Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

iartaman exarx' anapissonai satra,
sowie V. 104:
su l[fremdsprachliches Material]psi khruso, khaunoprokt' Iaonau,
ein gräuliches persicirendes Griechisch herausklingt. 1) Mit diesem
Mischmasch wollte der schelmische Aristophanes offenbar die Person
eines bei den Athenern zur Zeit beglaubigten fremden (persischen)
Gesandten persifliren, indem er rasch und kurz mit diesen zwei
Versen eine Figur über die Bühne schreiten ließ, von welcher die
lachenden Athener recht wohl wußten, wer damit gemeint sei.
Der Hieb auf diese Person fällt ja um so schwerer, als unmittel-
bar darauf (V. 115--122) vom Dikaiopolis die Entdeckung ge-
macht wird, daß unter der Begleitung dieser Caricatur (Pseudar-
tabas) die beiden verkleideten Athener Kleisthenes und Straton,
übel berufene Subjecte, sich befinden.

Jn ähnlicher Weise führt Plautus im fünften Act seines
"Poenulus" das Punische ein, von welchem übrigens F. Hitzig
in Zürich eine ganz herrliche, tüchtige Erklärung 2) gegeben hat.
So klar und verständlich nach Hitzig's Kritik und Erläuterung in
der ersten Scene das Punische in Hanno's Munde ist, so über-
aus komisch ist das von Plautus dem unkundigen Sklaven
Milphir in den Mund gegebene falsche Verständniß punischer
Brocken und deren Wiedergabe nach lateinischer Assonanz. Diese
carikirten Vorführungen exotischer Sprachformen, welche an sich
für die heimische Sprache gar nicht möglich waren und selbst vom
populärsten Dichter nicht gewagt werden durften, wenn sie nicht
schon dem Volke durch längern Verkehr kenntlich und verständlich
geworden waren, zeigen gerade durch den Ort, durch den Zweck

1) Vgl. die Glosse von S Bergler in seiner Ausgabe des Aristophanes
(Leiden 1760), S. 474: Jocatur quasi Persice loquens, und zu V. 104:
Clarius hoc dicit, sed barbarizans: ou lepsei khruson, khaunoprokte Ion,
ou. Non accipies aurum, o effoeminate Ion, non. Iones proprie Athe-
nienses dicuntur et
Iaones per dialectum quamdam.
2) F. G. Welcker und F. Ritschl, "Rheinisches Museum für Philologie",
Jahrg. 10, S. 77--109. Vgl. noch daselbst Wex im Jahrg. 9, S. 312 fg.
und Jahrg. 12, S. 627 fg. über denselben Gegenstand.

ἰαρταμὰν ἐξαρξ᾽ ἀναπισσόναι σάτρα,
ſowie V. 104:
σὐ λ[fremdsprachliches Material]ψι χρῦσο, χαυνόπρωκτ᾽ Ἰαοναῦ,
ein gräuliches perſicirendes Griechiſch herausklingt. 1) Mit dieſem
Miſchmaſch wollte der ſchelmiſche Ariſtophanes offenbar die Perſon
eines bei den Athenern zur Zeit beglaubigten fremden (perſiſchen)
Geſandten perſifliren, indem er raſch und kurz mit dieſen zwei
Verſen eine Figur über die Bühne ſchreiten ließ, von welcher die
lachenden Athener recht wohl wußten, wer damit gemeint ſei.
Der Hieb auf dieſe Perſon fällt ja um ſo ſchwerer, als unmittel-
bar darauf (V. 115—122) vom Dikaiopolis die Entdeckung ge-
macht wird, daß unter der Begleitung dieſer Caricatur (Pſeudar-
tabas) die beiden verkleideten Athener Kleiſthenes und Straton,
übel berufene Subjecte, ſich befinden.

Jn ähnlicher Weiſe führt Plautus im fünften Act ſeines
„Poenulus“ das Puniſche ein, von welchem übrigens F. Hitzig
in Zürich eine ganz herrliche, tüchtige Erklärung 2) gegeben hat.
So klar und verſtändlich nach Hitzig’s Kritik und Erläuterung in
der erſten Scene das Puniſche in Hanno’s Munde iſt, ſo über-
aus komiſch iſt das von Plautus dem unkundigen Sklaven
Milphir in den Mund gegebene falſche Verſtändniß puniſcher
Brocken und deren Wiedergabe nach lateiniſcher Aſſonanz. Dieſe
carikirten Vorführungen exotiſcher Sprachformen, welche an ſich
für die heimiſche Sprache gar nicht möglich waren und ſelbſt vom
populärſten Dichter nicht gewagt werden durften, wenn ſie nicht
ſchon dem Volke durch längern Verkehr kenntlich und verſtändlich
geworden waren, zeigen gerade durch den Ort, durch den Zweck

