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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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Heumann zum Fehler anzurechnen ist als dem Schreiber des
Ebener'schen Manuscripts. Der Liber Vagatorum scheint das
"Gilen" auch schon nicht mehr richtig verstanden zu haben und
führt im Vocabular nur Giel, Mund, auf, welches auch die
Dekk'sche wie die Humm'sche Rotwelsche Grammatik in der Ueber-
schrift des ersten Theils ("ja ein dart vff sein giel") und im Vo-
cabular mit der gleichen Bedeutung munt angibt. Die Schrei-
bung Giel kommt jedoch so wenig wie die Bedeutung "Mund"
im Rathsmandat vor; der Jnhalt des Mandats muß daher die
Ueberschrift mit den "Gilen" deutlich machen. Das Gilen ist aber
schwerlich etwas anderes als das mhd. gil, gel, gilb (lat. gilvus,
auch gilbus, gelblich, fahl, falb, und helvus, röthlich, gelb), gelb,
fahl, schmuzfarbig, wovon gilbe oder gilwe, welches im Raths-
mandat unter der ersten Rubrik Grautener, am Schluß bei den
Schweigern vorkommt und welches vom Liber Vagatorum und
der Rotwelschen Grammatik als "Gelsucht" (I, 178), vom Bedeler
orden als "de gelen socht" (I, 199) übersetzt wird. Man vgl.
Schwenck, a. a. O., S. 217, 14; Schmeller, a. a. O., II, 31,
und das "Schwäbische Wörterbuch" von v. Schmid, S. 230, un-
ter Giel, wo die als unverständlich angeführte Stelle aus Her-
mann von Sachsenheim:
Der Knecht der ab dem Kalb da fiel,
Der mocht wohl sein ein thöricht Giel
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nach vorstehender Deutung erklärlich werden mag.

Das mhd. gil, gel, scheint auch noch mit dem hebräischen
[fremdsprachliches Material], gaal, beflecken, besudeln, in verwandtschaftlicher Beziehung
zu stehen; davon [fremdsprachliches Material], goal, Abscheu, Ekel. Jnteressant ist bei
Zunz. 1), S. 438, Note 6, das Citat aus Rabbi Meir Rothenburg

Baiern, für liegen bleiben, in Wochen liegen gebraucht wird. Schmel-
ler, II, 456. Doch mag Heumann das wol schwerlich im Auge gehabt haben.
Mit der letzten Bedeutung des ligen stimmt auch überein das noch sehr ge-
bräuchliche nd. leeg, schlimm, krank, böse, falsch, niedrig, flach. Richey,
a. a. O., S. 150, leitet dies leeg nach dem Vocabularius Theutonista (s. das.
S. 445, Col. 2, 24) von Lack, Gebrechen, Mangel, ab.
1) "Die gottesdienstlichen Vorträge der Juden" (Berlin 1832). Ueber
dies treffliche Werk wird noch mehr gesprochen werden.
2 *

Heumann zum Fehler anzurechnen iſt als dem Schreiber des
Ebener’ſchen Manuſcripts. Der Liber Vagatorum ſcheint das
„Gilen“ auch ſchon nicht mehr richtig verſtanden zu haben und
führt im Vocabular nur Giel, Mund, auf, welches auch die
Dekk’ſche wie die Humm’ſche Rotwelſche Grammatik in der Ueber-
ſchrift des erſten Theils („ja ein dart vff ſein giel“) und im Vo-
cabular mit der gleichen Bedeutung munt angibt. Die Schrei-
bung Giel kommt jedoch ſo wenig wie die Bedeutung „Mund“
im Rathsmandat vor; der Jnhalt des Mandats muß daher die
Ueberſchrift mit den „Gilen“ deutlich machen. Das Gilen iſt aber
ſchwerlich etwas anderes als das mhd. gil, gel, gilb (lat. gilvus,
auch gilbus, gelblich, fahl, falb, und helvus, röthlich, gelb), gelb,
fahl, ſchmuzfarbig, wovon gilbe oder gilwe, welches im Raths-
mandat unter der erſten Rubrik Grautener, am Schluß bei den
Schweigern vorkommt und welches vom Liber Vagatorum und
der Rotwelſchen Grammatik als „Gelſucht“ (I, 178), vom Bedeler
orden als „de gelen ſocht“ (I, 199) überſetzt wird. Man vgl.
Schwenck, a. a. O., S. 217, 14; Schmeller, a. a. O., II, 31,
und das „Schwäbiſche Wörterbuch“ von v. Schmid, S. 230, un-
ter Giel, wo die als unverſtändlich angeführte Stelle aus Her-
mann von Sachſenheim:
Der Knecht der ab dem Kalb da fiel,
Der mocht wohl sein ein thöricht Giel

nach vorſtehender Deutung erklärlich werden mag.

