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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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Fünftes Kapitel.
b) Die chiffrirte Polizeischrift.

Die Verschiedenartigkeit der zu bezeichnenden Personen und
Verhältnisse machte die Anwendung gedruckter oder in Kupfer ge-
stochener Kartenblankets umständlich und schwierig, wenn auch
solche in allgemeinen Umrissen möglich waren. Der schwierigste
Uebelstand war, daß für jeden Agenten ein eigener Zeichner noth-
wendig und somit die Wissenschaft Dritter unvermeidlich wurde.
Vergennes nahm daher seine Zuflucht zu einer andern unverdäch-
tigern Methode, bei welcher alles Decorative beseitigt und das
Nöthige blos durch Chiffern ausgedrückt wurde, wodurch die
Schrift viel unverfänglicher erschien, ohne auch nur ein Minimum
von dem dadurch bezweckten Verrathe einzubüßen. Die Methode
war einfach folgende:

Die Statur wird durch ein N ausgedrückt, welches wie die
Abbreviatur von Numero oben in die linke Ecke des Billets ge-
setzt wird. Ein großes N bedeutet groß, ein kleineres n mittel-
groß,
n klein, und n drückt die Unbekanntschaft mit der
Größe der Person aus.

Jst der Jnhaber der Karte verheirathet, so werden durch
das N zwei horizontale Striche gezogen. Bei Unverheiratheten
bleiben die Striche weg.

Weiß man nicht, ob der Jnhaber verheirathet ist, so wird
hinter das N ein o gesetzt, also No. Die Vermuthung der Ver-
heirathung wird gleichfalls durch No. ausgedrückt, bei welchem
jedoch das N mit zwei horizontalen Strichen durchzogen ist.

Das Tragen einer Perrüke wird durch das Zeichen [irrelevantes Material - Zeichen fehlt]
unter dem N angezeigt. Das eigene Haar wird durch das Zei-
chen [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] unter dem N angedeutet. Steht das N ohne eins
dieser beiden Zeichen, so weiß der Aussteller nichts Bestimmtes
über das Haar zu sagen.

Die Landsmannschaft wird durch Zahlen 1 bis 40 nach
der im vorigen Kapitel aufgeführten Ordnung bezeichnet. Von 10

Fünftes Kapitel.
b) Die chiffrirte Polizeiſchrift.

Die Verſchiedenartigkeit der zu bezeichnenden Perſonen und
Verhältniſſe machte die Anwendung gedruckter oder in Kupfer ge-
ſtochener Kartenblankets umſtändlich und ſchwierig, wenn auch
ſolche in allgemeinen Umriſſen möglich waren. Der ſchwierigſte
Uebelſtand war, daß für jeden Agenten ein eigener Zeichner noth-
wendig und ſomit die Wiſſenſchaft Dritter unvermeidlich wurde.
Vergennes nahm daher ſeine Zuflucht zu einer andern unverdäch-
tigern Methode, bei welcher alles Decorative beſeitigt und das
Nöthige blos durch Chiffern ausgedrückt wurde, wodurch die
Schrift viel unverfänglicher erſchien, ohne auch nur ein Minimum
von dem dadurch bezweckten Verrathe einzubüßen. Die Methode
war einfach folgende:

Die Statur wird durch ein N ausgedrückt, welches wie die
Abbreviatur von Numero oben in die linke Ecke des Billets ge-
ſetzt wird. Ein großes N bedeutet groß, ein kleineres n mittel-
groß,
n klein, und n drückt die Unbekanntſchaft mit der
Größe der Perſon aus.

Jſt der Jnhaber der Karte verheirathet, ſo werden durch
das N zwei horizontale Striche gezogen. Bei Unverheiratheten
bleiben die Striche weg.

Weiß man nicht, ob der Jnhaber verheirathet iſt, ſo wird
hinter das N ein o geſetzt, alſo No. Die Vermuthung der Ver-
heirathung wird gleichfalls durch No. ausgedrückt, bei welchem
jedoch das N mit zwei horizontalen Strichen durchzogen iſt.

Das Tragen einer Perrüke wird durch das Zeichen [irrelevantes Material – Zeichen fehlt]
unter dem N angezeigt. Das eigene Haar wird durch das Zei-
chen [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] unter dem N angedeutet. Steht das N ohne eins
dieſer beiden Zeichen, ſo weiß der Ausſteller nichts Beſtimmtes
über das Haar zu ſagen.

Die Landsmannſchaft wird durch Zahlen 1 bis 40 nach
der im vorigen Kapitel aufgeführten Ordnung bezeichnet. Von 10

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[28/0040] Fünftes Kapitel. b) Die chiffrirte Polizeiſchrift. Die Verſchiedenartigkeit der zu bezeichnenden Perſonen und Verhältniſſe machte die Anwendung gedruckter oder in Kupfer ge- ſtochener Kartenblankets umſtändlich und ſchwierig, wenn auch ſolche in allgemeinen Umriſſen möglich waren. Der ſchwierigſte Uebelſtand war, daß für jeden Agenten ein eigener Zeichner noth- wendig und ſomit die Wiſſenſchaft Dritter unvermeidlich wurde. Vergennes nahm daher ſeine Zuflucht zu einer andern unverdäch- tigern Methode, bei welcher alles Decorative beſeitigt und das Nöthige blos durch Chiffern ausgedrückt wurde, wodurch die Schrift viel unverfänglicher erſchien, ohne auch nur ein Minimum von dem dadurch bezweckten Verrathe einzubüßen. Die Methode war einfach folgende: Die Statur wird durch ein N ausgedrückt, welches wie die Abbreviatur von Numero oben in die linke Ecke des Billets ge- ſetzt wird. Ein großes N bedeutet groß, ein kleineres n mittel- groß, n klein, und n drückt die Unbekanntſchaft mit der Größe der Perſon aus. Jſt der Jnhaber der Karte verheirathet, ſo werden durch das N zwei horizontale Striche gezogen. Bei Unverheiratheten bleiben die Striche weg. Weiß man nicht, ob der Jnhaber verheirathet iſt, ſo wird hinter das N ein o geſetzt, alſo No. Die Vermuthung der Ver- heirathung wird gleichfalls durch No. ausgedrückt, bei welchem jedoch das N mit zwei horizontalen Strichen durchzogen iſt. Das Tragen einer Perrüke wird durch das Zeichen _ unter dem N angezeigt. Das eigene Haar wird durch das Zei- chen _ unter dem N angedeutet. Steht das N ohne eins dieſer beiden Zeichen, ſo weiß der Ausſteller nichts Beſtimmtes über das Haar zu ſagen. Die Landsmannſchaft wird durch Zahlen 1 bis 40 nach der im vorigen Kapitel aufgeführten Ordnung bezeichnet. Von 10

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/40>, abgerufen am 21.11.2024.