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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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deutscher Wörter durchaus nicht abweicht, sind die Wurzelwörter
einsilbige, aus einem Consonanten mit einem Vocal oder aus
einem Consonanten im Auslaute mit einem meistens kurzen Vocal
und mit einem Consonanten im Auslaute gebildete Wörter, also:
[fremdsprachliches Material], geh-en; [fremdsprachliches Material], stoß-en; [fremdsprachliches Material], lauf-en. Alle Wurzelwörter
sind Verba. Die Wurzelverba der deutschen Sprache werden an
ihren Ablauten erkannt, z. B.: [fremdsprachliches Material], Band; [fremdsprachliches Material], gebunden;
[fremdsprachliches Material], brechen; [fremdsprachliches Material], brach; [fremdsprachliches Material], gebrochen. Aus den Wurzeln
werden durch eine Veränderung des Wurzelvocals die Stämme
gebildet. Diese Veränderung des Wurzelvocals, welche auch in
der Flexion der Wurzelverba stattfindet, wird in der Ableitung
wie in der Flexion die Ablautung und der veränderte Wurzelvocal
der Ablaut genannt, z. B.: die Wurzel [fremdsprachliches Material], bind-en ([fremdsprachliches Material], Band,
[fremdsprachliches Material], gebunden) hat die Stämme [fremdsprachliches Material], Band, [fremdsprachliches Material], Bund; die
Wurzel [fremdsprachliches Material], schließ-en, die Stämme [fremdsprachliches Material], Schluß, [fremdsprachliches Material], Schloß.
Alle Stämme sind entweder Substantiva oder Adjectiva. Letztere,
Substantiva und Adjectiva, werden also durch Ablautung von den
Wurzeln gebildet.

Diese Regeln der deutschen Sprache erleiden aber in den aus
dem Hebräischen in das Deutsche übersiedelten Wörtern eine
eigenthümliche Modification. Jn den semitischen Sprachen herrscht
die charakteristische Eigenthümlichkeit, daß die Stammwörter bei
weitem der Mehrzahl nach aus drei Consonanten bestehen, an
denen die logische Bedeutung wesentlich haftet, während die wech-
selnden Vocale zum Ausdruck der verschiedenen Modificationen des
logischen Begriffs dienen, z. B.: [fremdsprachliches Material], malach, er hat geherrscht;
[fremdsprachliches Material], melech, der König; [fremdsprachliches Material], zadak, er war gerecht; [fremdsprachliches Material],
zedek, die Gerechtigkeit; [fremdsprachliches Material], zadik, der Gerechte. Von einer
Ablautung ist hierbei nicht die Rede, sondern es findet hier ein
wirklicher Vocalwechsel statt. 1) Findet man dessenungeachtet in
der jüdischdeutschen Sprache eine mannichfache Ablautung in den

1) Man wird darüber am klarsten, wenn man sich die drei Stammconso-
nanten vocallos und unaussprechbar denkt, aus denen sich die Verbal- und No-
minalstämme durch Zusatz, beziehungsweise Vocalveränderung entwickeln. Vgl.
Rödiger, "Hebräische Grammatik" (achtzehnte Auflage), S. 74.

deutſcher Wörter durchaus nicht abweicht, ſind die Wurzelwörter
einſilbige, aus einem Conſonanten mit einem Vocal oder aus
einem Conſonanten im Auslaute mit einem meiſtens kurzen Vocal
und mit einem Conſonanten im Auslaute gebildete Wörter, alſo:
[fremdsprachliches Material], geh-en; [fremdsprachliches Material], ſtoß-en; [fremdsprachliches Material], lauf-en. Alle Wurzelwörter
ſind Verba. Die Wurzelverba der deutſchen Sprache werden an
ihren Ablauten erkannt, z. B.: [fremdsprachliches Material], Band; [fremdsprachliches Material], gebunden;
[fremdsprachliches Material], brechen; [fremdsprachliches Material], brach; [fremdsprachliches Material], gebrochen. Aus den Wurzeln
werden durch eine Veränderung des Wurzelvocals die Stämme
gebildet. Dieſe Veränderung des Wurzelvocals, welche auch in
der Flexion der Wurzelverba ſtattfindet, wird in der Ableitung
wie in der Flexion die Ablautung und der veränderte Wurzelvocal
der Ablaut genannt, z. B.: die Wurzel [fremdsprachliches Material], bind-en ([fremdsprachliches Material], Band,
[fremdsprachliches Material], gebunden) hat die Stämme [fremdsprachliches Material], Band, [fremdsprachliches Material], Bund; die
Wurzel [fremdsprachliches Material], ſchließ-en, die Stämme [fremdsprachliches Material], Schluß, [fremdsprachliches Material], Schloß.
Alle Stämme ſind entweder Subſtantiva oder Adjectiva. Letztere,
Subſtantiva und Adjectiva, werden alſo durch Ablautung von den
Wurzeln gebildet.

