würdigsten sei hier hervorgehoben, es ist [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], garad, phonetisch belebte Abbreviatur von Geränderte Adumim (Dukaten), also voll- wichtige Dukaten. Höchst wahrscheinlich wird unser deutsches Karat (12 Gran Gold oder 4 Gran Edelstein) daraus entstanden sein. Adelung, II, 1500, führt unter Karat an, daß die ursprüngliche Schreibung "Garat" gewesen und "daß die Abstammung ungewiß sei" Da auch noch jetzt vollwichtige, geränderte Dukaten zur Gewichtsbestimmung des Goldes dienen, so scheint die hier ver- suchte Ableitung mehr Wahrscheinlichkeit zu haben als die bei Schwenck unter Karat gegebene vom griechischen keration, Hörn- chen, der ähnlich gestalteten Frucht des Johannisbrotbaums, welche auch als Gewicht diente.
Die kabbalistische Gematria, sowol die figurative wie die arithmetische, feiert gänzlich in der deutschen Gaunersprache, da beide im engsten Zusammenhang mit der Zahlengeltung der hebräi- schen Buchstaben stehen. Die von der deutschen Gaunerspxache aufgenommenen Benennungen der deutschen Spielkarten (vgl. Th. II, S. 277 und 278) von sechs bis zehn sind durchaus nur corrumpirte hebräische Zahlbuchstaben mit deutscher Endung. Das bei Thiele angeführte Achtundzwanziger (gewaltsamer Einbruch, Raub) ist die dürre Uebersetzung von Koffchess, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] krumme Koph und [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] Chess, wobei doch wol [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] als Abbreviatur von Chassne, Chassune, Hochzeit, wilder, toller Lärm, das [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] aber vielleicht als Krummkopf (krumme Koph, vgl. Th. II, S. 125), Brecheisen, aufzufassen ist. Bei diesen sporadischen Beispielen ist allerdings eine Hindeutung auf die arithmetische Gematria zu erkennen, jedoch in keiner Weise ein deutsch-gaunersprachliches System. Recht deut- lich sieht man aber hier, daß die Gaunersprache die hebräischen Zahlbuchstaben nur darum adoptirte, um auch in dem Zahlen- ausdruck ein Geheimniß zu haben.
Wie nun die Gaunersprache in der phonetischen Belebung jüdischdeutscher Abbreviaturen viel weiter gegangen ist als die ge- wöhnliche jüdischdeutsche Umgangssprache, um eine Menge neuer dem Laien unverständlicher Wörter zu dem vorhandenen Wort- reichthum zu bilden, so hat sie ganz besonders die jüdischdeutsche
würdigſten ſei hier hervorgehoben, es iſt [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], garad, phonetiſch belebte Abbreviatur von Geränderte Adumim (Dukaten), alſo voll- wichtige Dukaten. Höchſt wahrſcheinlich wird unſer deutſches Karat (12 Gran Gold oder 4 Gran Edelſtein) daraus entſtanden ſein. Adelung, II, 1500, führt unter Karat an, daß die urſprüngliche Schreibung „Garat“ geweſen und „daß die Abſtammung ungewiß ſei“ Da auch noch jetzt vollwichtige, geränderte Dukaten zur Gewichtsbeſtimmung des Goldes dienen, ſo ſcheint die hier ver- ſuchte Ableitung mehr Wahrſcheinlichkeit zu haben als die bei Schwenck unter Karat gegebene vom griechiſchen κεράτιον, Hörn- chen, der ähnlich geſtalteten Frucht des Johannisbrotbaums, welche auch als Gewicht diente.
