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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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auf dem bloßen Leibe oder doch mindestens unter dem Beinkleide
zu tragende Gurttasche von sicherm Nutzen. Für Markteinkäufer-
innen sind ebenfalls Ledertaschen mit stählernem Bügel und Kett-
chen anstatt der leicht abzuschneidenden Schnürbeutel, sowie das
Tragen von Leibtaschen unter dem mit einem Schlitz versehenen
Kleide 1) zu empfehlen. Für Reisende ist es allerdings noch beachtens-
werth, daß der Umhangriemen der Geldtaschen mit weichem Draht
besetzt wird, um ihn gegen das rasche Durchschneiden zu sichern.



Achtundsechzigstes Kapitel.
k) Das Stradehandeln, Goleschächten und
Golehopsen
.

Das Wort Stradehandeln, richtiger Straathandeln,
ist von dem niederdeutschen Straat 2) herzuleiten, welches Straße,

1) Solche Leibtaschen trugen früher die Gaunerinnen selbst als sicherstes
Schutzmittel auf dem bloßen Leibe. Marie Agnes Brunnerin, Concubine
des berüchtigten Stanus-Frey, trug solche Tasche, die sie ihren Hamelsack
nannte, beständig auf dem bloßen Leibe, und hatte immer 100--150 Gulden
darin (Sulzer, "Gaunerliste", 1801, S. 67). Dagegen ist das Tragen der
Geldbörsen in der Hand oder in Körben, selbst wenn letztere mit Deckeln oder
Decken versehen sind, in keiner Weise rathsam, da ein Schlag, Griff oder
Druck auf die Hand ebenso leicht die Börse herausschleudert, wie ein Schlag,
Griff oder Stoß gegen den Korb dies vermag. Besonders wissen kleine
Jungen mit einem eigenen Anlauf unter die Körbe hindurch zu rennen, sodaß
sie dieselben im Nu mit dem Rücken aufheben und in eine schräge Lage brin-
gen, damit das Geld herausfällt und von den Genossen rasch von der Erde
aufgerafft werden kann.
2) Die "Rotwelsche Grammatik" (1755) hat Stroda, einen der vielen
von Sommer in seinem Wörterbuch nachgeschriebenen Druckfehler für Strada,
welches auch das "Hildburghausische Wörterbuch", wol nach dem italienischen
strada, hat (vgl. Pott, a. a. O., II, 17); in der hamburger niederdeutschen
Mundart wird Straat, mit gedehntem o, Stroot ausgesprochen. Jm
"Waldheimer Wörterbuch" kommt das Wort Strehle und Strahle für
Straße vor, welches Pfister und Grolmann ebenfalls aufführen. Jm Althoch-
deutschen und Mittelhochdeutschen kommt der Ausdruck nicht vor, so wenig wie

auf dem bloßen Leibe oder doch mindeſtens unter dem Beinkleide
zu tragende Gurttaſche von ſicherm Nutzen. Für Markteinkäufer-
innen ſind ebenfalls Ledertaſchen mit ſtählernem Bügel und Kett-
chen anſtatt der leicht abzuſchneidenden Schnürbeutel, ſowie das
Tragen von Leibtaſchen unter dem mit einem Schlitz verſehenen
Kleide 1) zu empfehlen. Für Reiſende iſt es allerdings noch beachtens-
werth, daß der Umhangriemen der Geldtaſchen mit weichem Draht
beſetzt wird, um ihn gegen das raſche Durchſchneiden zu ſichern.



Achtundſechzigſtes Kapitel.
k) Das Stradehandeln, Goleſchächten und
Golehopſen
.

Das Wort Stradehandeln, richtiger Straathandeln,
iſt von dem niederdeutſchen Straat 2) herzuleiten, welches Straße,