Dieſe Regeln der deutſchen Sprache erleiden aber in den aus
dem Hebräiſchen in das Deutſche überſiedelten Wörtern eine
eigenthümliche Modification. Jn den ſemitiſchen Sprachen herrſcht
die charakteriſtiſche Eigenthümlichkeit, daß die Stammwörter bei
weitem der Mehrzahl nach aus drei Conſonanten beſtehen, an
denen die logiſche Bedeutung weſentlich haftet, während die wech-
ſelnden Vocale zum Ausdruck der verſchiedenen Modificationen des
logiſchen Begriffs dienen, z. B.: [fremdsprachliches Material], malach, er hat geherrſcht;
[fremdsprachliches Material], melech, der König; [fremdsprachliches Material], zadak, er war gerecht; [fremdsprachliches Material],
zedek, die Gerechtigkeit; [fremdsprachliches Material], zadik, der Gerechte. Von einer
Ablautung iſt hierbei nicht die Rede, ſondern es findet hier ein
wirklicher Vocalwechſel ſtatt. 1) Findet man deſſenungeachtet in
der jüdiſchdeutſchen Sprache eine mannichfache Ablautung in den

1) Man wird darüber am klarſten, wenn man ſich die drei Stammconſo-
nanten vocallos und unausſprechbar denkt, aus denen ſich die Verbal- und No-
minalſtämme durch Zuſatz, beziehungsweiſe Vocalveränderung entwickeln. Vgl.
Rödiger, „Hebräiſche Grammatik“ (achtzehnte Auflage), S. 74.
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[357/0391] deutſcher Wörter durchaus nicht abweicht, ſind die Wurzelwörter einſilbige, aus einem Conſonanten mit einem Vocal oder aus einem Conſonanten im Auslaute mit einem meiſtens kurzen Vocal und mit einem Conſonanten im Auslaute gebildete Wörter, alſo: _ , geh-en; _ , ſtoß-en; _ , lauf-en. Alle Wurzelwörter ſind Verba. Die Wurzelverba der deutſchen Sprache werden an ihren Ablauten erkannt, z. B.: _ , Band; _ , gebunden; _ , brechen; _ , brach; _ , gebrochen. Aus den Wurzeln werden durch eine Veränderung des Wurzelvocals die Stämme gebildet. Dieſe Veränderung des Wurzelvocals, welche auch in der Flexion der Wurzelverba ſtattfindet, wird in der Ableitung wie in der Flexion die Ablautung und der veränderte Wurzelvocal der Ablaut genannt, z. B.: die Wurzel _ , bind-en (_ , Band, _ , gebunden) hat die Stämme _ , Band, _ , Bund; die Wurzel _ , ſchließ-en, die Stämme _ , Schluß, _ , Schloß. Alle Stämme ſind entweder Subſtantiva oder Adjectiva. Letztere, Subſtantiva und Adjectiva, werden alſo durch Ablautung von den Wurzeln gebildet. Dieſe Regeln der deutſchen Sprache erleiden aber in den aus dem Hebräiſchen in das Deutſche überſiedelten Wörtern eine eigenthümliche Modification. Jn den ſemitiſchen Sprachen herrſcht die charakteriſtiſche Eigenthümlichkeit, daß die Stammwörter bei weitem der Mehrzahl nach aus drei Conſonanten beſtehen, an denen die logiſche Bedeutung weſentlich haftet, während die wech- ſelnden Vocale zum Ausdruck der verſchiedenen Modificationen des logiſchen Begriffs dienen, z. B.: _ , malach, er hat geherrſcht; _ , melech, der König; _ , zadak, er war gerecht; _ , zedek, die Gerechtigkeit; _ , zadik, der Gerechte. Von einer Ablautung iſt hierbei nicht die Rede, ſondern es findet hier ein wirklicher Vocalwechſel ſtatt. 1) Findet man deſſenungeachtet in der jüdiſchdeutſchen Sprache eine mannichfache Ablautung in den 1) Man wird darüber am klarſten, wenn man ſich die drei Stammconſo- nanten vocallos und unausſprechbar denkt, aus denen ſich die Verbal- und No- minalſtämme durch Zuſatz, beziehungsweiſe Vocalveränderung entwickeln. Vgl. Rödiger, „Hebräiſche Grammatik“ (achtzehnte Auflage), S. 74.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/391>, abgerufen am 22.11.2024.