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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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der Wirbelsäule. Dieser Stamm hat aber eben sowohl Beziehung zur obern,
als zur untern Hälfte des Körpers der Wirbelthiere. Zweitens würden die
beiden Platten, aus welchen die gegliederten Thiere sich bilden, nach dieser
Benennung Visceralplatten genannt werden müssen. Die Thiere sind aber
wohl nicht blos Bäuche. Ueberdiess hatte ich die frühere Benennung auch
schon in Druckschriften gebraucht. So ist sie denn auch hier beibehalten,
da die obere und untere Fläche der Thiere nicht nur im gemeinen Sprach-
gebrauche, sondern auch in der zoologischen Kunstsprache Rücken- und Bauch-
fläche (venter, gastraeum) benannt werden. Wenn in gegliederten Thieren nicht
für beide Flächen besondere Plattenpaare auftreten, so wird es am passendsten
seyn, das einfache Paar Seitenplatten zu nennen, besonders da die Centrallinie die-
ser Platten mehr in der Bedeutung der Centrallinie der Bauchplatten der Wirbel-
thiere, die Schlusslinie in der Bedeutung der Schlusslinie der Rückenplatten der-
selben steht, (worüber ich auf das 4te Corollarium zu Schol. V. verweise,) ohne
jedoch vollständige Uebereinstimmung zu haben. Hiervon suche ich den Grund
in dem Schema der Entwickelung selbst, welches in den Wirbelthieren den Pri-
mitivstreifen, den Inbegriff aller Centrallinien, in die Mitte stellt, in den geglie-
derten Thieren ihn aber an der einen Fläche lässt, welche die untere wird. --
Dieselben Gründe, die mich bestimmt haben, das Wort Rückenplatten beizu-
behalten, mussten mir aber auch die Benennung Rückensaite als unpassend er-
scheinen lassen, da dieser Theil zwischen Rücken und Bauch in der Mitte liegt.
Ich habe ihn in dem zweiten Abschnitte dieses Buches Wirbel- oder Spinalsaite
genannt, konnte aber die Umänderung in der bereits zum Drucke beförderten
Entwickelungsgeschichte selbst nicht mehr anbringen. Die Veränderung ist in-
dessen so einfach, dass Missverständnisse dadurch nicht zu fürchten sind.

Diesen ausführlichen Bericht über die erste Abhandlung der vorliegenden
kleinen Sammlung, glaubte ich mehr mir selbst als dem Publicum schuldig zu
seyn, um den neuen Abdruck zu rechtfertigen. Die Erzählung der Entwickelung

der Wirbelsäule. Dieser Stamm hat aber eben sowohl Beziehung zur obern,
als zur untern Hälfte des Körpers der Wirbelthiere. Zweitens würden die
beiden Platten, aus welchen die gegliederten Thiere sich bilden, nach dieser
Benennung Visceralplatten genannt werden müssen. Die Thiere sind aber
wohl nicht blos Bäuche. Ueberdieſs hatte ich die frühere Benennung auch
schon in Druckschriften gebraucht. So ist sie denn auch hier beibehalten,
da die obere und untere Fläche der Thiere nicht nur im gemeinen Sprach-
gebrauche, sondern auch in der zoologischen Kunstsprache Rücken- und Bauch-
fläche (venter, gastraeum) benannt werden. Wenn in gegliederten Thieren nicht
für beide Flächen besondere Plattenpaare auftreten, so wird es am passendsten
seyn, das einfache Paar Seitenplatten zu nennen, besonders da die Centrallinie die-
ser Platten mehr in der Bedeutung der Centrallinie der Bauchplatten der Wirbel-
thiere, die Schluſslinie in der Bedeutung der Schluſslinie der Rückenplatten der-
selben steht, (worüber ich auf das 4te Corollarium zu Schol. V. verweise,) ohne
jedoch vollständige Uebereinstimmung zu haben. Hiervon suche ich den Grund
in dem Schema der Entwickelung selbst, welches in den Wirbelthieren den Pri-
mitivstreifen, den Inbegriff aller Centrallinien, in die Mitte stellt, in den geglie-
derten Thieren ihn aber an der einen Fläche läſst, welche die untere wird. —
Dieselben Gründe, die mich bestimmt haben, das Wort Rückenplatten beizu-
behalten, muſsten mir aber auch die Benennung Rückensaite als unpassend er-
scheinen lassen, da dieser Theil zwischen Rücken und Bauch in der Mitte liegt.
Ich habe ihn in dem zweiten Abschnitte dieses Buches Wirbel- oder Spinalsaite
genannt, konnte aber die Umänderung in der bereits zum Drucke beförderten
Entwickelungsgeschichte selbst nicht mehr anbringen. Die Veränderung ist in-
dessen so einfach, daſs Miſsverständnisse dadurch nicht zu fürchten sind.

Diesen ausführlichen Bericht über die erste Abhandlung der vorliegenden
kleinen Sammlung, glaubte ich mehr mir selbst als dem Publicum schuldig zu
seyn, um den neuen Abdruck zu rechtfertigen. Die Erzählung der Entwickelung

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[XIII/0019] der Wirbelsäule. Dieser Stamm hat aber eben sowohl Beziehung zur obern, als zur untern Hälfte des Körpers der Wirbelthiere. Zweitens würden die beiden Platten, aus welchen die gegliederten Thiere sich bilden, nach dieser Benennung Visceralplatten genannt werden müssen. Die Thiere sind aber wohl nicht blos Bäuche. Ueberdieſs hatte ich die frühere Benennung auch schon in Druckschriften gebraucht. So ist sie denn auch hier beibehalten, da die obere und untere Fläche der Thiere nicht nur im gemeinen Sprach- gebrauche, sondern auch in der zoologischen Kunstsprache Rücken- und Bauch- fläche (venter, gastraeum) benannt werden. Wenn in gegliederten Thieren nicht für beide Flächen besondere Plattenpaare auftreten, so wird es am passendsten seyn, das einfache Paar Seitenplatten zu nennen, besonders da die Centrallinie die- ser Platten mehr in der Bedeutung der Centrallinie der Bauchplatten der Wirbel- thiere, die Schluſslinie in der Bedeutung der Schluſslinie der Rückenplatten der- selben steht, (worüber ich auf das 4te Corollarium zu Schol. V. verweise,) ohne jedoch vollständige Uebereinstimmung zu haben. Hiervon suche ich den Grund in dem Schema der Entwickelung selbst, welches in den Wirbelthieren den Pri- mitivstreifen, den Inbegriff aller Centrallinien, in die Mitte stellt, in den geglie- derten Thieren ihn aber an der einen Fläche läſst, welche die untere wird. — Dieselben Gründe, die mich bestimmt haben, das Wort Rückenplatten beizu- behalten, muſsten mir aber auch die Benennung Rückensaite als unpassend er- scheinen lassen, da dieser Theil zwischen Rücken und Bauch in der Mitte liegt. Ich habe ihn in dem zweiten Abschnitte dieses Buches Wirbel- oder Spinalsaite genannt, konnte aber die Umänderung in der bereits zum Drucke beförderten Entwickelungsgeschichte selbst nicht mehr anbringen. Die Veränderung ist in- dessen so einfach, daſs Miſsverständnisse dadurch nicht zu fürchten sind. Diesen ausführlichen Bericht über die erste Abhandlung der vorliegenden kleinen Sammlung, glaubte ich mehr mir selbst als dem Publicum schuldig zu seyn, um den neuen Abdruck zu rechtfertigen. Die Erzählung der Entwickelung

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/19>, abgerufen am 26.04.2024.