Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite

liegt, wenn ich nicht irre, die Speiseröhre immer, mit Ausnahme des hintersten
Endes, nach rechts. So fand ich seine Lage in Vögeln, in Schildkröten, im
Kameel, im Faulthier, und wahrscheinlich ist sie in vielen andern Säugethieren
eben so. Wenn sich in den Vögeln ein gesonderter Kropf bildet, so liegt auch
dieser nach rechts. Mithin hat die Bewegung vom Schlunde aus, die von den
kräftigen Schlingmuskeln beherrscht wird, ebenfalls im Allgemeinen die Rich-
tung nach rechts. Vergleiche den Pfeil 6. *)

Der Weg der Galle dürfte zwar in den meisten Fällen von rechts nach
links gehen, indessen kann man diese verkehrte Richtung als abhängig von der
Lage der Leber betrachten, welche von der vorherrschenden Strömung des Pfort-
aderblutes nach rechts gestellt wird. In der That stellt sich die Leber bei der
Entwickelung des Embryo um so mehr rechts, je mehr das Pfortadersystem sich
von den übrigen Gefässen scheidet.

d. Ge-
schlechts-
apparat.

Was die Geschlechtstheile anlangt, so sind sie bei engerer Verknüpfung
mit dem animalischen Leibe, welche auch ausser der Lagerung im erwachsenen
Zustande besonders durch die Entwickelungsgeschichte klar wird, in der Regel
ziemlich symmetrisch. Wo aber die Symmetrie weniger hervortritt, wie z. B.
in dem weiblichen Vogel, da ist nur der linke Eingang entwickelt, das Ei wird
also auch von links nach rechts fortbewegt. Wir zeigen also die Richtung dieser
Bewegung durch den Pfeil 8 an.

Alle Pfeile nun, die wir nach diesen Betrachtungen in unsre Figur ein-
e. Harn-
apparat.
gezeichnet haben, zeigen ihre Spitzen nach rechts gerichtet. -- Nur die Harn-
wege scheinen sich diesem Gesetze nicht fügen zu wollen. Wo die Nieren nicht
übereinstimmend auf beiden Seiten sind, wie in mehreren Ophidiern, ist die Niere
der rechten Seite länger und mehr nach vorn gelegen. Es scheint daher der Weg
des Harnes vorherrschend nach links zu gehen. Sollte die vorherrschende Thätig-
keit der Nieren darin bestehen, Venenblut anzuziehen, während sie den Harn
blos abfliessen lassen: dann würden sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen **).

*) Dass der Uebergang von rechts nach links wieder einer bestimmten Norm unterworfen ist,
dass also eine bestimmte Form von Spiralgängen sich nachweisen lasse, wenn die Richtung
nach rechts nicht fortgesetzt werden kann, ist wohl nicht zu bezweifeln. Doch sind hier die
Störungen so mannigfach, und die Auffindung des Typus so schwierig, dass dieser Versuch
uns zu weit führen möchte. Ohnehin halte ich die Strömung nach rechts für die vorherr-
schende und allen Systemen gemeinsame, und sie genügt uns hier.
**) Ueberhaupt aber ist das Vorherrschen der rechten Niere auch in den Schlangen nicht allge-
mein. Zuweilen wird die Länge derselben durch die grössere Dicke der linken Niere aufge-
wogen, wie ich in Vipera Berus sehe. In Tortrix Seytale finde ich aber das Vorherrschen
der rechten Niere nach Meckel und Finke offenbar. Merkwürdig ist es, dass das Harn-
system das einzige ist, welches auch im peripherischen Typus abweicht.

liegt, wenn ich nicht irre, die Speiseröhre immer, mit Ausnahme des hintersten
Endes, nach rechts. So fand ich seine Lage in Vögeln, in Schildkröten, im
Kameel, im Faulthier, und wahrscheinlich ist sie in vielen andern Säugethieren
eben so. Wenn sich in den Vögeln ein gesonderter Kropf bildet, so liegt auch
dieser nach rechts. Mithin hat die Bewegung vom Schlunde aus, die von den
kräftigen Schlingmuskeln beherrscht wird, ebenfalls im Allgemeinen die Rich-
tung nach rechts. Vergleiche den Pfeil 6. *)

Der Weg der Galle dürfte zwar in den meisten Fällen von rechts nach
links gehen, indessen kann man diese verkehrte Richtung als abhängig von der
Lage der Leber betrachten, welche von der vorherrschenden Strömung des Pfort-
aderblutes nach rechts gestellt wird. In der That stellt sich die Leber bei der
Entwickelung des Embryo um so mehr rechts, je mehr das Pfortadersystem sich
von den übrigen Gefäſsen scheidet.

δ. Ge-
schlechts-
apparat.

Was die Geschlechtstheile anlangt, so sind sie bei engerer Verknüpfung
mit dem animalischen Leibe, welche auch auſser der Lagerung im erwachsenen
Zustande besonders durch die Entwickelungsgeschichte klar wird, in der Regel
ziemlich symmetrisch. Wo aber die Symmetrie weniger hervortritt, wie z. B.
in dem weiblichen Vogel, da ist nur der linke Eingang entwickelt, das Ei wird
also auch von links nach rechts fortbewegt. Wir zeigen also die Richtung dieser
Bewegung durch den Pfeil 8 an.

