begann, welche erst nach dem fast zweihundertjährigen Kampfe der Polizei mit dem Gaunerthum, im 19. Jahrhundert, mit des treff- lichen von Grolman Wörterbuch abgeschlossen, seitdem aber ver- möge der gehaltlosen Nachschreiberei unwissender und unberufener Vocabularisten in argen Verfall gerathen ist, sowie jeglicher gründ- lichen Bearbeitung entbehrt, obschon 1845 Pott, "Zigeuner", I, 1--43, dazu die trefflichste Anregung und Anleitung gegeben hat.
Auch bei politischen oder sonstigen auffälligen Ereignissen hat das alle Begebenheiten, Ereignisse und Personen schnell und scharf ins Auge fassende Gaunerthum seine Rechnung gemacht und viel- fach solche Beziehungen mit einem besondern Gaunerausdruck auf- gefaßt, wie z. B. in der ältesten Aufzeichnung des Kanzlers Dith- mar von Meckebach die Tumeherren (Falschmünzer) gar nicht zu verstehen sind, wenn man nicht den Blick auf den Proceß wider die Domherren des 14. Jahrhunderts wirft, in welchem diese als Falschmünzer figuriren. Solche Ausdrücke kann man nicht selten auf ganz bestimmte Personen und Begebnisse zurückführen. So findet sich das Wort Fleischmann, mit der zuerst von der Rot- welschen Grammatik von 1755 gegebenen jüdischdeutschen Ueber- setzung: "Boser-Jsch, Fleischmann, der die Diebe auf obrigkeit- lichen Befehl verfolget und auszukundschaften suchet." Nach der logischen Bedeutung des correct aus [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], bosor, Fleisch, und [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], isch, Mann, construirten Boser-Jsch kann man leicht sich veran- laßt fühlen, an die specifischen Wortbestandtheile der Composition mit ihrer allgemeinen logischen Bedeutung sich zu halten, um das auch noch in der heutigen Gaunersprache (Bossertisch, Posser- tisch, Boserisch, Poserisch u. s. w. als Bezeichnung für Auf- fänger, Hatschier, Polizei- oder Gerichtsdiener) übliche Wort zu erklären. Doch belehrt uns das Wörterverzeichniß von St.-Geor- gen am See (vgl. Kap. 24), daß Fleischmann der Eigenname eines Offiziers war, welcher die Gegend von Frankfurt und Darm- stadt fleißig nach Räubergesindel durchsuchte und zuletzt von Räu- bern überfallen und grausam ums Leben gebracht wurde. Da das an substantivischen Personenbezeichnungen sehr reiche "Wald- heimer Lexikon" weder im deutschen noch im jüdischdeutschen Aus-
begann, welche erſt nach dem faſt zweihundertjährigen Kampfe der Polizei mit dem Gaunerthum, im 19. Jahrhundert, mit des treff- lichen von Grolman Wörterbuch abgeſchloſſen, ſeitdem aber ver- möge der gehaltloſen Nachſchreiberei unwiſſender und unberufener Vocabulariſten in argen Verfall gerathen iſt, ſowie jeglicher gründ- lichen Bearbeitung entbehrt, obſchon 1845 Pott, „Zigeuner“, I, 1—43, dazu die trefflichſte Anregung und Anleitung gegeben hat.
