Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.gegen seine Richter in Baireuth an, daß er gerade an dem Tage 1) Vgl. in der Literatur "Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle", S. 235. Die Scheußlichkeit wird schon früh erwähnt, z. B. L. Sal. III, 67; Georgisch, Corpus Juris Germ., S. 127, und Rotharis leg. 379. Noch andere Bei- spiele führt Jakob Grimm an ("Deutsche Mythologie", S. 611), der aber irrt, wenn er sagt, daß das Herz aus dem Leib fressen in unsern Hexensagen schon zurücktritt. Ueber das Opfern, das Blut und das Einmauern von Kindern vgl. Grimm, a. a. O., S. 665. 2) Falkenberg, welcher in der Horst'schen Untersuchung wesentlich thätig
war, erzählt I, 31, daß Horst's Concubine, Luise Delitz, frühere Beischläferin des schönen Karl, verdächtig war, sogar selbst ihr eigenes Kind zu dem Zwecke geschlachtet zu haben. Nach Schäffer's "Jaunerbeschreibung" (Sulz am Neckar 1801), S. 85, "trieb der Laubheimer Toni seiner Concubine mit starken Sachen das Kind ab, schnitt dem Kind den Bauch auf, fraß das Herz und schnitt beide Hände ab. Vor dem Einbruch hätten sie dann allemahl die zehn Fingerlein hiervon angezündet, soviel nun davon gebrannt, soviel Leute haben auch in dem Haus, in welchem der Einbruch geschehen sollen, schlafen müssen; wenn hingegen ein Fingerlen nicht gebrannt, so seye eine Person weiter in dem Haus gelegen, davon sie nichts gewußt, und die hernach auch nicht ge- schlafen". gegen ſeine Richter in Baireuth an, daß er gerade an dem Tage 1) Vgl. in der Literatur „Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle“, S. 235. Die Scheußlichkeit wird ſchon früh erwähnt, z. B. L. Sal. III, 67; Georgiſch, Corpus Juris Germ., S. 127, und Rotharis leg. 379. Noch andere Bei- ſpiele führt Jakob Grimm an („Deutſche Mythologie“, S. 611), der aber irrt, wenn er ſagt, daß das Herz aus dem Leib freſſen in unſern Hexenſagen ſchon zurücktritt. Ueber das Opfern, das Blut und das Einmauern von Kindern vgl. Grimm, a. a. O., S. 665. 2) Falkenberg, welcher in der Horſt’ſchen Unterſuchung weſentlich thätig
war, erzählt I, 31, daß Horſt’s Concubine, Luiſe Delitz, frühere Beiſchläferin des ſchönen Karl, verdächtig war, ſogar ſelbſt ihr eigenes Kind zu dem Zwecke geſchlachtet zu haben. Nach Schäffer’s „Jaunerbeſchreibung“ (Sulz am Neckar 1801), S. 85, „trieb der Laubheimer Toni ſeiner Concubine mit ſtarken Sachen das Kind ab, ſchnitt dem Kind den Bauch auf, fraß das Herz und ſchnitt beide Hände ab. Vor dem Einbruch hätten ſie dann allemahl die zehn Fingerlein hiervon angezündet, ſoviel nun davon gebrannt, ſoviel Leute haben auch in dem Haus, in welchem der Einbruch geſchehen ſollen, ſchlafen müſſen; wenn hingegen ein Fingerlen nicht gebrannt, ſo ſeye eine Perſon weiter in dem Haus gelegen, davon ſie nichts gewußt, und die hernach auch nicht ge- ſchlafen“. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034" n="22"/> gegen ſeine Richter in Baireuth an, daß er gerade an dem Tage<lb/> ſeiner Jnhaftirung das neunte ſchwangere Weib habe ermorden<lb/> wollen, wie er das ſchon bei acht Weibern gethan habe, um ihnen<lb/> die Frucht aus dem Leibe zu reißen und das Herz derſelben roh<lb/> zu verzehren, damit er fliegen könne wie ein Vogel. <note place="foot" n="1)">Vgl. in der Literatur „Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle“, S. 235.<lb/> Die Scheußlichkeit wird ſchon früh erwähnt, z. B. <hi rendition="#aq">L. Sal. III,</hi> 67; Georgiſch,<lb/><hi rendition="#aq">Corpus Juris Germ.,</hi> S. 127, und <hi rendition="#aq">Rotharis leg.</hi> 379. Noch andere Bei-<lb/> ſpiele führt Jakob Grimm an („Deutſche Mythologie“, S. 611), der aber<lb/> irrt, wenn er ſagt, daß das Herz aus dem Leib freſſen in unſern Hexenſagen<lb/> ſchon <hi rendition="#g">zurücktritt.</hi> Ueber das Opfern, das Blut und das Einmauern von<lb/> Kindern vgl. Grimm, a. a. O., S. 665.