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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Praktikern, wie z. B. von Schwencken, "Actenmäßige Nachrichten",
S. 68--89, gemachten Vorschläge, besonders in ihrer Zusam-
menstellung,
durchmustert. Daher erklärt sich auch die Be-
stimmtheit,
mit welcher der auf eigene und von andern gemachte
Erfahrungen gestützte Schwencken, a. a. O., S. 67, allein von
diesen Vorschlägen
heilsamen Erfolg sich verspricht. 1) Es be-
darf in der That keiner Neuerung, keiner außerordentlichen Maß-
regeln gegen das Gaunerthum. Was zu thun ist, das ist längst
ausgesprochen, und gerade darum wird an vielen Stellen sogar
eine Reduction des zahlreichen und kostspieligen Polizeipersonals
eintreten können und müssen, sobald eine tüchtige Schule und
Organisation der Polizei eingeführt, und somit der kräftigste und
kernigste Widerstand gegen das Gaunerthum geschaffen ist.



Einhundertundviertes Kapitel.
3) Die Gauneruntersuchung.

Sowie man im Mittelalter den Eingang des Gaunerthums
in das social-politische Verkehrsleben wahrnimmt, so sieht man
auch zugleich, wie zunächst das vom Betruge ausgebeutete Volk
auf das Gaunerthum aufmerksam, und dadurch erst auch der rich-
terliche Blick auf das Gaunerthum gelenkt und der Verbrecher ab-
gethan wird, sobald das Verbrechen vom Richter wahrgenommen
und begriffen war. Sowie aber die Hierarchie alle freie frische

1) Vergleicht man die Polizeibudgets zu Schwencken's Zeit (1821) mit
den um das vier- und sechsfache gewachsenen Budgets der Gegenwart, so
muß man es für sehr discret halten, wenn Schwencken (S. 89) als ein-
ziges
Bedenken gegen seine Vorschläge den Kostenpunkt der ersten vier bis
sechs Jahre anführt. Der Glanz der jetzigen figuranten Repräsentation ver-
schlingt die größten Summen, ohne daß das Wesen der Polizei seit Schwen-
cken erheblich gefördert worden wäre. Deshalb ist denn auch kein Budget bei
Kammern und Ständen unliebsamer als gerade das Polizeibudget, und eben
dadurch wird die Polizei nur noch immer mehr herabgedrückt.

Praktikern, wie z. B. von Schwencken, „Actenmäßige Nachrichten“,
S. 68—89, gemachten Vorſchläge, beſonders in ihrer Zuſam-
menſtellung,
durchmuſtert. Daher erklärt ſich auch die Be-
ſtimmtheit,
mit welcher der auf eigene und von andern gemachte
Erfahrungen geſtützte Schwencken, a. a. O., S. 67, allein von
dieſen Vorſchlägen
heilſamen Erfolg ſich verſpricht. 1) Es be-
darf in der That keiner Neuerung, keiner außerordentlichen Maß-
regeln gegen das Gaunerthum. Was zu thun iſt, das iſt längſt
ausgeſprochen, und gerade darum wird an vielen Stellen ſogar
eine Reduction des zahlreichen und koſtſpieligen Polizeiperſonals
eintreten können und müſſen, ſobald eine tüchtige Schule und
Organiſation der Polizei eingeführt, und ſomit der kräftigſte und
kernigſte Widerſtand gegen das Gaunerthum geſchaffen iſt.



Einhundertundviertes Kapitel.
3) Die Gaunerunterſuchung.

Sowie man im Mittelalter den Eingang des Gaunerthums
in das ſocial-politiſche Verkehrsleben wahrnimmt, ſo ſieht man
auch zugleich, wie zunächſt das vom Betruge ausgebeutete Volk
auf das Gaunerthum aufmerkſam, und dadurch erſt auch der rich-
terliche Blick auf das Gaunerthum gelenkt und der Verbrecher ab-
gethan wird, ſobald das Verbrechen vom Richter wahrgenommen
und begriffen war. Sowie aber die Hierarchie alle freie friſche

1) Vergleicht man die Polizeibudgets zu Schwencken’s Zeit (1821) mit
den um das vier- und ſechsfache gewachſenen Budgets der Gegenwart, ſo
muß man es für ſehr discret halten, wenn Schwencken (S. 89) als ein-
ziges
Bedenken gegen ſeine Vorſchläge den Koſtenpunkt der erſten vier bis
ſechs Jahre anführt. Der Glanz der jetzigen figuranten Repräſentation ver-
ſchlingt die größten Summen, ohne daß das Weſen der Polizei ſeit Schwen-
cken erheblich gefördert worden wäre. Deshalb iſt denn auch kein Budget bei
Kammern und Ständen unliebſamer als gerade das Polizeibudget, und eben
dadurch wird die Polizei nur noch immer mehr herabgedrückt.
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[374/0386] Praktikern, wie z. B. von Schwencken, „Actenmäßige Nachrichten“, S. 68—89, gemachten Vorſchläge, beſonders in ihrer Zuſam- menſtellung, durchmuſtert. Daher erklärt ſich auch die Be- ſtimmtheit, mit welcher der auf eigene und von andern gemachte Erfahrungen geſtützte Schwencken, a. a. O., S. 67, allein von dieſen Vorſchlägen heilſamen Erfolg ſich verſpricht. 1) Es be- darf in der That keiner Neuerung, keiner außerordentlichen Maß- regeln gegen das Gaunerthum. Was zu thun iſt, das iſt längſt ausgeſprochen, und gerade darum wird an vielen Stellen ſogar eine Reduction des zahlreichen und koſtſpieligen Polizeiperſonals eintreten können und müſſen, ſobald eine tüchtige Schule und Organiſation der Polizei eingeführt, und ſomit der kräftigſte und kernigſte Widerſtand gegen das Gaunerthum geſchaffen iſt. Einhundertundviertes Kapitel. 3) Die Gaunerunterſuchung. Sowie man im Mittelalter den Eingang des Gaunerthums in das ſocial-politiſche Verkehrsleben wahrnimmt, ſo ſieht man auch zugleich, wie zunächſt das vom Betruge ausgebeutete Volk auf das Gaunerthum aufmerkſam, und dadurch erſt auch der rich- terliche Blick auf das Gaunerthum gelenkt und der Verbrecher ab- gethan wird, ſobald das Verbrechen vom Richter wahrgenommen und begriffen war. Sowie aber die Hierarchie alle freie friſche 1) Vergleicht man die Polizeibudgets zu Schwencken’s Zeit (1821) mit den um das vier- und ſechsfache gewachſenen Budgets der Gegenwart, ſo muß man es für ſehr discret halten, wenn Schwencken (S. 89) als ein- ziges Bedenken gegen ſeine Vorſchläge den Koſtenpunkt der erſten vier bis ſechs Jahre anführt. Der Glanz der jetzigen figuranten Repräſentation ver- ſchlingt die größten Summen, ohne daß das Weſen der Polizei ſeit Schwen- cken erheblich gefördert worden wäre. Deshalb iſt denn auch kein Budget bei Kammern und Ständen unliebſamer als gerade das Polizeibudget, und eben dadurch wird die Polizei nur noch immer mehr herabgedrückt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/386>, abgerufen am 19.05.2024.