Auch bei politiſchen oder ſonſtigen auffälligen Ereigniſſen hat das alle Begebenheiten, Ereigniſſe und Perſonen ſchnell und ſcharf ins Auge faſſende Gaunerthum ſeine Rechnung gemacht und viel- fach ſolche Beziehungen mit einem beſondern Gaunerausdruck auf- gefaßt, wie z. B. in der älteſten Aufzeichnung des Kanzlers Dith- mar von Meckebach die Tumeherren (Falſchmünzer) gar nicht zu verſtehen ſind, wenn man nicht den Blick auf den Proceß wider die Domherren des 14. Jahrhunderts wirft, in welchem dieſe als Falſchmünzer figuriren. Solche Ausdrücke kann man nicht ſelten auf ganz beſtimmte Perſonen und Begebniſſe zurückführen. So findet ſich das Wort Fleiſchmann, mit der zuerſt von der Rot- welſchen Grammatik von 1755 gegebenen jüdiſchdeutſchen Ueber- ſetzung: „Boſer-Jſch, Fleiſchmann, der die Diebe auf obrigkeit- lichen Befehl verfolget und auszukundſchaften ſuchet.“ Nach der logiſchen Bedeutung des correct aus [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], bosor, Fleiſch, und [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], isch, Mann, conſtruirten Boſer-Jſch kann man leicht ſich veran- laßt fühlen, an die ſpecifiſchen Wortbeſtandtheile der Compoſition mit ihrer allgemeinen logiſchen Bedeutung ſich zu halten, um das auch noch in der heutigen Gaunerſprache (Boſſertiſch, Poſſer- tiſch, Boſeriſch, Poſeriſch u. ſ. w. als Bezeichnung für Auf- fänger, Hatſchier, Polizei- oder Gerichtsdiener) übliche Wort zu erklären. Doch belehrt uns das Wörterverzeichniß von St.-Geor- gen am See (vgl. Kap. 24), daß Fleiſchmann der Eigenname eines Offiziers war, welcher die Gegend von Frankfurt und Darm- ſtadt fleißig nach Räubergeſindel durchſuchte und zuletzt von Räu- bern überfallen und grauſam ums Leben gebracht wurde. Da das an ſubſtantiviſchen Perſonenbezeichnungen ſehr reiche „Wald- heimer Lexikon“ weder im deutſchen noch im jüdiſchdeutſchen Aus-
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begann, welche erſt nach dem faſt zweihundertjährigen Kampfe der
Polizei mit dem Gaunerthum, im 19. Jahrhundert, mit des treff-
lichen von Grolman Wörterbuch abgeſchloſſen, ſeitdem aber ver-
möge der gehaltloſen Nachſchreiberei unwiſſender und unberufener
Vocabulariſten in argen Verfall gerathen iſt, ſowie jeglicher gründ-
lichen Bearbeitung entbehrt, obſchon 1845 Pott, „Zigeuner“, I,
1—43, dazu die trefflichſte Anregung und Anleitung gegeben hat.
Auch bei politiſchen oder ſonſtigen auffälligen Ereigniſſen hat
das alle Begebenheiten, Ereigniſſe und Perſonen ſchnell und ſcharf
ins Auge faſſende Gaunerthum ſeine Rechnung gemacht und viel-
fach ſolche Beziehungen mit einem beſondern Gaunerausdruck auf-
gefaßt, wie z. B. in der älteſten Aufzeichnung des Kanzlers Dith-
mar von Meckebach die Tumeherren (Falſchmünzer) gar nicht
zu verſtehen ſind, wenn man nicht den Blick auf den Proceß wider
die Domherren des 14. Jahrhunderts wirft, in welchem dieſe als
Falſchmünzer figuriren. Solche Ausdrücke kann man nicht ſelten
auf ganz beſtimmte Perſonen und Begebniſſe zurückführen. So
findet ſich das Wort Fleiſchmann, mit der zuerſt von der Rot-
welſchen Grammatik von 1755 gegebenen jüdiſchdeutſchen Ueber-
ſetzung: „Boſer-Jſch, Fleiſchmann, der die Diebe auf obrigkeit-
lichen Befehl verfolget und auszukundſchaften ſuchet.“ Nach der
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isch, Mann, conſtruirten Boſer-Jſch kann man leicht ſich veran-
laßt fühlen, an die ſpecifiſchen Wortbeſtandtheile der Compoſition
mit ihrer allgemeinen logiſchen Bedeutung ſich zu halten, um das
auch noch in der heutigen Gaunerſprache (Boſſertiſch, Poſſer-
tiſch, Boſeriſch, Poſeriſch u. ſ. w. als Bezeichnung für Auf-
fänger, Hatſchier, Polizei- oder Gerichtsdiener) übliche Wort zu
erklären. Doch belehrt uns das Wörterverzeichniß von St.-Geor-
gen am See (vgl. Kap. 24), daß Fleiſchmann der Eigenname
eines Offiziers war, welcher die Gegend von Frankfurt und Darm-
ſtadt fleißig nach Räubergeſindel durchſuchte und zuletzt von Räu-
bern überfallen und grauſam ums Leben gebracht wurde. Da
das an ſubſtantiviſchen Perſonenbezeichnungen ſehr reiche „Wald-
heimer Lexikon“ weder im deutſchen noch im jüdiſchdeutſchen Aus-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/65>, abgerufen am 21.11.2024.
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