Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.protestantischen Geistlichkeit des 17. Jahrhunderts gelten kann. Aehnlich machte es der allerdings ernstere Herausgeber des 1) Der mir bei Herausgabe des ersten Theils noch unbekannte und nur
nach Hoffmann von Fallersleben erwähnte Expertus in Truphis (Th. I, S. 157, Nr. 14) ist mir inzwischen durch die Güte des Hrn. Dr. R. Köhler, Biblio- proteſtantiſchen Geiſtlichkeit des 17. Jahrhunderts gelten kann. Aehnlich machte es der allerdings ernſtere Herausgeber des 1) Der mir bei Herausgabe des erſten Theils noch unbekannte und nur
nach Hoffmann von Fallersleben erwähnte Expertus in Truphis (Th. I, S. 157, Nr. 14) iſt mir inzwiſchen durch die Güte des Hrn. Dr. R. Köhler, Biblio- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0097" n="85"/> proteſtantiſchen Geiſtlichkeit des 17. Jahrhunderts gelten kann.<lb/> Offenbar wußte der wackere geiſtliche Herr von der Gaunerei und<lb/> ihrer Linguiſtik mehr, als er vielleicht ſeines Summars oder<lb/> Superintendenten wegen zu ſagen wagte. Er beſchränkte ſich auf<lb/> ſeine kurzen kauſtiſchen Parentheſen und überſetzte als neue Zuthat<lb/> mit großer Behaglichkeit und Derbheit des Ausdrucks die Ptocho-<lb/> logie des Erasmus von Rotterdam, um zwei lateiniſch redende<lb/> Spitzbuben deutſch populär zu machen, deckte ſich den Rücken<lb/> durch den ſonderbaren auffälligen bibelfeſten Auslauf des Gauner-<lb/> geſprächs und ſalvirte ſeine theologiſche Würde vollſtändig durch<lb/> den Wiederabdruck der Luther’ſchen Vorrede zum <hi rendition="#aq">Liber Vagato-<lb/> rum,</hi> ſodaß ſelbſt der ſchlechte Witz auf dem Titelblatt ihm hin-<lb/> gehen kann: „Mit Begnadigung des Betler-Königs auff zwölff<lb/> Jahr nicht nachzudrucken“.</p><lb/> <p>Aehnlich machte es der allerdings ernſtere Herausgeber des<lb/><hi rendition="#aq">Expertus in Truphis</hi> <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="1)">Der mir bei Herausgabe des erſten Theils noch unbekannte und nur<lb/> nach Hoffmann von Fallersleben erwähnte <hi rendition="#aq">Expertus in Truphis</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I</hi>, S. 157,<lb/> Nr. 14) iſt mir inzwiſchen durch die Güte des Hrn. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> R. Köhler, Biblio-</note> (1668). Er bezieht ſich S. 8 auf den<lb/> leipziger Superintendenten Nik. Selneccer, welcher in ſeiner Aus-<lb/> gabe des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> (1580) „jezuweilen auch darzu ge-<lb/> than hat“, und gibt nun auch kleine parentheſirte Erläuterungen<lb/> und Zuſätze und ſogar im Vocabular (S. 66—78) hier und da<lb/> zu den einzelnen Vocabeln die lateiniſche Ueberſetzung oder hebräi-<lb/> ſche Wortwurzel mit lateiniſchen Lettern. Jhm genügen aber dieſe<lb/> kurzen Zuthaten nicht; er gibt noch in funfzehn verſchiedenen „Hi-<lb/> ſtorien“ die allerdings unbedeutende Erzählung einzelner Betrü-<lb/> gereien aus alten und neuen Schriftſtellern hinzu, ſchließt mit der<lb/> Anführung der in den „Augsburger Reichsabſchieden von 1500,<lb/> 1530 und 1548 wider Bettler und Müſſigganger“ erlaſſenen Ver-<lb/> ordnungen und endigt S. 160 mit der<lb/><hi rendition="#c">Summa:<lb/> Ein ieder lern ſein Lection,<lb/> So wird es wohl im Hauſe ſtohn.<lb/><hi rendition="#aq">Omnia ad aedificationem.</hi></hi></p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0097]
proteſtantiſchen Geiſtlichkeit des 17. Jahrhunderts gelten kann.
Offenbar wußte der wackere geiſtliche Herr von der Gaunerei und
ihrer Linguiſtik mehr, als er vielleicht ſeines Summars oder
Superintendenten wegen zu ſagen wagte. Er beſchränkte ſich auf
ſeine kurzen kauſtiſchen Parentheſen und überſetzte als neue Zuthat
mit großer Behaglichkeit und Derbheit des Ausdrucks die Ptocho-
logie des Erasmus von Rotterdam, um zwei lateiniſch redende
Spitzbuben deutſch populär zu machen, deckte ſich den Rücken
durch den ſonderbaren auffälligen bibelfeſten Auslauf des Gauner-
geſprächs und ſalvirte ſeine theologiſche Würde vollſtändig durch
den Wiederabdruck der Luther’ſchen Vorrede zum Liber Vagato-
rum, ſodaß ſelbſt der ſchlechte Witz auf dem Titelblatt ihm hin-
gehen kann: „Mit Begnadigung des Betler-Königs auff zwölff
Jahr nicht nachzudrucken“.
Aehnlich machte es der allerdings ernſtere Herausgeber des
Expertus in Truphis 1) (1668). Er bezieht ſich S. 8 auf den
leipziger Superintendenten Nik. Selneccer, welcher in ſeiner Aus-
gabe des Liber Vagatorum (1580) „jezuweilen auch darzu ge-
than hat“, und gibt nun auch kleine parentheſirte Erläuterungen
und Zuſätze und ſogar im Vocabular (S. 66—78) hier und da
zu den einzelnen Vocabeln die lateiniſche Ueberſetzung oder hebräi-
ſche Wortwurzel mit lateiniſchen Lettern. Jhm genügen aber dieſe
kurzen Zuthaten nicht; er gibt noch in funfzehn verſchiedenen „Hi-
ſtorien“ die allerdings unbedeutende Erzählung einzelner Betrü-
gereien aus alten und neuen Schriftſtellern hinzu, ſchließt mit der
Anführung der in den „Augsburger Reichsabſchieden von 1500,
1530 und 1548 wider Bettler und Müſſigganger“ erlaſſenen Ver-
ordnungen und endigt S. 160 mit der
Summa:
Ein ieder lern ſein Lection,
So wird es wohl im Hauſe ſtohn.
Omnia ad aedificationem.
1) Der mir bei Herausgabe des erſten Theils noch unbekannte und nur
nach Hoffmann von Fallersleben erwähnte Expertus in Truphis (Th. I, S. 157,
Nr. 14) iſt mir inzwiſchen durch die Güte des Hrn. Dr. R. Köhler, Biblio-
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