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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Nachhaltigkeit, von diesen zu übende Aufsicht auf die Quacksalberei
das bisjetzt vermocht hat.



Sechsundsiebzigstes Kapitel.
th) Das Zchokken oder Freischuppen.

Wenn auch schon der Gebrauch der Würfel dem fernsten
Alterthum bekannt war, so findet sich doch zunächst erst im
13. Jahrhundert, daß Würfel- und Kugelspiele, für welche es
zu dieser Zeit schon Unterrichtsanstalten in Languedoc 1) gab, als
verderbliche Glücksspiele, gleich den spätern Glücksspielen mit
Karten, verboten waren. Jn Bologna wurde zu jener Zeit dem
Spieler mit falschen Würfeln der Daumen der rechten Hand ab-
gehauen. 2) Jn Zürich wurde der falsche Würfelspieler durch den
See geschwemmt, das heißt an einen Kahn gebunden und eine
Strecke durch das Wasser gezogen. 3) Das Kartenspiel scheint
um jene Zeit jedoch noch nicht so sehr wegen falschen Spieles,
als wegen des Hazardirens und Wettens verboten gewesen zu
sein. Aber schon die Notabilien des Liber Vagatorum warnen
ausdrücklich vor den Jonern, den falschen Karten- und Würfel-
spielern, die "mit beseflerey vmb geen vff den brieff (Karten) mit

1) Vgl. die bei Hüllmann, a. a. O., IV, 247, angeführten Urkunden Lud-
wig's IX. vom Jahre 1254, und ebendaselbst, S. 248, die spätern Urkunden
Karl's IV. u. VI. aus den Jahren 1319 und 1369. Merkwürdig ist die Ver-
ordnung des Raths von Florenz von 1396, nach welcher der im Würfelspiel
Verlierende drei Jahre lang das Recht behielt, den Verlust zurückzufordern,
und nach welcher die nächsten Verwandten zu dieser Rückforderung befugt waren,
wenn der Verlierende binnen zwei Monaten nach dem Verluste keinen Gebrauch
davon gemacht hatte.
2) Statuta Bononiae, I, 500 fg.; Hüllmann, a. a. O., IV, 249.
3) Vgl. den "Richtebriev" bei Hüllmann, a. a. O., IV, 249. Vgl. auch
ebendaselbst die Bestimmungen der städtischen Behörden zu Regensburg, Frank-
furt a. M., Arnheim und Köln.

Nachhaltigkeit, von dieſen zu übende Aufſicht auf die Quackſalberei
das bisjetzt vermocht hat.



Sechsundſiebzigſtes Kapitel.
ϑ) Das Zchokken oder Freiſchuppen.

Wenn auch ſchon der Gebrauch der Würfel dem fernſten
Alterthum bekannt war, ſo findet ſich doch zunächſt erſt im
13. Jahrhundert, daß Würfel- und Kugelſpiele, für welche es
zu dieſer Zeit ſchon Unterrichtsanſtalten in Languedoc 1) gab, als
verderbliche Glücksſpiele, gleich den ſpätern Glücksſpielen mit
Karten, verboten waren. Jn Bologna wurde zu jener Zeit dem
Spieler mit falſchen Würfeln der Daumen der rechten Hand ab-
gehauen. 2) Jn Zürich wurde der falſche Würfelſpieler durch den
See geſchwemmt, das heißt an einen Kahn gebunden und eine
Strecke durch das Waſſer gezogen. 3) Das Kartenſpiel ſcheint
um jene Zeit jedoch noch nicht ſo ſehr wegen falſchen Spieles,
als wegen des Hazardirens und Wettens verboten geweſen zu
ſein. Aber ſchon die Notabilien des Liber Vagatorum warnen
ausdrücklich vor den Jonern, den falſchen Karten- und Würfel-
ſpielern, die „mit beſeflerey vmb geen vff den brieff (Karten) mit

1) Vgl. die bei Hüllmann, a. a. O., IV, 247, angeführten Urkunden Lud-
wig’s IX. vom Jahre 1254, und ebendaſelbſt, S. 248, die ſpätern Urkunden
Karl’s IV. u. VI. aus den Jahren 1319 und 1369. Merkwürdig iſt die Ver-
ordnung des Raths von Florenz von 1396, nach welcher der im Würfelſpiel
Verlierende drei Jahre lang das Recht behielt, den Verluſt zurückzufordern,
und nach welcher die nächſten Verwandten zu dieſer Rückforderung befugt waren,
wenn der Verlierende binnen zwei Monaten nach dem Verluſte keinen Gebrauch
davon gemacht hatte.
2) Statuta Bononiae, I, 500 fg.; Hüllmann, a. a. O., IV, 249.
3) Vgl. den „Richtebriev“ bei Hüllmann, a. a. O., IV, 249. Vgl. auch
ebendaſelbſt die Beſtimmungen der ſtädtiſchen Behörden zu Regensburg, Frank-
furt a. M., Arnheim und Köln.
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[274/0286] Nachhaltigkeit, von dieſen zu übende Aufſicht auf die Quackſalberei das bisjetzt vermocht hat. Sechsundſiebzigſtes Kapitel. ϑ) Das Zchokken oder Freiſchuppen. Wenn auch ſchon der Gebrauch der Würfel dem fernſten Alterthum bekannt war, ſo findet ſich doch zunächſt erſt im 13. Jahrhundert, daß Würfel- und Kugelſpiele, für welche es zu dieſer Zeit ſchon Unterrichtsanſtalten in Languedoc 1) gab, als verderbliche Glücksſpiele, gleich den ſpätern Glücksſpielen mit Karten, verboten waren. Jn Bologna wurde zu jener Zeit dem Spieler mit falſchen Würfeln der Daumen der rechten Hand ab- gehauen. 2) Jn Zürich wurde der falſche Würfelſpieler durch den See geſchwemmt, das heißt an einen Kahn gebunden und eine Strecke durch das Waſſer gezogen. 3) Das Kartenſpiel ſcheint um jene Zeit jedoch noch nicht ſo ſehr wegen falſchen Spieles, als wegen des Hazardirens und Wettens verboten geweſen zu ſein. Aber ſchon die Notabilien des Liber Vagatorum warnen ausdrücklich vor den Jonern, den falſchen Karten- und Würfel- ſpielern, die „mit beſeflerey vmb geen vff den brieff (Karten) mit 1) Vgl. die bei Hüllmann, a. a. O., IV, 247, angeführten Urkunden Lud- wig’s IX. vom Jahre 1254, und ebendaſelbſt, S. 248, die ſpätern Urkunden Karl’s IV. u. VI. aus den Jahren 1319 und 1369. Merkwürdig iſt die Ver- ordnung des Raths von Florenz von 1396, nach welcher der im Würfelſpiel Verlierende drei Jahre lang das Recht behielt, den Verluſt zurückzufordern, und nach welcher die nächſten Verwandten zu dieſer Rückforderung befugt waren, wenn der Verlierende binnen zwei Monaten nach dem Verluſte keinen Gebrauch davon gemacht hatte. 2) Statuta Bononiae, I, 500 fg.; Hüllmann, a. a. O., IV, 249. 3) Vgl. den „Richtebriev“ bei Hüllmann, a. a. O., IV, 249. Vgl. auch ebendaſelbſt die Beſtimmungen der ſtädtiſchen Behörden zu Regensburg, Frank- furt a. M., Arnheim und Köln.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/286>, abgerufen am 26.04.2024.