entdeckt werden
kann. Durch das Mikroskop oder auch schon durch eine einfache
Lupe läßt sich die Leinenfaser als ein gerader, rundlicher, wenig
oder gar nicht hohler Faden erkennen, der bei weitem derber und
massiver erscheint als die Baumwolle, welche aus hohlen, dün-
nen, durchsichtigen Fasern besteht, die eben, weil sie hohl, zu-
sammengefallen, zusammengedrückt sind, und weil sie keinen festen
Halt haben, bald rechts, bald links gewendet, etwa wie ein
Haufen durcheinander geworfener und zusammengedrückter Bänder
aussehen.

Ueber den Markt- und Hausirhandel sehe man das weitere
in Kapitel 89, vom Schärfen.



Sechsundsechszigstes Kapitel.
h) Das Stippen.

Das niederdeutsche Wort Stip, Stippel, Stipje, bedeutet
einen Punkt, Tupf; davon stippen, tunken, eintauchen, in der

1) Nach den Zeitungen ("Hamburger Correspondent", Nr. 153 vom
30. Juni 1857) wird jetzt von der dresdener Leinenhandlung R. Winter
eine Flüssigkeit, Linarin, debitirt, von welcher einige Tropfen auf die zu un-
tersuchende Leinwand hinreichen sollen, die baumwollenen Fäden sofort weiß
und auffallend von den übrigen dunklern und vollkommen durchsichtig wer-
denden leinenen Fäden erscheinen zu lassen. Reinleinene Waare soll gleich-
artig gefärbt und durchsichtig erscheinen wie geöltes Papier. Die Wirksamkeit
und Bewährung dieses Mittels ist mir noch nicht weiter bekannt geworden.

aber, die es ganz ſind, wird ſich wol niemand täuſchen laſſen.
Fließt die Tinte gar nicht, ſo hat der Stoff zu viel Appretur,
die man erſt durch Sieden und Waſchen entfernen muß. Macht
man ſtatt des Kleckſes einen Ring auf den Stoff, ſo tritt der
Unterſchied noch deutlicher hervor. 1)

Dieſe einfachen Mittel geben ſchon eine ziemliche Sicherheit
gegen den Betrug, der übrigens noch durch eine Menge anderer,
wenn auch umſtändlicherer Proceſſe mit Evidenz entdeckt werden
kann. Durch das Mikroſkop oder auch ſchon durch eine einfache
Lupe läßt ſich die Leinenfaſer als ein gerader, rundlicher, wenig
oder gar nicht hohler Faden erkennen, der bei weitem derber und
maſſiver erſcheint als die Baumwolle, welche aus hohlen, dün-
nen, durchſichtigen Faſern beſteht, die eben, weil ſie hohl, zu-
ſammengefallen, zuſammengedrückt ſind, und weil ſie keinen feſten
Halt haben, bald rechts, bald links gewendet, etwa wie ein
Haufen durcheinander geworfener und zuſammengedrückter Bänder
ausſehen.

Ueber den Markt- und Hauſirhandel ſehe man das weitere
in Kapitel 89, vom Schärfen.



Sechsundſechszigſtes Kapitel.
h) Das Stippen.

Das niederdeutſche Wort Stip, Stippel, Stipje, bedeutet
einen Punkt, Tupf; davon ſtippen, tunken, eintauchen, in der

1) Nach den Zeitungen („Hamburger Correſpondent“, Nr. 153 vom
30. Juni 1857) wird jetzt von der dresdener Leinenhandlung R. Winter
eine Flüſſigkeit, Linarin, debitirt, von welcher einige Tropfen auf die zu un-
terſuchende Leinwand hinreichen ſollen, die baumwollenen Fäden ſofort weiß
und auffallend von den übrigen dunklern und vollkommen durchſichtig wer-
denden leinenen Fäden erſcheinen zu laſſen. Reinleinene Waare ſoll gleich-
artig gefärbt und durchſichtig erſcheinen wie geöltes Papier. Die Wirkſamkeit
und Bewährung dieſes Mittels iſt mir noch nicht weiter bekannt geworden.
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[221/0233] aber, die es ganz ſind, wird ſich wol niemand täuſchen laſſen. Fließt die Tinte gar nicht, ſo hat der Stoff zu viel Appretur, die man erſt durch Sieden und Waſchen entfernen muß. Macht man ſtatt des Kleckſes einen Ring auf den Stoff, ſo tritt der Unterſchied noch deutlicher hervor. 1) Dieſe einfachen Mittel geben ſchon eine ziemliche Sicherheit gegen den Betrug, der übrigens noch durch eine Menge anderer, wenn auch umſtändlicherer Proceſſe mit Evidenz entdeckt werden kann. Durch das Mikroſkop oder auch ſchon durch eine einfache Lupe läßt ſich die Leinenfaſer als ein gerader, rundlicher, wenig oder gar nicht hohler Faden erkennen, der bei weitem derber und maſſiver erſcheint als die Baumwolle, welche aus hohlen, dün- nen, durchſichtigen Faſern beſteht, die eben, weil ſie hohl, zu- ſammengefallen, zuſammengedrückt ſind, und weil ſie keinen feſten Halt haben, bald rechts, bald links gewendet, etwa wie ein Haufen durcheinander geworfener und zuſammengedrückter Bänder ausſehen. Ueber den Markt- und Hauſirhandel ſehe man das weitere in Kapitel 89, vom Schärfen. Sechsundſechszigſtes Kapitel. h) Das Stippen. Das niederdeutſche Wort Stip, Stippel, Stipje, bedeutet einen Punkt, Tupf; davon ſtippen, tunken, eintauchen, in der 1) Nach den Zeitungen („Hamburger Correſpondent“, Nr. 153 vom 30. Juni 1857) wird jetzt von der dresdener Leinenhandlung R. Winter eine Flüſſigkeit, Linarin, debitirt, von welcher einige Tropfen auf die zu un- terſuchende Leinwand hinreichen ſollen, die baumwollenen Fäden ſofort weiß und auffallend von den übrigen dunklern und vollkommen durchſichtig wer- denden leinenen Fäden erſcheinen zu laſſen. Reinleinene Waare ſoll gleich- artig gefärbt und durchſichtig erſcheinen wie geöltes Papier. Die Wirkſamkeit und Bewährung dieſes Mittels iſt mir noch nicht weiter bekannt geworden.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/233>, abgerufen am 16.04.2024.