Alle Pfeile nun, die wir nach diesen Betrachtungen in unsre Figur ein-
ε. Harn-
apparat.
gezeichnet haben, zeigen ihre Spitzen nach rechts gerichtet. — Nur die Harn-
wege scheinen sich diesem Gesetze nicht fügen zu wollen. Wo die Nieren nicht
übereinstimmend auf beiden Seiten sind, wie in mehreren Ophidiern, ist die Niere
der rechten Seite länger und mehr nach vorn gelegen. Es scheint daher der Weg
des Harnes vorherrschend nach links zu gehen. Sollte die vorherrschende Thätig-
keit der Nieren darin bestehen, Venenblut anzuziehen, während sie den Harn
blos abflieſsen lassen: dann würden sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen **).

*) Daſs der Uebergang von rechts nach links wieder einer bestimmten Norm unterworfen ist,
daſs also eine bestimmte Form von Spiralgängen sich nachweisen lasse, wenn die Richtung
nach rechts nicht fortgesetzt werden kann, ist wohl nicht zu bezweifeln. Doch sind hier die
Störungen so mannigfach, und die Auffindung des Typus so schwierig, daſs dieser Versuch
uns zu weit führen möchte. Ohnehin halte ich die Strömung nach rechts für die vorherr-
schende und allen Systemen gemeinsame, und sie genügt uns hier.
**) Ueberhaupt aber ist das Vorherrschen der rechten Niere auch in den Schlangen nicht allge-
mein. Zuweilen wird die Länge derselben durch die gröſsere Dicke der linken Niere aufge-
wogen, wie ich in Vipera Berus sehe. In Tortrix Seytale finde ich aber das Vorherrschen
der rechten Niere nach Meckel und Finke offenbar. Merkwürdig ist es, daſs das Harn-
system das einzige ist, welches auch im peripherischen Typus abweicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0248" n="218"/>
liegt, wenn ich nicht irre, die Speiseröhre immer, mit Ausnahme des hintersten<lb/>
Endes, nach rechts. So fand ich seine Lage in Vögeln, in Schildkröten, im<lb/>
Kameel, im Faulthier, und wahrscheinlich ist sie in vielen andern Säugethieren<lb/>
eben so. Wenn sich in den Vögeln ein gesonderter Kropf bildet, so liegt auch<lb/>
dieser nach rechts. Mithin hat die Bewegung vom Schlunde aus, die von den<lb/>
kräftigen Schlingmuskeln beherrscht wird, ebenfalls im Allgemeinen die Rich-<lb/>
tung nach rechts. Vergleiche den Pfeil 6. <note place="foot" n="*)">Da&#x017F;s der Uebergang von rechts nach links wieder einer bestimmten Norm unterworfen ist,<lb/>
da&#x017F;s also eine bestimmte Form von Spiralgängen sich nachweisen lasse, wenn die Richtung<lb/>
nach rechts nicht fortgesetzt werden kann, ist wohl nicht zu bezweifeln. Doch sind hier die<lb/>
Störungen so mannigfach, und die Auffindung des Typus so schwierig, da&#x017F;s dieser Versuch<lb/>
uns zu weit führen möchte. Ohnehin halte ich die Strömung nach rechts für die vorherr-<lb/>
schende und allen Systemen gemeinsame, und sie genügt uns hier.</note></p><lb/>
            <p>Der Weg der Galle dürfte zwar in den meisten Fällen von rechts nach<lb/>
links gehen, indessen kann man diese verkehrte Richtung als abhängig von der<lb/>
Lage der Leber betrachten, welche von der vorherrschenden Strömung des Pfort-<lb/>
aderblutes nach rechts gestellt wird. In der That stellt sich die Leber bei der<lb/>
Entwickelung des Embryo um so mehr rechts, je mehr das Pfortadersystem sich<lb/>
von den übrigen Gefä&#x017F;sen scheidet.</p><lb/>
            <note place="left">&#x03B4;. Ge-<lb/>
schlechts-<lb/>
apparat.</note>
            <p>Was die Geschlechtstheile anlangt, so sind sie bei engerer Verknüpfung<lb/>
mit dem animalischen Leibe, welche auch au&#x017F;ser der Lagerung im erwachsenen<lb/>
Zustande besonders durch die Entwickelungsgeschichte klar wird, in der Regel<lb/>
ziemlich symmetrisch. Wo aber die Symmetrie weniger hervortritt, wie z. B.<lb/>
in dem weiblichen Vogel, da ist nur der linke Eingang entwickelt, das Ei wird<lb/>
also auch von links nach rechts fortbewegt. Wir zeigen also die Richtung dieser<lb/>
Bewegung durch den Pfeil 8 an.</p><lb/>
            <p>Alle Pfeile nun, die wir nach diesen Betrachtungen in unsre Figur ein-<lb/><note place="left"><hi rendition="#i">&#x03B5;.</hi> Harn-<lb/>
apparat.</note>gezeichnet haben, zeigen ihre Spitzen nach rechts gerichtet. &#x2014; Nur die Harn-<lb/>
wege scheinen sich diesem Gesetze nicht fügen zu wollen. Wo die Nieren nicht<lb/>