1) Solche Leibtaſchen trugen früher die Gaunerinnen ſelbſt als ſicherſtes
Schutzmittel auf dem bloßen Leibe. Marie Agnes Brunnerin, Concubine
des berüchtigten Stanus-Frey, trug ſolche Taſche, die ſie ihren Hamelſack
nannte, beſtändig auf dem bloßen Leibe, und hatte immer 100—150 Gulden
darin (Sulzer, „Gaunerliſte“, 1801, S. 67). Dagegen iſt das Tragen der
Geldbörſen in der Hand oder in Körben, ſelbſt wenn letztere mit Deckeln oder
Decken verſehen ſind, in keiner Weiſe rathſam, da ein Schlag, Griff oder
Druck auf die Hand ebenſo leicht die Börſe herausſchleudert, wie ein Schlag,
Griff oder Stoß gegen den Korb dies vermag. Beſonders wiſſen kleine
Jungen mit einem eigenen Anlauf unter die Körbe hindurch zu rennen, ſodaß
ſie dieſelben im Nu mit dem Rücken aufheben und in eine ſchräge Lage brin-
gen, damit das Geld herausfällt und von den Genoſſen raſch von der Erde
aufgerafft werden kann.
2) Die „Rotwelſche Grammatik“ (1755) hat Stroda, einen der vielen
von Sommer in ſeinem Wörterbuch nachgeſchriebenen Druckfehler für Strada,
welches auch das „Hildburghauſiſche Wörterbuch“, wol nach dem italieniſchen
strada, hat (vgl. Pott, a. a. O., II, 17); in der hamburger niederdeutſchen
Mundart wird Straat, mit gedehntem o, Stroot ausgeſprochen. Jm
„Waldheimer Wörterbuch“ kommt das Wort Strehle und Strahle für
Straße vor, welches Pfiſter und Grolmann ebenfalls aufführen. Jm Althoch-
deutſchen und Mittelhochdeutſchen kommt der Ausdruck nicht vor, ſo wenig wie
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[234/0246] auf dem bloßen Leibe oder doch mindeſtens unter dem Beinkleide zu tragende Gurttaſche von ſicherm Nutzen. Für Markteinkäufer- innen ſind ebenfalls Ledertaſchen mit ſtählernem Bügel und Kett- chen anſtatt der leicht abzuſchneidenden Schnürbeutel, ſowie das Tragen von Leibtaſchen unter dem mit einem Schlitz verſehenen Kleide 1) zu empfehlen. Für Reiſende iſt es allerdings noch beachtens- werth, daß der Umhangriemen der Geldtaſchen mit weichem Draht beſetzt wird, um ihn gegen das raſche Durchſchneiden zu ſichern. Achtundſechzigſtes Kapitel. k) Das Stradehandeln, Goleſchächten und Golehopſen. Das Wort Stradehandeln, richtiger Straathandeln, iſt von dem niederdeutſchen Straat 2) herzuleiten, welches Straße, 1) Solche Leibtaſchen trugen früher die Gaunerinnen ſelbſt als ſicherſtes Schutzmittel auf dem bloßen Leibe. Marie Agnes Brunnerin, Concubine des berüchtigten Stanus-Frey, trug ſolche Taſche, die ſie ihren Hamelſack nannte, beſtändig auf dem bloßen Leibe, und hatte immer 100—150 Gulden darin (Sulzer, „Gaunerliſte“, 1801, S. 67). Dagegen iſt das Tragen der Geldbörſen in der Hand oder in Körben, ſelbſt wenn letztere mit Deckeln oder Decken verſehen ſind, in keiner Weiſe rathſam, da ein Schlag, Griff oder Druck auf die Hand ebenſo leicht die Börſe herausſchleudert, wie ein Schlag, Griff oder Stoß gegen den Korb dies vermag. Beſonders wiſſen kleine Jungen mit einem eigenen Anlauf unter die Körbe hindurch zu rennen, ſodaß ſie dieſelben im Nu mit dem Rücken aufheben und in eine ſchräge Lage brin- gen, damit das Geld herausfällt und von den Genoſſen raſch von der Erde aufgerafft werden kann. 2) Die „Rotwelſche Grammatik“ (1755) hat Stroda, einen der vielen von Sommer in ſeinem Wörterbuch nachgeſchriebenen Druckfehler für Strada, welches auch das „Hildburghauſiſche Wörterbuch“, wol nach dem italieniſchen strada, hat (vgl. Pott, a. a. O., II, 17); in der hamburger niederdeutſchen Mundart wird Straat, mit gedehntem o, Stroot ausgeſprochen. Jm „Waldheimer Wörterbuch“ kommt das Wort Strehle und Strahle für Straße vor, welches Pfiſter und Grolmann ebenfalls aufführen. Jm Althoch- deutſchen und Mittelhochdeutſchen kommt der Ausdruck nicht vor, ſo wenig wie

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/246>, abgerufen am 28.11.2024.