1) Vgl. die Gloſſe von S Bergler in ſeiner Ausgabe des Ariſtophanes
(Leiden 1760), S. 474: Jocatur quasi Persice loquens, und zu V. 104:
Clarius hoc dicit, sed barbarizans: οὐ λήψει χρύσον, χαυνόπρωκτε Ἴον,
ὄυ. Non accipies aurum, o effoeminate Ion, non. Iones proprie Athe-
nienses dicuntur et
Ἰάονες per dialectum quamdam.
2) F. G. Welcker und F. Ritſchl, „Rheiniſches Muſeum für Philologie“,
Jahrg. 10, S. 77—109. Vgl. noch daſelbſt Wex im Jahrg. 9, S. 312 fg.
und Jahrg. 12, S. 627 fg. über denſelben Gegenſtand.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0093" n="59"/>
              <p><hi rendition="#et">&#x1F30;&#x03B1;&#x03C1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BC;&#x1F70;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BE;&#x03B1;&#x03C1;&#x03BE;&#x1FBD; &#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;&#x03C0;&#x03B9;&#x03C3;&#x03C3;&#x03CC;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C3;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C1;&#x03B1;,</hi><lb/>
&#x017F;owie V. 104:<lb/><hi rendition="#et">&#x03C3;&#x1F50; &#x03BB;<gap reason="fm"/>&#x03C8;&#x03B9; &#x03C7;&#x03C1;&#x1FE6;&#x03C3;&#x03BF;, &#x03C7;&#x03B1;&#x03C5;&#x03BD;&#x03CC;&#x03C0;&#x03C1;&#x03C9;&#x03BA;&#x03C4;&#x1FBD; &#x1F38;&#x03B1;&#x03BF;&#x03BD;&#x03B1;&#x1FE6;,</hi><lb/>
ein gräuliches per&#x017F;icirendes Griechi&#x017F;ch herausklingt. <note place="foot" n="1)">Vgl. die Glo&#x017F;&#x017F;e von S Bergler in &#x017F;einer Ausgabe des Ari&#x017F;tophanes<lb/>
(Leiden 1760), S. 474: <hi rendition="#aq">Jocatur quasi Persice loquens,</hi> und zu V. 104:<lb/><hi rendition="#aq">Clarius hoc dicit, sed barbarizans:</hi> &#x03BF;&#x1F50; &#x03BB;&#x03AE;&#x03C8;&#x03B5;&#x03B9; &#x03C7;&#x03C1;&#x03CD;&#x03C3;&#x03BF;&#x03BD;, &#x03C7;&#x03B1;&#x03C5;&#x03BD;&#x03CC;&#x03C0;&#x03C1;&#x03C9;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B5; &#x1F3C;&#x03BF;&#x03BD;,<lb/>
&#x1F44;&#x03C5;. <hi rendition="#aq">Non accipies aurum, o effoeminate Ion, non. Iones proprie Athe-<lb/>
nienses dicuntur et</hi> &#x1F38;&#x03AC;&#x03BF;&#x03BD;&#x03B5;&#x03C2; <hi rendition="#aq">per dialectum quamdam.</hi></note> Mit die&#x017F;em<lb/>
Mi&#x017F;chma&#x017F;ch wollte der &#x017F;chelmi&#x017F;che Ari&#x017F;tophanes offenbar die Per&#x017F;on<lb/>
eines bei den Athenern zur Zeit beglaubigten fremden (per&#x017F;i&#x017F;chen)<lb/>
Ge&#x017F;andten per&#x017F;ifliren, indem er ra&#x017F;ch und kurz mit die&#x017F;en zwei<lb/>
Ver&#x017F;en eine Figur über die Bühne &#x017F;chreiten ließ, von welcher die<lb/>
lachenden Athener recht wohl wußten, wer damit gemeint &#x017F;ei.<lb/>
Der Hieb auf die&#x017F;e Per&#x017F;on fällt ja um &#x017F;o &#x017F;chwerer, als unmittel-<lb/>
bar darauf (V. 115&#x2014;122) vom Dikaiopolis die Entdeckung ge-<lb/>
macht wird, daß unter der Begleitung die&#x017F;er Caricatur (P&#x017F;eudar-<lb/>
tabas) die beiden verkleideten Athener Klei&#x017F;thenes und Straton,<lb/>
übel berufene Subjecte, &#x017F;ich befinden.</p><lb/>
              <p>Jn ähnlicher Wei&#x017F;e führt Plautus im fünften Act &#x017F;eines<lb/>
&#x201E;Poenulus&#x201C; das <hi rendition="#g">Puni&#x017F;che</hi> ein, von welchem übrigens F. Hitzig<lb/>
in Zürich eine ganz herrliche, tüchtige Erklärung <note place="foot" n="2)">F. G. Welcker und F. Rit&#x017F;chl, &#x201E;Rheini&#x017F;ches Mu&#x017F;eum für Philologie&#x201C;,<lb/>
