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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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mehrfach angeführten Wagner'schen Werke lesen, in welchem wie in
einem Rahmen das Volk und seine lebendige Sprache sowol in der
einzelnen wie in der gesammten großen Gruppirung zu erkennen
und das Gaunerthum mit seiner Bewegung und Sprache im Volk
recht deutlich zu begreifen ist. Die Haderlumpweiber und Banl-
stierer haben daher auch selbst in ihren fremdartigsten Ausdrücken
keine andere Sprache als die Wiesenersprache, und Ausdrücke wie
hopadatschi, unwirsch, verdrießlich; Hausmeister, Semmel;
Kreuzerpille, Roggenbrotlaib; Unterkanonier, Roggenbrot-
wecken; verkeulen, verzehren; Brennabi, Schnaps, und das
sogar aus dem Judendeutsch genommene Serafbeis (für seraph-
jajinbais
), Branntweinhaus, u. a., welche Wagner S. 67, 219
und 221 anführt, sind keineswegs den Haderlumpweibern und
Banlstierern specifisch eigenthümlich.



Siebenunddreißigstes Kapitel.
m. Die Tammersprache.

Unter denjenigen unehrlichen Gewerben, welche im Mittel-
alter von der Meinung des Volkes als besonders ehrlos bezeichnet
wurden, sind es zwei Gewerbe, welche mit dem Brandmal abso-
luter Jnfamie so stark hervortreten, daß selbst das verachtete Volk
der Juden beide Gewerbe gemeinsam mit der schärfsten Bezeich-
nung des Abscheues, der Unreinheit, der [fremdsprachliches Material], tumoh, be-
legte, das Gewerbe der Schinder und das der liederlichen Dirnen.
Beide Gewerbe sind aber auch noch ausgezeichnet durch die ihnen
zu Theil gewordene Behandlung von seiten der Staatspolizei,
welche beide Gewerbe aus der Mitte des bürgerlichen Verkehrs in
die entlegenste Einöde oder an die Stadtmauer verwies, aber ge-
rade durch diese Verweisung beide statuirte und dabei übersah,
daß beide verbannte Gewerbe auf der Grenze einen desto sicherern
Versteck und im Versteck einen desto größern Schutz und Muth
gewannen, um mit ihren schädlichen Wirkungen von der Grenze

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mehrfach angeführten Wagner’ſchen Werke leſen, in welchem wie in
einem Rahmen das Volk und ſeine lebendige Sprache ſowol in der
einzelnen wie in der geſammten großen Gruppirung zu erkennen
und das Gaunerthum mit ſeiner Bewegung und Sprache im Volk
recht deutlich zu begreifen iſt. Die Haderlumpweiber und Banl-
ſtierer haben daher auch ſelbſt in ihren fremdartigſten Ausdrücken
keine andere Sprache als die Wieſenerſprache, und Ausdrücke wie
hopadatſchi, unwirſch, verdrießlich; Hausmeiſter, Semmel;
Kreuzerpille, Roggenbrotlaib; Unterkanonier, Roggenbrot-
wecken; verkeulen, verzehren; Brennabi, Schnaps, und das
ſogar aus dem Judendeutſch genommene Serafbeis (für seraph-
jajinbais
), Branntweinhaus, u. a., welche Wagner S. 67, 219
und 221 anführt, ſind keineswegs den Haderlumpweibern und
Banlſtierern ſpecifiſch eigenthümlich.



Siebenunddreißigſtes Kapitel.
μ. Die Tammerſprache.

Unter denjenigen unehrlichen Gewerben, welche im Mittel-
alter von der Meinung des Volkes als beſonders ehrlos bezeichnet
wurden, ſind es zwei Gewerbe, welche mit dem Brandmal abſo-
luter Jnfamie ſo ſtark hervortreten, daß ſelbſt das verachtete Volk
der Juden beide Gewerbe gemeinſam mit der ſchärfſten Bezeich-
nung des Abſcheues, der Unreinheit, der [fremdsprachliches Material], tumoh, be-
legte, das Gewerbe der Schinder und das der liederlichen Dirnen.
Beide Gewerbe ſind aber auch noch ausgezeichnet durch die ihnen
zu Theil gewordene Behandlung von ſeiten der Staatspolizei,
welche beide Gewerbe aus der Mitte des bürgerlichen Verkehrs in
die entlegenſte Einöde oder an die Stadtmauer verwies, aber ge-
rade durch dieſe Verweiſung beide ſtatuirte und dabei überſah,
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Verſteck und im Verſteck einen deſto größern Schutz und Muth
gewannen, um mit ihren ſchädlichen Wirkungen von der Grenze

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[147/0181] mehrfach angeführten Wagner’ſchen Werke leſen, in welchem wie in einem Rahmen das Volk und ſeine lebendige Sprache ſowol in der einzelnen wie in der geſammten großen Gruppirung zu erkennen und das Gaunerthum mit ſeiner Bewegung und Sprache im Volk recht deutlich zu begreifen iſt. Die Haderlumpweiber und Banl- ſtierer haben daher auch ſelbſt in ihren fremdartigſten Ausdrücken keine andere Sprache als die Wieſenerſprache, und Ausdrücke wie hopadatſchi, unwirſch, verdrießlich; Hausmeiſter, Semmel; Kreuzerpille, Roggenbrotlaib; Unterkanonier, Roggenbrot- wecken; verkeulen, verzehren; Brennabi, Schnaps, und das ſogar aus dem Judendeutſch genommene Serafbeis (für seraph- jajinbais), Branntweinhaus, u. a., welche Wagner S. 67, 219 und 221 anführt, ſind keineswegs den Haderlumpweibern und Banlſtierern ſpecifiſch eigenthümlich. Siebenunddreißigſtes Kapitel. μ. Die Tammerſprache. Unter denjenigen unehrlichen Gewerben, welche im Mittel- alter von der Meinung des Volkes als beſonders ehrlos bezeichnet wurden, ſind es zwei Gewerbe, welche mit dem Brandmal abſo- luter Jnfamie ſo ſtark hervortreten, daß ſelbſt das verachtete Volk der Juden beide Gewerbe gemeinſam mit der ſchärfſten Bezeich- nung des Abſcheues, der Unreinheit, der _ , tumoh, be- legte, das Gewerbe der Schinder und das der liederlichen Dirnen. Beide Gewerbe ſind aber auch noch ausgezeichnet durch die ihnen zu Theil gewordene Behandlung von ſeiten der Staatspolizei, welche beide Gewerbe aus der Mitte des bürgerlichen Verkehrs in die entlegenſte Einöde oder an die Stadtmauer verwies, aber ge- rade durch dieſe Verweiſung beide ſtatuirte und dabei überſah, daß beide verbannte Gewerbe auf der Grenze einen deſto ſicherern Verſteck und im Verſteck einen deſto größern Schutz und Muth gewannen, um mit ihren ſchädlichen Wirkungen von der Grenze 10*

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/181>, abgerufen am 21.11.2024.