</note> Noch vor<lb/> funfzig Jahren trieb der ſchöne Karl allen ſeinen Beiſchläferinnen<lb/> die Frucht ab, um aus dem Fette derſelben die ſogenannten Schlaf-<lb/> lichter zu machen, bei deren Scheine die Beſtohlenen vom<lb/> Schlummer befallen bleiben. <note place="foot" n="2)">Falkenberg, welcher in der Horſt’ſchen Unterſuchung weſentlich thätig<lb/> war, erzählt <hi rendition="#aq">I,</hi> 31, daß Horſt’s Concubine, Luiſe Delitz, frühere Beiſchläferin<lb/> des ſchönen Karl, verdächtig war, ſogar ſelbſt ihr eigenes Kind zu dem Zwecke<lb/> geſchlachtet zu haben. Nach Schäffer’s „Jaunerbeſchreibung“ (Sulz am Neckar<lb/> 1801), S. 85, „trieb der Laubheimer Toni ſeiner Concubine mit ſtarken<lb/> Sachen das Kind ab, ſchnitt dem Kind den Bauch auf, fraß das Herz und<lb/> ſchnitt beide Hände ab. Vor dem Einbruch hätten ſie dann allemahl die zehn<lb/> Fingerlein hiervon angezündet, ſoviel nun davon gebrannt, ſoviel Leute haben<lb/> auch in dem Haus, in welchem der Einbruch geſchehen ſollen, ſchlafen müſſen;<lb/> wenn hingegen ein Fingerlen nicht gebrannt, ſo ſeye eine Perſon weiter in<lb/> dem Haus gelegen, davon ſie nichts gewußt, und die hernach auch nicht ge-<lb/> ſchlafen“.</note> Noch immer, wie zu Zeiten der<lb/> Rheiniſchen Räuberbanden, muß ein „dem Teufel verfallener“<lb/> Jude bei einem Kirchendiebſtahl zugegen ſein, damit der Dieb-<lb/> ſtahl unentdeckt bleibe, und noch im vorigen Jahre hielt ich Leichen-<lb/> ſchau ab über eine zweiundſechzigjährige Weibsperſon, die früher<lb/> Bordelldirne, dann Kartenſchlägerin geweſen, und mit einem ge-<lb/> ſchriebenen Zauberſegen auf der Bruſt und mit einer in einem<lb/> Beutel um den Leib gebundenen lebendigen Katze ins Waſſer<lb/> geſprungen war, um, nach dem Zauberſegen zu ſchließen, das<lb/> alte Leben in neuer Sphäre, wo möglich noch wucherlicherer, wieder<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0034]
gegen ſeine Richter in Baireuth an, daß er gerade an dem Tage
ſeiner Jnhaftirung das neunte ſchwangere Weib habe ermorden
wollen, wie er das ſchon bei acht Weibern gethan habe, um ihnen
die Frucht aus dem Leibe zu reißen und das Herz derſelben roh
zu verzehren, damit er fliegen könne wie ein Vogel. 1) Noch vor
funfzig Jahren trieb der ſchöne Karl allen ſeinen Beiſchläferinnen
die Frucht ab, um aus dem Fette derſelben die ſogenannten Schlaf-
lichter zu machen, bei deren Scheine die Beſtohlenen vom
Schlummer befallen bleiben. 2) Noch immer, wie zu Zeiten der
Rheiniſchen Räuberbanden, muß ein „dem Teufel verfallener“
Jude bei einem Kirchendiebſtahl zugegen ſein, damit der Dieb-
ſtahl unentdeckt bleibe, und noch im vorigen Jahre hielt ich Leichen-
ſchau ab über eine zweiundſechzigjährige Weibsperſon, die früher
Bordelldirne, dann Kartenſchlägerin geweſen, und mit einem ge-
ſchriebenen Zauberſegen auf der Bruſt und mit einer in einem
Beutel um den Leib gebundenen lebendigen Katze ins Waſſer
geſprungen war, um, nach dem Zauberſegen zu ſchließen, das
alte Leben in neuer Sphäre, wo möglich noch wucherlicherer, wieder
1) Vgl. in der Literatur „Sammlung merkwürdiger Rechtsfälle“, S. 235.
Die Scheußlichkeit wird ſchon früh erwähnt, z. B. L. Sal. III, 67; Georgiſch,
Corpus Juris Germ., S. 127, und Rotharis leg. 379. Noch andere Bei-
ſpiele führt Jakob Grimm an („Deutſche Mythologie“, S. 611), der aber
irrt, wenn er ſagt, daß das Herz aus dem Leib freſſen in unſern Hexenſagen
ſchon zurücktritt. Ueber das Opfern, das Blut und das Einmauern von
Kindern vgl. Grimm, a. a. O., S. 665.
2) Falkenberg, welcher in der Horſt’ſchen Unterſuchung weſentlich thätig
war, erzählt I, 31, daß Horſt’s Concubine, Luiſe Delitz, frühere Beiſchläferin
des ſchönen Karl, verdächtig war, ſogar ſelbſt ihr eigenes Kind zu dem Zwecke
geſchlachtet zu haben. Nach Schäffer’s „Jaunerbeſchreibung“ (Sulz am Neckar
1801), S. 85, „trieb der Laubheimer Toni ſeiner Concubine mit ſtarken
Sachen das Kind ab, ſchnitt dem Kind den Bauch auf, fraß das Herz und
ſchnitt beide Hände ab. Vor dem Einbruch hätten ſie dann allemahl die zehn
Fingerlein hiervon angezündet, ſoviel nun davon gebrannt, ſoviel Leute haben
auch in dem Haus, in welchem der Einbruch geſchehen ſollen, ſchlafen müſſen;
wenn hingegen ein Fingerlen nicht gebrannt, ſo ſeye eine Perſon weiter in
dem Haus gelegen, davon ſie nichts gewußt, und die hernach auch nicht ge-
ſchlafen“.
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