Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

schrieben wird, so häufig wird sie doch noch immer in Gefäng-
nissen benutzt, und bleibt bei aller Unscheinlichkeit immer gefährlich,
da ja oft ein einziges Wort oder Zeichen zu einem vollkommenen
Verständniß ausreicht.

Noch verdient hier endlich der trockene Druck auf Holz er-
wähnt zu werden, welcher unter den Buchdruckern sehr bekannt
ist. Die Mittheilung wird mit gewöhnlichen Drucklettern gesetzt
und ohne Schwärze oder Farbe auf ein Stück weiches Holz,
wie z. B. Linden-, Weiden-, Föhren-, Cedern-, Kastanien- oder
Pappelholz, scharf aufgedruckt. Dadurch wird der Druck tief in
das Holz eingetrieben. Um nun dem dritten die Mittheilung
verborgen zu halten, wird das Holz mit einem Ziehling, Glas-
scherben oder feinem Doppelhobel genau bis auf die Tiefe des
Drucks weggeschabt oder gehobelt, sodaß der Druck vollständig
verschwindet. Der in das Geheimniß eingeweihte gefangene Em-
pfänger benetzt nun das Holz mit Wasser oder einer sonstigen
Feuchtigkeit, worauf an dem Holze die unterhalb des sichtbar ge-
wesenen aber abgeschabten Drucks zusammengepreßten Letterstellen
herausquillen, sodaß die Mittheilung nun in ziemlich deutlicher
Erhabenheit erscheint. 1) Jn dieser Weise lassen sich auf einem
Lineal, Stock, dem Boden oder Deckel einer Schachtel oder eines
Kästchens, auf einer Nadelbüchse u. dgl. ziemlich ausführliche Mit-
theilungen machen, von denen der Uneingeweihte umsoweniger eine
Ahnung hat, als der Glanzlack, mit welchem ein so bedrucktes
Holzstück zu mehrerer Täuschung überzogen wird, das Aufquillen
des Holzes durchaus nicht verhindert.

Die sehr große Menge von Urkunden, welche in den Bu-
reaux ausgestellt werden, und in dieselben gelangen, erfordert auch

1) Versuche im kleinen kann man schon mit den meisten von Cedernholz
gefertigten Bleifedern machen, wenn man den freilich oft sehr hastig und
schlecht eingepreßten Fabrikstempel mit einem Glasscherben wegschabt und die
Bleifeder in Wasser steckt. Bei der Menge kleiner Handdruckpressen, welche in
Spielwaarenlagern verkauft werden, genügt eine solche Presse schon vollkommen
zu ausführlichen Mittheilungen, welche von außen her an Gefangene gemacht
werden sollen.

ſchrieben wird, ſo häufig wird ſie doch noch immer in Gefäng-
niſſen benutzt, und bleibt bei aller Unſcheinlichkeit immer gefährlich,
da ja oft ein einziges Wort oder Zeichen zu einem vollkommenen
Verſtändniß ausreicht.

Noch verdient hier endlich der trockene Druck auf Holz er-
wähnt zu werden, welcher unter den Buchdruckern ſehr bekannt
iſt. Die Mittheilung wird mit gewöhnlichen Drucklettern geſetzt
und ohne Schwärze oder Farbe auf ein Stück weiches Holz,
wie z. B. Linden-, Weiden-, Föhren-, Cedern-, Kaſtanien- oder
Pappelholz, ſcharf aufgedruckt. Dadurch wird der Druck tief in
das Holz eingetrieben. Um nun dem dritten die Mittheilung
verborgen zu halten, wird das Holz mit einem Ziehling, Glas-
ſcherben oder feinem Doppelhobel genau bis auf die Tiefe des
Drucks weggeſchabt oder gehobelt, ſodaß der Druck vollſtändig
verſchwindet. Der in das Geheimniß eingeweihte gefangene Em-
pfänger benetzt nun das Holz mit Waſſer oder einer ſonſtigen
Feuchtigkeit, worauf an dem Holze die unterhalb des ſichtbar ge-
weſenen aber abgeſchabten Drucks zuſammengepreßten Letterſtellen
herausquillen, ſodaß die Mittheilung nun in ziemlich deutlicher
Erhabenheit erſcheint. 1) Jn dieſer Weiſe laſſen ſich auf einem
Lineal, Stock, dem Boden oder Deckel einer Schachtel oder eines
Käſtchens, auf einer Nadelbüchſe u. dgl. ziemlich ausführliche Mit-
theilungen machen, von denen der Uneingeweihte umſoweniger eine
Ahnung hat, als der Glanzlack, mit welchem ein ſo bedrucktes
Holzſtück zu mehrerer Täuſchung überzogen wird, das Aufquillen
des Holzes durchaus nicht verhindert.