Das mhd. gil, gel, ſcheint auch noch mit dem hebräiſchen
[fremdsprachliches Material], gaal, beflecken, beſudeln, in verwandtſchaftlicher Beziehung
zu ſtehen; davon [fremdsprachliches Material], goal, Abſcheu, Ekel. Jntereſſant iſt bei
Zunz. 1), S. 438, Note 6, das Citat aus Rabbi Meir Rothenburg

Baiern, für liegen bleiben, in Wochen liegen gebraucht wird. Schmel-
ler, II, 456. Doch mag Heumann das wol ſchwerlich im Auge gehabt haben.
Mit der letzten Bedeutung des ligen ſtimmt auch überein das noch ſehr ge-
bräuchliche nd. leeg, ſchlimm, krank, böſe, falſch, niedrig, flach. Richey,
a. a. O., S. 150, leitet dies leeg nach dem Vocabularius Theutoniſta (ſ. daſ.
S. 445, Col. 2, 24) von Lack, Gebrechen, Mangel, ab.
1) „Die gottesdienſtlichen Vorträge der Juden“ (Berlin 1832). Ueber
dies treffliche Werk wird noch mehr geſprochen werden.
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[19/0053] Heumann zum Fehler anzurechnen iſt als dem Schreiber des Ebener’ſchen Manuſcripts. Der Liber Vagatorum ſcheint das „Gilen“ auch ſchon nicht mehr richtig verſtanden zu haben und führt im Vocabular nur Giel, Mund, auf, welches auch die Dekk’ſche wie die Humm’ſche Rotwelſche Grammatik in der Ueber- ſchrift des erſten Theils („ja ein dart vff ſein giel“) und im Vo- cabular mit der gleichen Bedeutung munt angibt. Die Schrei- bung Giel kommt jedoch ſo wenig wie die Bedeutung „Mund“ im Rathsmandat vor; der Jnhalt des Mandats muß daher die Ueberſchrift mit den „Gilen“ deutlich machen. Das Gilen iſt aber ſchwerlich etwas anderes als das mhd. gil, gel, gilb (lat. gilvus, auch gilbus, gelblich, fahl, falb, und helvus, röthlich, gelb), gelb, fahl, ſchmuzfarbig, wovon gilbe oder gilwe, welches im Raths- mandat unter der erſten Rubrik Grautener, am Schluß bei den Schweigern vorkommt und welches vom Liber Vagatorum und der Rotwelſchen Grammatik als „Gelſucht“ (I, 178), vom Bedeler orden als „de gelen ſocht“ (I, 199) überſetzt wird. Man vgl. Schwenck, a. a. O., S. 217, 14; Schmeller, a. a. O., II, 31, und das „Schwäbiſche Wörterbuch“ von v. Schmid, S. 230, un- ter Giel, wo die als unverſtändlich angeführte Stelle aus Her- mann von Sachſenheim: Der Knecht der ab dem Kalb da fiel, Der mocht wohl sein ein thöricht Giel — nach vorſtehender Deutung erklärlich werden mag. Das mhd. gil, gel, ſcheint auch noch mit dem hebräiſchen _ , gaal, beflecken, beſudeln, in verwandtſchaftlicher Beziehung zu ſtehen; davon _ , goal, Abſcheu, Ekel. Jntereſſant iſt bei Zunz. 1), S. 438, Note 6, das Citat aus Rabbi Meir Rothenburg 3) 1) „Die gottesdienſtlichen Vorträge der Juden“ (Berlin 1832). Ueber dies treffliche Werk wird noch mehr geſprochen werden. 3) Baiern, für liegen bleiben, in Wochen liegen gebraucht wird. Schmel- ler, II, 456. Doch mag Heumann das wol ſchwerlich im Auge gehabt haben. Mit der letzten Bedeutung des ligen ſtimmt auch überein das noch ſehr ge- bräuchliche nd. leeg, ſchlimm, krank, böſe, falſch, niedrig, flach. Richey, a. a. O., S. 150, leitet dies leeg nach dem Vocabularius Theutoniſta (ſ. daſ. S. 445, Col. 2, 24) von Lack, Gebrechen, Mangel, ab. 2 *

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/53>, abgerufen am 22.11.2024.