Die kabbaliſtiſche Gematria, ſowol die figurative wie die arithmetiſche, feiert gänzlich in der deutſchen Gaunerſprache, da beide im engſten Zuſammenhang mit der Zahlengeltung der hebräi- ſchen Buchſtaben ſtehen. Die von der deutſchen Gaunerſpxache aufgenommenen Benennungen der deutſchen Spielkarten (vgl. Th. II, S. 277 und 278) von ſechs bis zehn ſind durchaus nur corrumpirte hebräiſche Zahlbuchſtaben mit deutſcher Endung. Das bei Thiele angeführte Achtundzwanziger (gewaltſamer Einbruch, Raub) iſt die dürre Ueberſetzung von Koffcheſſ, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] krumme Koph und [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] Cheſſ, wobei doch wol [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] als Abbreviatur von Chaſſne, Chaſſune, Hochzeit, wilder, toller Lärm, das [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] aber vielleicht als Krummkopf (krumme Koph, vgl. Th. II, S. 125), Brecheiſen, aufzufaſſen iſt. Bei dieſen ſporadiſchen Beiſpielen iſt allerdings eine Hindeutung auf die arithmetiſche Gematria zu erkennen, jedoch in keiner Weiſe ein deutſch-gaunerſprachliches Syſtem. Recht deut- lich ſieht man aber hier, daß die Gaunerſprache die hebräiſchen Zahlbuchſtaben nur darum adoptirte, um auch in dem Zahlen- ausdruck ein Geheimniß zu haben.
Wie nun die Gaunerſprache in der phonetiſchen Belebung jüdiſchdeutſcher Abbreviaturen viel weiter gegangen iſt als die ge- wöhnliche jüdiſchdeutſche Umgangsſprache, um eine Menge neuer dem Laien unverſtändlicher Wörter zu dem vorhandenen Wort- reichthum zu bilden, ſo hat ſie ganz beſonders die jüdiſchdeutſche
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(12 Gran Gold oder 4 Gran Edelſtein) daraus entſtanden ſein.
Adelung, II, 1500, führt unter Karat an, daß die urſprüngliche
Schreibung „Garat“ geweſen und „daß die Abſtammung ungewiß
ſei“ Da auch noch jetzt vollwichtige, geränderte Dukaten zur
Gewichtsbeſtimmung des Goldes dienen, ſo ſcheint die hier ver-
ſuchte Ableitung mehr Wahrſcheinlichkeit zu haben als die bei
Schwenck unter Karat gegebene vom griechiſchen κεράτιον, Hörn-
chen, der ähnlich geſtalteten Frucht des Johannisbrotbaums, welche
auch als Gewicht diente.
Die kabbaliſtiſche Gematria, ſowol die figurative wie die
arithmetiſche, feiert gänzlich in der deutſchen Gaunerſprache, da
beide im engſten Zuſammenhang mit der Zahlengeltung der hebräi-
ſchen Buchſtaben ſtehen. Die von der deutſchen Gaunerſpxache
aufgenommenen Benennungen der deutſchen Spielkarten (vgl.
Th. II, S. 277 und 278) von ſechs bis zehn ſind durchaus nur
corrumpirte hebräiſche Zahlbuchſtaben mit deutſcher Endung. Das
bei Thiele angeführte Achtundzwanziger (gewaltſamer Einbruch,
Raub) iſt die dürre Ueberſetzung von Koffcheſſ, _ krumme Koph
und _ Cheſſ, wobei doch wol _ als Abbreviatur von Chaſſne,
Chaſſune, Hochzeit, wilder, toller Lärm, das _ aber vielleicht als
Krummkopf (krumme Koph, vgl. Th. II, S. 125), Brecheiſen,
aufzufaſſen iſt. Bei dieſen ſporadiſchen Beiſpielen iſt allerdings
eine Hindeutung auf die arithmetiſche Gematria zu erkennen, jedoch
in keiner Weiſe ein deutſch-gaunerſprachliches Syſtem. Recht deut-
lich ſieht man aber hier, daß die Gaunerſprache die hebräiſchen
Zahlbuchſtaben nur darum adoptirte, um auch in dem Zahlen-
ausdruck ein Geheimniß zu haben.
Wie nun die Gaunerſprache in der phonetiſchen Belebung
jüdiſchdeutſcher Abbreviaturen viel weiter gegangen iſt als die ge-
wöhnliche jüdiſchdeutſche Umgangsſprache, um eine Menge neuer
dem Laien unverſtändlicher Wörter zu dem vorhandenen Wort-
reichthum zu bilden, ſo hat ſie ganz beſonders die jüdiſchdeutſche
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/314>, abgerufen am 24.11.2024.
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