der Weiblichkeit in Anspruch nehmen, von deren Entäußernng doch ihr Auftreten selbst einen so trüben Beweis gibt. Besonders ge- nauer Aufmerksamkeit bedarf es bei jugendlichen Gaunern. Während bei andern jugendlichen Verbrechern die geistige Erfor- schung dem Jnquirenten durch das so überaus interessante Ein- gehen auf die Kindesnatur vielfach gelingt und ihn reich belohnt, nimmt er hier in dem jugendlichen, oft schon durch Leidenschaft und ekle Krankheit vorzeitig verwitterten Gesicht und Körper einen Geist wahr, der wie ein ganz fremdartiger, hineingebannter böser Dämon erscheint, bei welchem man aber doch noch oft hoffen und glücklich versuchen kann, ihn mit der Wiedererweckung der gleich- sam durch gewaltthätige Schändung verloren gegangenen Kind- lichkeit wieder fortzubannen. Ebenso überzeugt man sich aber auch leider nur zu oft, wie Geburt, Erziehung und Beispiel dem bösen Dämon einen so tiefen Eingang verschafft hat, daß die Kindesnatur gänzlich verloren gegangen, und Geist und Körper in eine vorzeitige Nothreife gerathen ist, welche nur zu rasch der sittlichen und physischen Fäulniß verfällt.
Einhundertundfünstes Kapitel. Schlußwort.
Je mehr man sich endlich durch tieferes Eingehen in die Kunst und Jndividualität des Gauners überzeugt hat, nicht nur von dem sittlichen Ruin des Gaunerthums selbst, sondern auch von dem sittlichen Ruin der social-politischen Verhältnisse, welche jenes ausbeutet, desto mehr wird man inne, daß das bloße Negiren der Sünde und des Verbrechens keineswegs ausreicht, um den Ruin hier wie dort aufzuhalten; daß vielmehr diese kahle herzlose Nega- tion eine der ärgsten Schwächen und Rückschritte, und selbst der schlimmsten Sünde verfallen ist. Solange die seichte hochfahrende Ansicht geltend gemacht wird, daß der Gauner unverbesser- lich sei, so lange darf dagegen auch nicht die demüthigende
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der Weiblichkeit in Anſpruch nehmen, von deren Entäußernng doch ihr Auftreten ſelbſt einen ſo trüben Beweis gibt. Beſonders ge- nauer Aufmerkſamkeit bedarf es bei jugendlichen Gaunern. Während bei andern jugendlichen Verbrechern die geiſtige Erfor- ſchung dem Jnquirenten durch das ſo überaus intereſſante Ein- gehen auf die Kindesnatur vielfach gelingt und ihn reich belohnt, nimmt er hier in dem jugendlichen, oft ſchon durch Leidenſchaft und ekle Krankheit vorzeitig verwitterten Geſicht und Körper einen Geiſt wahr, der wie ein ganz fremdartiger, hineingebannter böſer Dämon erſcheint, bei welchem man aber doch noch oft hoffen und glücklich verſuchen kann, ihn mit der Wiedererweckung der gleich- ſam durch gewaltthätige Schändung verloren gegangenen Kind- lichkeit wieder fortzubannen. Ebenſo überzeugt man ſich aber auch leider nur zu oft, wie Geburt, Erziehung und Beiſpiel dem böſen Dämon einen ſo tiefen Eingang verſchafft hat, daß die Kindesnatur gänzlich verloren gegangen, und Geiſt und Körper in eine vorzeitige Nothreife gerathen iſt, welche nur zu raſch der ſittlichen und phyſiſchen Fäulniß verfällt.
Einhundertundfünſtes Kapitel. Schlußwort.
Je mehr man ſich endlich durch tieferes Eingehen in die Kunſt und Jndividualität des Gauners überzeugt hat, nicht nur von dem ſittlichen Ruin des Gaunerthums ſelbſt, ſondern auch von dem ſittlichen Ruin der ſocial-politiſchen Verhältniſſe, welche jenes ausbeutet, deſto mehr wird man inne, daß das bloße Negiren der Sünde und des Verbrechens keineswegs ausreicht, um den Ruin hier wie dort aufzuhalten; daß vielmehr dieſe kahle herzloſe Nega- tion eine der ärgſten Schwächen und Rückſchritte, und ſelbſt der ſchlimmſten Sünde verfallen iſt. Solange die ſeichte hochfahrende Anſicht geltend gemacht wird, daß der Gauner unverbeſſer- lich ſei, ſo lange darf dagegen auch nicht die demüthigende
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der Weiblichkeit in Anſpruch nehmen, von deren Entäußernng doch
ihr Auftreten ſelbſt einen ſo trüben Beweis gibt. Beſonders ge-
nauer Aufmerkſamkeit bedarf es bei jugendlichen Gaunern.
Während bei andern jugendlichen Verbrechern die geiſtige Erfor-
ſchung dem Jnquirenten durch das ſo überaus intereſſante Ein-
gehen auf die Kindesnatur vielfach gelingt und ihn reich belohnt,
nimmt er hier in dem jugendlichen, oft ſchon durch Leidenſchaft
und ekle Krankheit vorzeitig verwitterten Geſicht und Körper einen
Geiſt wahr, der wie ein ganz fremdartiger, hineingebannter böſer
Dämon erſcheint, bei welchem man aber doch noch oft hoffen und
glücklich verſuchen kann, ihn mit der Wiedererweckung der gleich-
ſam durch gewaltthätige Schändung verloren gegangenen Kind-
lichkeit wieder fortzubannen. Ebenſo überzeugt man ſich aber
auch leider nur zu oft, wie Geburt, Erziehung und Beiſpiel dem
böſen Dämon einen ſo tiefen Eingang verſchafft hat, daß die
Kindesnatur gänzlich verloren gegangen, und Geiſt und Körper
in eine vorzeitige Nothreife gerathen iſt, welche nur zu raſch der
ſittlichen und phyſiſchen Fäulniß verfällt.
Einhundertundfünſtes Kapitel.
Schlußwort.
Je mehr man ſich endlich durch tieferes Eingehen in die Kunſt
und Jndividualität des Gauners überzeugt hat, nicht nur von
dem ſittlichen Ruin des Gaunerthums ſelbſt, ſondern auch von
dem ſittlichen Ruin der ſocial-politiſchen Verhältniſſe, welche jenes
ausbeutet, deſto mehr wird man inne, daß das bloße Negiren der
Sünde und des Verbrechens keineswegs ausreicht, um den Ruin
hier wie dort aufzuhalten; daß vielmehr dieſe kahle herzloſe Nega-
tion eine der ärgſten Schwächen und Rückſchritte, und ſelbſt der
ſchlimmſten Sünde verfallen iſt. Solange die ſeichte hochfahrende
Anſicht geltend gemacht wird, daß der Gauner unverbeſſer-
lich ſei, ſo lange darf dagegen auch nicht die demüthigende
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/399>, abgerufen am 27.11.2024.
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