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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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druck dieses Wort enthält, so läßt sich annehmen, daß die tragi-
sche Begebenheit etwa gegen das Ende der ersten Hälfte des vori-
gen Jahrhunderts sich ereignet hat.

Diese geschichtliche Kritik hat daher stets den Vorzug vor der
grammatischen Wortuntersuchung. Für das Judendeutsch führt
Tendlau, a. a. O., eine Menge solcher allgemein gewordener
Redensarten an, die auf besondere Personen und Ereignisse zurück-
zubeziehen sind, wie überhaupt das Volk es liebt, bekannte und
populäre Persönlichkeiten, vom Minister bis zum Schauspieler, als
Typus eines bestimmten Begriffs nach irgendeiner Gewohnheit,
Eigenthümlichkeit oder Aehnlichkeit oder auch dem bloßen Namen
nach aufzufassen und als appellativen Begriff aufzustellen, worin
die englische Gaunersprache gewiß am meisten sich auszeichnet.



Neuntes Kapitel.
b) Dithmar von Meckebach.

Wie groß auch immer bei der Durchforschung der deutschen
Geschichte, besonders bei der Betrachtung alter Sprach- und Bau-
denkmäler, die Sehnsucht des Culturhistorikers nach der eigensten
Volkssprache der Deutschen sein mag, deren Geschichte in so
gewaltigen Zügen hervortritt, so vergebens bleibt die Forschung
nach den feinern Zügen in Leben und Sprache. Ueberall, wo vom
Volk und seinem tiefinnersten Leben die Rede ist, findet man über
den deutschen Zügen die römische Sprache wie eine trübe, dichte
Glasur haften, mit welcher die Gewalt des Klerus alle feinern
Lineamente und Ornamente überzog und verdunkelte. Erst nach-
dem Jahrhunderte lang die lebendige deutsche Sprache in über-
mäßiger Stagnation von der unnatürlichen Gewalt der fremden
klerikalen Sprache zurückgehalten war, durchbrach die Volkssprache
in wunderbarer Mächtigkeit die unnatürlichen Dämme und brauste
mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus in Weite und Breite, überall
befruchtend, erquickend, belebend und das Volk zum hellen Be-

druck dieſes Wort enthält, ſo läßt ſich annehmen, daß die tragi-
ſche Begebenheit etwa gegen das Ende der erſten Hälfte des vori-
gen Jahrhunderts ſich ereignet hat.

Dieſe geſchichtliche Kritik hat daher ſtets den Vorzug vor der
grammatiſchen Wortunterſuchung. Für das Judendeutſch führt
Tendlau, a. a. O., eine Menge ſolcher allgemein gewordener
Redensarten an, die auf beſondere Perſonen und Ereigniſſe zurück-
zubeziehen ſind, wie überhaupt das Volk es liebt, bekannte und
populäre Perſönlichkeiten, vom Miniſter bis zum Schauſpieler, als
Typus eines beſtimmten Begriffs nach irgendeiner Gewohnheit,
Eigenthümlichkeit oder Aehnlichkeit oder auch dem bloßen Namen
nach aufzufaſſen und als appellativen Begriff aufzuſtellen, worin
die engliſche Gaunerſprache gewiß am meiſten ſich auszeichnet.



Neuntes Kapitel.
b) Dithmar von Meckebach.

Wie groß auch immer bei der Durchforſchung der deutſchen
Geſchichte, beſonders bei der Betrachtung alter Sprach- und Bau-
denkmäler, die Sehnſucht des Culturhiſtorikers nach der eigenſten
Volksſprache der Deutſchen ſein mag, deren Geſchichte in ſo
gewaltigen Zügen hervortritt, ſo vergebens bleibt die Forſchung
nach den feinern Zügen in Leben und Sprache. Ueberall, wo vom
Volk und ſeinem tiefinnerſten Leben die Rede iſt, findet man über
den deutſchen Zügen die römiſche Sprache wie eine trübe, dichte
Glaſur haften, mit welcher die Gewalt des Klerus alle feinern
Lineamente und Ornamente überzog und verdunkelte. Erſt nach-
dem Jahrhunderte lang die lebendige deutſche Sprache in über-
mäßiger Stagnation von der unnatürlichen Gewalt der fremden
klerikalen Sprache zurückgehalten war, durchbrach die Volksſprache
in wunderbarer Mächtigkeit die unnatürlichen Dämme und brauſte
mit unwiderſtehlicher Gewalt hinaus in Weite und Breite, überall
befruchtend, erquickend, belebend und das Volk zum hellen Be-

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[54/0066] druck dieſes Wort enthält, ſo läßt ſich annehmen, daß die tragi- ſche Begebenheit etwa gegen das Ende der erſten Hälfte des vori- gen Jahrhunderts ſich ereignet hat. Dieſe geſchichtliche Kritik hat daher ſtets den Vorzug vor der grammatiſchen Wortunterſuchung. Für das Judendeutſch führt Tendlau, a. a. O., eine Menge ſolcher allgemein gewordener Redensarten an, die auf beſondere Perſonen und Ereigniſſe zurück- zubeziehen ſind, wie überhaupt das Volk es liebt, bekannte und populäre Perſönlichkeiten, vom Miniſter bis zum Schauſpieler, als Typus eines beſtimmten Begriffs nach irgendeiner Gewohnheit, Eigenthümlichkeit oder Aehnlichkeit oder auch dem bloßen Namen nach aufzufaſſen und als appellativen Begriff aufzuſtellen, worin die engliſche Gaunerſprache gewiß am meiſten ſich auszeichnet. Neuntes Kapitel. b) Dithmar von Meckebach. Wie groß auch immer bei der Durchforſchung der deutſchen Geſchichte, beſonders bei der Betrachtung alter Sprach- und Bau- denkmäler, die Sehnſucht des Culturhiſtorikers nach der eigenſten Volksſprache der Deutſchen ſein mag, deren Geſchichte in ſo gewaltigen Zügen hervortritt, ſo vergebens bleibt die Forſchung nach den feinern Zügen in Leben und Sprache. Ueberall, wo vom Volk und ſeinem tiefinnerſten Leben die Rede iſt, findet man über den deutſchen Zügen die römiſche Sprache wie eine trübe, dichte Glaſur haften, mit welcher die Gewalt des Klerus alle feinern Lineamente und Ornamente überzog und verdunkelte. Erſt nach- dem Jahrhunderte lang die lebendige deutſche Sprache in über- mäßiger Stagnation von der unnatürlichen Gewalt der fremden klerikalen Sprache zurückgehalten war, durchbrach die Volksſprache in wunderbarer Mächtigkeit die unnatürlichen Dämme und brauſte mit unwiderſtehlicher Gewalt hinaus in Weite und Breite, überall befruchtend, erquickend, belebend und das Volk zum hellen Be-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/66>, abgerufen am 21.11.2024.