Die ſehr große Menge von Urkunden, welche in den Bu-
reaux ausgeſtellt werden, und in dieſelben gelangen, erfordert auch

1) Verſuche im kleinen kann man ſchon mit den meiſten von Cedernholz
gefertigten Bleifedern machen, wenn man den freilich oft ſehr haſtig und
ſchlecht eingepreßten Fabrikſtempel mit einem Glasſcherben wegſchabt und die
Bleifeder in Waſſer ſteckt. Bei der Menge kleiner Handdruckpreſſen, welche in
Spielwaarenlagern verkauft werden, genügt eine ſolche Preſſe ſchon vollkommen
zu ausführlichen Mittheilungen, welche von außen her an Gefangene gemacht
werden ſollen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0321" n="309"/>
&#x017F;chrieben wird, &#x017F;o häufig wird &#x017F;ie doch noch immer in Gefäng-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en benutzt, und bleibt bei aller Un&#x017F;cheinlichkeit immer gefährlich,<lb/>
da ja oft ein einziges Wort oder Zeichen zu einem vollkommenen<lb/>
Ver&#x017F;tändniß ausreicht.</p><lb/>
              <p>Noch verdient hier endlich der trockene Druck auf Holz er-<lb/>
wähnt zu werden, welcher unter den Buchdruckern &#x017F;ehr bekannt<lb/>
i&#x017F;t. Die Mittheilung wird mit gewöhnlichen Drucklettern ge&#x017F;etzt<lb/>
und ohne Schwärze oder Farbe auf ein Stück weiches Holz,<lb/>
wie z. B. Linden-, Weiden-, Föhren-, Cedern-, Ka&#x017F;tanien- oder<lb/>
Pappelholz, &#x017F;charf aufgedruckt. Dadurch wird der Druck tief in<lb/>
das Holz eingetrieben. Um nun dem dritten die Mittheilung<lb/>
verborgen zu halten, wird das Holz mit einem Ziehling, Glas-<lb/>
&#x017F;cherben oder feinem Doppelhobel genau bis auf die Tiefe des<lb/>
Drucks wegge&#x017F;chabt oder gehobelt, &#x017F;odaß der Druck voll&#x017F;tändig<lb/>
ver&#x017F;chwindet. Der in das Geheimniß eingeweihte gefangene Em-<lb/>
pfänger benetzt nun das Holz mit Wa&#x017F;&#x017F;er oder einer &#x017F;on&#x017F;tigen<lb/>
Feuchtigkeit, worauf an dem Holze die unterhalb des &#x017F;ichtbar ge-<lb/>
we&#x017F;enen aber abge&#x017F;chabten Drucks zu&#x017F;ammengepreßten Letter&#x017F;tellen<lb/>
herausquillen, &#x017F;odaß die Mittheilung nun in ziemlich deutlicher<lb/>
Erhabenheit er&#x017F;cheint. <note place="foot" n="1)">Ver&#x017F;uche im kleinen kann man &#x017F;chon mit den mei&#x017F;ten von Cedernholz<lb/>
gefertigten Bleifedern machen, wenn man den freilich oft &#x017F;ehr ha&#x017F;tig und<lb/>
&#x017F;chlecht eingepreßten Fabrik&#x017F;tempel mit einem Glas&#x017F;cherben weg&#x017F;chabt und die<lb/>
Bleifeder in Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teckt. Bei der Menge kleiner Handdruckpre&#x017F;&#x017F;en, welche in<lb/>
Spielwaarenlagern verkauft werden, genügt eine &#x017F;olche Pre&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chon vollkommen<lb/>
zu ausführlichen Mittheilungen, welche von außen her an Gefangene gemacht<lb/>
werden &#x017F;ollen.</note> Jn die&#x017F;er Wei&#x017F;e la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auf einem<lb/>
