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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Das erste Hauptstück.
der unendlichen Verschiedenheit der Applicaturen, dennoch wenige
gute Haupt-Regeln hinlänglich sind, alle vorkommende Aufga-
ben aufzulösen; zweytens, daß durch eine fleißige Uebung der
Gebrauch der Finger endlich so mechanisch wird und werden muß,
daß man, ohne sich weiter darum zu bekümmern, in den Stand
gesetzet wird, mit aller Freyheit an den Ausdruck wichtigerer
Sachen zu dencken.

§. 16.

Man muß bey dem Spielen beständig auf die Folge
sehen, indem diese oft Ursache ist, daß wir andere als die gewöhn-
lichen Finger nehmen müssen.

§. 17.

Die entgegene Lage der Finger an beyden Händen
verbindet mich die Exempel über besondere Vorfälle, in zweyerley
Bewegung anzuführen, um solche beyden Händen aus der Ursa-
che, warum es hingesetzet worden ist, brauchbar zu machen. Dem
ohngeacht habe ich die Exempel von einiger Erheblichkeit für beyde
Hände beziffert, damit man zugleich solche mit beyden Händen
üben könne. Man kan nicht zu viel Gelegenheit geben, diese schon
oben in der Einleitung angepriesene Art von Uebung im Ein-
klange anzuwenden. Jeder vorgezeichnete Schlüssel deutet an, für
welche Hand die Ziffern gehören; stehen über, und unter den No-
ten zugleich Ziffern, so gehen allezeit, es sey was vor ein Schlüs-
sel vorstehe, die obersten die rechte, und die untersten die lincke
Hand an.

§. 18.

Nach diesen in der Natur gegründeten Vorschriften
werde ich nunmehro zu der Lehre der Applicatur selbst schreiten.
Jch werde sie auch auf die Natur gründen, weil diese Finger-
Ordnung blos die beste ist, welche nicht mit unnöthigem Zwang
und Spannungen vergesellschaftet ist.

§. 19.

Die Gestalt unserer Hände und des Griffbrets bil-
det uns gleichsam den Gebrauch der Finger ab. Jene giebt uns

zu

Das erſte Hauptſtuͤck.
der unendlichen Verſchiedenheit der Applicaturen, dennoch wenige
gute Haupt-Regeln hinlaͤnglich ſind, alle vorkommende Aufga-
ben aufzuloͤſen; zweytens, daß durch eine fleißige Uebung der
Gebrauch der Finger endlich ſo mechaniſch wird und werden muß,
daß man, ohne ſich weiter darum zu bekuͤmmern, in den Stand
geſetzet wird, mit aller Freyheit an den Ausdruck wichtigerer
Sachen zu dencken.

§. 16.

Man muß bey dem Spielen beſtaͤndig auf die Folge
ſehen, indem dieſe oft Urſache iſt, daß wir andere als die gewoͤhn-
lichen Finger nehmen muͤſſen.

§. 17.

Die entgegene Lage der Finger an beyden Haͤnden
verbindet mich die Exempel uͤber beſondere Vorfaͤlle, in zweyerley
Bewegung anzufuͤhren, um ſolche beyden Haͤnden aus der Urſa-
che, warum es hingeſetzet worden iſt, brauchbar zu machen. Dem
ohngeacht habe ich die Exempel von einiger Erheblichkeit fuͤr beyde
Haͤnde beziffert, damit man zugleich ſolche mit beyden Haͤnden
uͤben koͤnne. Man kan nicht zu viel Gelegenheit geben, dieſe ſchon
oben in der Einleitung angeprieſene Art von Uebung im Ein-
klange anzuwenden. Jeder vorgezeichnete Schluͤſſel deutet an, fuͤr
welche Hand die Ziffern gehoͤren; ſtehen uͤber, und unter den No-
ten zugleich Ziffern, ſo gehen allezeit, es ſey was vor ein Schluͤſ-
ſel vorſtehe, die oberſten die rechte, und die unterſten die lincke
Hand an.

§. 18.

Nach dieſen in der Natur gegruͤndeten Vorſchriften
werde ich nunmehro zu der Lehre der Applicatur ſelbſt ſchreiten.
Jch werde ſie auch auf die Natur gruͤnden, weil dieſe Finger-
Ordnung blos die beſte iſt, welche nicht mit unnoͤthigem Zwang
und Spannungen vergeſellſchaftet iſt.

§. 19.

Die Geſtalt unſerer Haͤnde und des Griffbrets bil-
det uns gleichſam den Gebrauch der Finger ab. Jene giebt uns

zu
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[18/0026] Das erſte Hauptſtuͤck. der unendlichen Verſchiedenheit der Applicaturen, dennoch wenige gute Haupt-Regeln hinlaͤnglich ſind, alle vorkommende Aufga- ben aufzuloͤſen; zweytens, daß durch eine fleißige Uebung der Gebrauch der Finger endlich ſo mechaniſch wird und werden muß, daß man, ohne ſich weiter darum zu bekuͤmmern, in den Stand geſetzet wird, mit aller Freyheit an den Ausdruck wichtigerer Sachen zu dencken. §. 16. Man muß bey dem Spielen beſtaͤndig auf die Folge ſehen, indem dieſe oft Urſache iſt, daß wir andere als die gewoͤhn- lichen Finger nehmen muͤſſen. §. 17. Die entgegene Lage der Finger an beyden Haͤnden verbindet mich die Exempel uͤber beſondere Vorfaͤlle, in zweyerley Bewegung anzufuͤhren, um ſolche beyden Haͤnden aus der Urſa- che, warum es hingeſetzet worden iſt, brauchbar zu machen. Dem ohngeacht habe ich die Exempel von einiger Erheblichkeit fuͤr beyde Haͤnde beziffert, damit man zugleich ſolche mit beyden Haͤnden uͤben koͤnne. Man kan nicht zu viel Gelegenheit geben, dieſe ſchon oben in der Einleitung angeprieſene Art von Uebung im Ein- klange anzuwenden. Jeder vorgezeichnete Schluͤſſel deutet an, fuͤr welche Hand die Ziffern gehoͤren; ſtehen uͤber, und unter den No- ten zugleich Ziffern, ſo gehen allezeit, es ſey was vor ein Schluͤſ- ſel vorſtehe, die oberſten die rechte, und die unterſten die lincke Hand an. §. 18. Nach dieſen in der Natur gegruͤndeten Vorſchriften werde ich nunmehro zu der Lehre der Applicatur ſelbſt ſchreiten. Jch werde ſie auch auf die Natur gruͤnden, weil dieſe Finger- Ordnung blos die beſte iſt, welche nicht mit unnoͤthigem Zwang und Spannungen vergeſellſchaftet iſt. §. 19. Die Geſtalt unſerer Haͤnde und des Griffbrets bil- det uns gleichſam den Gebrauch der Finger ab. Jene giebt uns zu

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/26>, abgerufen am 23.11.2024.