Anlage der Grammatik ging der Verfasser von der Ansicht aus, daß die bloße Kenntniß der Quadratschrift, der deutschrabbinischen Schrift und der Currentschrift (wie diese Th. III, S. 260 fg., er- läutert sind) selbst für den mit der hebräischen Sprache unbekann- ten Laien genüge, um das Judendeutsch fertig lesen und schreiben zu lernen, während die hebräischen Typen als bloße Vocabulatur aufgefaßt werden sollten. Zur richtigen Erkennung der namentlich durch Präfixe und Suffixe veränderten Stammformen und ihrer dadurch veränderten logischen Bedeutung hat er nach dem Vor- gange Gottfried Selig's, der freilich nur höchst Kümmerliches und Verworrenes gibt, hier und da die nöthigen rudimentären Er- klärungen und Hinweise auf die hebräische Grammatik gegeben, mit denen er auch den Laien hinlänglich zurecht gewiesen zu haben hofft. An eine zusammenhängende fortlaufende Vergleichung mit der hebräischen Grammatik konnte selbstverständlich nicht gedacht werden.
Von demselben Standpunkt ausgehend hat der Verfasser eine Chrestomathie aus der jüdischdeutschen Literatur ange- hängt, in welcher bei einzelnen Abschnitten eine Jnterlinearübersetzung beigefügt ist, da er an sich selbst erfahren hat, wie rasch er nach der Jnterlinearübersetzung der einzigen Seite 648 in J. Buxtorf's "Thesaurus" (1663) das Lesen des Deutschrabbinischen lernen konnte, Er glaubt dabei in den Augen des Kenners den richtigen Weg gewählt zu haben, wenn er mit der leichtern Quadratschrift in neuhochdeutscher Schreibung (Th. III, S. 435) den Anfang machte, dann ebenfalls in neuhochdeutscher Schreibung das Deutsch- rabbinische gab, hierauf sich zur alten deutschrabbinischen Schreibung (S. 448) wandte und daran die currentschriftlichen Proben an- schloß. Für die hier, soweit dem Verfasser bekannt, zum ersten male in größerm Zusammenhange als Druckschrift erscheinende Currentschrift war nirgends Literatur vorhanden. Der Verfasser hat daher aus den Maasebüchern, dem Brantspiegel u. s. w. die
Anlage der Grammatik ging der Verfaſſer von der Anſicht aus, daß die bloße Kenntniß der Quadratſchrift, der deutſchrabbiniſchen Schrift und der Currentſchrift (wie dieſe Th. III, S. 260 fg., er- läutert ſind) ſelbſt für den mit der hebräiſchen Sprache unbekann- ten Laien genüge, um das Judendeutſch fertig leſen und ſchreiben zu lernen, während die hebräiſchen Typen als bloße Vocabulatur aufgefaßt werden ſollten. Zur richtigen Erkennung der namentlich durch Präfixe und Suffixe veränderten Stammformen und ihrer dadurch veränderten logiſchen Bedeutung hat er nach dem Vor- gange Gottfried Selig’s, der freilich nur höchſt Kümmerliches und Verworrenes gibt, hier und da die nöthigen rudimentären Er- klärungen und Hinweiſe auf die hebräiſche Grammatik gegeben, mit denen er auch den Laien hinlänglich zurecht gewieſen zu haben hofft. An eine zuſammenhängende fortlaufende Vergleichung mit der hebräiſchen Grammatik konnte ſelbſtverſtändlich nicht gedacht werden.
Von demſelben Standpunkt ausgehend hat der Verfaſſer eine Chreſtomathie aus der jüdiſchdeutſchen Literatur ange- hängt, in welcher bei einzelnen Abſchnitten eine Jnterlinearüberſetzung beigefügt iſt, da er an ſich ſelbſt erfahren hat, wie raſch er nach der Jnterlinearüberſetzung der einzigen Seite 648 in J. Buxtorf’s „Thesaurus“ (1663) das Leſen des Deutſchrabbiniſchen lernen konnte, Er glaubt dabei in den Augen des Kenners den richtigen Weg gewählt zu haben, wenn er mit der leichtern Quadratſchrift in neuhochdeutſcher Schreibung (Th. III, S. 435) den Anfang machte, dann ebenfalls in neuhochdeutſcher Schreibung das Deutſch- rabbiniſche gab, hierauf ſich zur alten deutſchrabbiniſchen Schreibung (S. 448) wandte und daran die currentſchriftlichen Proben an- ſchloß. Für die hier, ſoweit dem Verfaſſer bekannt, zum erſten male in größerm Zuſammenhange als Druckſchrift erſcheinende Currentſchrift war nirgends Literatur vorhanden. Der Verfaſſer hat daher aus den Maaſebüchern, dem Brantſpiegel u. ſ. w. die
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[XV/0019]
Anlage der Grammatik ging der Verfaſſer von der Anſicht aus,
daß die bloße Kenntniß der Quadratſchrift, der deutſchrabbiniſchen
Schrift und der Currentſchrift (wie dieſe Th. III, S. 260 fg., er-
läutert ſind) ſelbſt für den mit der hebräiſchen Sprache unbekann-
ten Laien genüge, um das Judendeutſch fertig leſen und ſchreiben
zu lernen, während die hebräiſchen Typen als bloße Vocabulatur
aufgefaßt werden ſollten. Zur richtigen Erkennung der namentlich
durch Präfixe und Suffixe veränderten Stammformen und ihrer
dadurch veränderten logiſchen Bedeutung hat er nach dem Vor-
gange Gottfried Selig’s, der freilich nur höchſt Kümmerliches und
Verworrenes gibt, hier und da die nöthigen rudimentären Er-
klärungen und Hinweiſe auf die hebräiſche Grammatik gegeben,
mit denen er auch den Laien hinlänglich zurecht gewieſen zu haben
hofft. An eine zuſammenhängende fortlaufende Vergleichung mit
der hebräiſchen Grammatik konnte ſelbſtverſtändlich nicht gedacht
werden.
Von demſelben Standpunkt ausgehend hat der Verfaſſer eine
Chreſtomathie aus der jüdiſchdeutſchen Literatur ange-
hängt, in welcher bei einzelnen Abſchnitten eine Jnterlinearüberſetzung
beigefügt iſt, da er an ſich ſelbſt erfahren hat, wie raſch er nach
der Jnterlinearüberſetzung der einzigen Seite 648 in J. Buxtorf’s
„Thesaurus“ (1663) das Leſen des Deutſchrabbiniſchen lernen
konnte, Er glaubt dabei in den Augen des Kenners den richtigen
Weg gewählt zu haben, wenn er mit der leichtern Quadratſchrift
in neuhochdeutſcher Schreibung (Th. III, S. 435) den Anfang
machte, dann ebenfalls in neuhochdeutſcher Schreibung das Deutſch-
rabbiniſche gab, hierauf ſich zur alten deutſchrabbiniſchen Schreibung
(S. 448) wandte und daran die currentſchriftlichen Proben an-
ſchloß. Für die hier, ſoweit dem Verfaſſer bekannt, zum erſten
male in größerm Zuſammenhange als Druckſchrift erſcheinende
Currentſchrift war nirgends Literatur vorhanden. Der Verfaſſer
hat daher aus den Maaſebüchern, dem Brantſpiegel u. ſ. w. die
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/19>, abgerufen am 14.12.2024.
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