Jahrg. 10, S. 77&#x2014;109. Vgl. noch da&#x017F;elb&#x017F;t Wex im Jahrg. 9, S. 312 fg.<lb/>
und Jahrg. 12, S. 627 fg. über den&#x017F;elben Gegen&#x017F;tand.</note> gegeben hat.<lb/>
So klar und ver&#x017F;tändlich nach Hitzig&#x2019;s Kritik und Erläuterung in<lb/>
der er&#x017F;ten Scene das Puni&#x017F;che in Hanno&#x2019;s Munde i&#x017F;t, &#x017F;o über-<lb/>
aus komi&#x017F;ch i&#x017F;t das von Plautus dem unkundigen Sklaven<lb/>
Milphir in den Mund gegebene fal&#x017F;che Ver&#x017F;tändniß puni&#x017F;cher<lb/>
Brocken und deren Wiedergabe nach lateini&#x017F;cher A&#x017F;&#x017F;onanz. Die&#x017F;e<lb/>
carikirten Vorführungen exoti&#x017F;cher Sprachformen, welche an &#x017F;ich<lb/>
für die heimi&#x017F;che Sprache gar nicht möglich waren und &#x017F;elb&#x017F;t vom<lb/>
populär&#x017F;ten Dichter nicht gewagt werden durften, wenn &#x017F;ie nicht<lb/>
&#x017F;chon dem Volke durch längern Verkehr kenntlich und ver&#x017F;tändlich<lb/>
geworden waren, zeigen gerade durch den Ort, durch den Zweck<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0093] ἰαρταμὰν ἐξαρξ᾽ ἀναπισσόναι σάτρα, ſowie V. 104: σὐ λ_ ψι χρῦσο, χαυνόπρωκτ᾽ Ἰαοναῦ, ein gräuliches perſicirendes Griechiſch herausklingt. 1) Mit dieſem Miſchmaſch wollte der ſchelmiſche Ariſtophanes offenbar die Perſon eines bei den Athenern zur Zeit beglaubigten fremden (perſiſchen) Geſandten perſifliren, indem er raſch und kurz mit dieſen zwei Verſen eine Figur über die Bühne ſchreiten ließ, von welcher die lachenden Athener recht wohl wußten, wer damit gemeint ſei. Der Hieb auf dieſe Perſon fällt ja um ſo ſchwerer, als unmittel- bar darauf (V. 115—122) vom Dikaiopolis die Entdeckung ge- macht wird, daß unter der Begleitung dieſer Caricatur (Pſeudar- tabas) die beiden verkleideten Athener Kleiſthenes und Straton, übel berufene Subjecte, ſich befinden. Jn ähnlicher Weiſe führt Plautus im fünften Act ſeines „Poenulus“ das Puniſche ein, von welchem übrigens F. Hitzig in Zürich eine ganz herrliche, tüchtige Erklärung 2) gegeben hat. So klar und verſtändlich nach Hitzig’s Kritik und Erläuterung in der erſten Scene das Puniſche in Hanno’s Munde iſt, ſo über- aus komiſch iſt das von Plautus dem unkundigen Sklaven Milphir in den Mund gegebene falſche Verſtändniß puniſcher Brocken und deren Wiedergabe nach lateiniſcher Aſſonanz. Dieſe carikirten Vorführungen exotiſcher Sprachformen, welche an ſich für die heimiſche Sprache gar nicht möglich waren und ſelbſt vom populärſten Dichter nicht gewagt werden durften, wenn ſie nicht ſchon dem Volke durch längern Verkehr kenntlich und verſtändlich geworden waren, zeigen gerade durch den Ort, durch den Zweck 1) Vgl. die Gloſſe von S Bergler in ſeiner Ausgabe des Ariſtophanes (Leiden 1760), S. 474: Jocatur quasi Persice loquens, und zu V. 104: Clarius hoc dicit, sed barbarizans: οὐ λήψει χρύσον, χαυνόπρωκτε Ἴον, ὄυ. Non accipies aurum, o effoeminate Ion, non. Iones proprie Athe- nienses dicuntur et Ἰάονες per dialectum quamdam. 2) F. G. Welcker und F. Ritſchl, „Rheiniſches Muſeum für Philologie“, Jahrg. 10, S. 77—109. Vgl. noch daſelbſt Wex im Jahrg. 9, S. 312 fg. und Jahrg. 12, S. 627 fg. über denſelben Gegenſtand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/93
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/93>, abgerufen am 23.11.2024.