übereinstimmend auf beiden Seiten sind, wie in mehreren Ophidiern, ist die Niere<lb/>
der rechten Seite länger und mehr nach vorn gelegen. Es scheint daher der Weg<lb/>
des Harnes vorherrschend nach links zu gehen. Sollte die vorherrschende Thätig-<lb/>
keit der Nieren darin bestehen, Venenblut anzuziehen, während sie den Harn<lb/>
blos abflie&#x017F;sen lassen: dann würden sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen <note place="foot" n="**)">Ueberhaupt aber ist das Vorherrschen der rechten Niere auch in den Schlangen nicht allge-<lb/>
mein. Zuweilen wird die Länge derselben durch die grö&#x017F;sere Dicke der linken Niere aufge-<lb/>
wogen, wie ich in Vipera Berus sehe. In Tortrix Seytale finde ich aber das Vorherrschen<lb/>
der rechten Niere nach <hi rendition="#g">Meckel</hi> und <hi rendition="#g">Finke</hi> offenbar. Merkwürdig ist es, da&#x017F;s das Harn-<lb/>
system das einzige ist, welches auch im peripherischen Typus abweicht.</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0248] liegt, wenn ich nicht irre, die Speiseröhre immer, mit Ausnahme des hintersten Endes, nach rechts. So fand ich seine Lage in Vögeln, in Schildkröten, im Kameel, im Faulthier, und wahrscheinlich ist sie in vielen andern Säugethieren eben so. Wenn sich in den Vögeln ein gesonderter Kropf bildet, so liegt auch dieser nach rechts. Mithin hat die Bewegung vom Schlunde aus, die von den kräftigen Schlingmuskeln beherrscht wird, ebenfalls im Allgemeinen die Rich- tung nach rechts. Vergleiche den Pfeil 6. *) Der Weg der Galle dürfte zwar in den meisten Fällen von rechts nach links gehen, indessen kann man diese verkehrte Richtung als abhängig von der Lage der Leber betrachten, welche von der vorherrschenden Strömung des Pfort- aderblutes nach rechts gestellt wird. In der That stellt sich die Leber bei der Entwickelung des Embryo um so mehr rechts, je mehr das Pfortadersystem sich von den übrigen Gefäſsen scheidet. Was die Geschlechtstheile anlangt, so sind sie bei engerer Verknüpfung mit dem animalischen Leibe, welche auch auſser der Lagerung im erwachsenen Zustande besonders durch die Entwickelungsgeschichte klar wird, in der Regel ziemlich symmetrisch. Wo aber die Symmetrie weniger hervortritt, wie z. B. in dem weiblichen Vogel, da ist nur der linke Eingang entwickelt, das Ei wird also auch von links nach rechts fortbewegt. Wir zeigen also die Richtung dieser Bewegung durch den Pfeil 8 an. Alle Pfeile nun, die wir nach diesen Betrachtungen in unsre Figur ein- gezeichnet haben, zeigen ihre Spitzen nach rechts gerichtet. — Nur die Harn- wege scheinen sich diesem Gesetze nicht fügen zu wollen. Wo die Nieren nicht übereinstimmend auf beiden Seiten sind, wie in mehreren Ophidiern, ist die Niere der rechten Seite länger und mehr nach vorn gelegen. Es scheint daher der Weg des Harnes vorherrschend nach links zu gehen. Sollte die vorherrschende Thätig- keit der Nieren darin bestehen, Venenblut anzuziehen, während sie den Harn blos abflieſsen lassen: dann würden sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen **). ε. Harn- apparat. *) Daſs der Uebergang von rechts nach links wieder einer bestimmten Norm unterworfen ist, daſs also eine bestimmte Form von Spiralgängen sich nachweisen lasse, wenn die Richtung nach rechts nicht fortgesetzt werden kann, ist wohl nicht zu bezweifeln. Doch sind hier die Störungen so mannigfach, und die Auffindung des Typus so schwierig, daſs dieser Versuch uns zu weit führen möchte. Ohnehin halte ich die Strömung nach rechts für die vorherr- schende und allen Systemen gemeinsame, und sie genügt uns hier. **) Ueberhaupt aber ist das Vorherrschen der rechten Niere auch in den Schlangen nicht allge- mein. Zuweilen wird die Länge derselben durch die gröſsere Dicke der linken Niere aufge- wogen, wie ich in Vipera Berus sehe. In Tortrix Seytale finde ich aber das Vorherrschen der rechten Niere nach Meckel und Finke offenbar. Merkwürdig ist es, daſs das Harn- system das einzige ist, welches auch im peripherischen Typus abweicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/248
Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/248>, abgerufen am 28.04.2024.