Lineal, Stock, dem Boden oder Deckel einer Schachtel oder eines<lb/>&#x017F;tchens, auf einer Nadelbüch&#x017F;e u. dgl. ziemlich ausführliche Mit-<lb/>
theilungen machen, von denen der Uneingeweihte um&#x017F;oweniger eine<lb/>
Ahnung hat, als der Glanzlack, mit welchem ein &#x017F;o bedrucktes<lb/>
Holz&#x017F;tück zu mehrerer Täu&#x017F;chung überzogen wird, das Aufquillen<lb/>
des Holzes durchaus nicht verhindert.</p><lb/>
              <p>Die &#x017F;ehr große Menge von Urkunden, welche in den Bu-<lb/>
reaux ausge&#x017F;tellt werden, und in die&#x017F;elben gelangen, erfordert auch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0321] ſchrieben wird, ſo häufig wird ſie doch noch immer in Gefäng- niſſen benutzt, und bleibt bei aller Unſcheinlichkeit immer gefährlich, da ja oft ein einziges Wort oder Zeichen zu einem vollkommenen Verſtändniß ausreicht. Noch verdient hier endlich der trockene Druck auf Holz er- wähnt zu werden, welcher unter den Buchdruckern ſehr bekannt iſt. Die Mittheilung wird mit gewöhnlichen Drucklettern geſetzt und ohne Schwärze oder Farbe auf ein Stück weiches Holz, wie z. B. Linden-, Weiden-, Föhren-, Cedern-, Kaſtanien- oder Pappelholz, ſcharf aufgedruckt. Dadurch wird der Druck tief in das Holz eingetrieben. Um nun dem dritten die Mittheilung verborgen zu halten, wird das Holz mit einem Ziehling, Glas- ſcherben oder feinem Doppelhobel genau bis auf die Tiefe des Drucks weggeſchabt oder gehobelt, ſodaß der Druck vollſtändig verſchwindet. Der in das Geheimniß eingeweihte gefangene Em- pfänger benetzt nun das Holz mit Waſſer oder einer ſonſtigen Feuchtigkeit, worauf an dem Holze die unterhalb des ſichtbar ge- weſenen aber abgeſchabten Drucks zuſammengepreßten Letterſtellen herausquillen, ſodaß die Mittheilung nun in ziemlich deutlicher Erhabenheit erſcheint. 1) Jn dieſer Weiſe laſſen ſich auf einem Lineal, Stock, dem Boden oder Deckel einer Schachtel oder eines Käſtchens, auf einer Nadelbüchſe u. dgl. ziemlich ausführliche Mit- theilungen machen, von denen der Uneingeweihte umſoweniger eine Ahnung hat, als der Glanzlack, mit welchem ein ſo bedrucktes Holzſtück zu mehrerer Täuſchung überzogen wird, das Aufquillen des Holzes durchaus nicht verhindert. Die ſehr große Menge von Urkunden, welche in den Bu- reaux ausgeſtellt werden, und in dieſelben gelangen, erfordert auch 1) Verſuche im kleinen kann man ſchon mit den meiſten von Cedernholz gefertigten Bleifedern machen, wenn man den freilich oft ſehr haſtig und ſchlecht eingepreßten Fabrikſtempel mit einem Glasſcherben wegſchabt und die Bleifeder in Waſſer ſteckt. Bei der Menge kleiner Handdruckpreſſen, welche in Spielwaarenlagern verkauft werden, genügt eine ſolche Preſſe ſchon vollkommen zu ausführlichen Mittheilungen, welche von außen her an Gefangene gemacht werden ſollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/321
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/321>, abgerufen am 21.11.2024.