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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Ohrtrompete. Dass die Ohrtrompete Anfangs sehr weit ist wie in den Reptilien,
später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie-
ren, und zuletzt erst als Eigenthümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos-
sen wird, wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äussere Ohr bildet sich durch
eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder,
aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die äussere Fläche reicht, ihr entgegen
durch darunter liegende Substanz, die zur äussern Fleischschicht gehört, eine Ein-
stülpung bildet, den äussern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung
ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch
glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, dass vorher diese ehema-
lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war *), obgleich man äusserlich
noch keine Vertiefung wahrnimmt.

Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor,q. Nase.
der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht **). Wo er diese be-
rührt, sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äussern Bekleidung von aussen
einen dunkeln Ring um einen hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven
gerade hineinsieht; sehr bald aber bildet sich an der Stelle, an die der Riechkol-
ben austösst, äusserlich ein Grübchen, die Riechgrube. Sie ist das eigentliche
Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau-
mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. v.). Der Riechkolben verlängert sich, ver-
liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der
Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden.

Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane
lehrt, dass das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre durch die Fleisch-
schicht hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar-
röhre bis in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung
aus dem Hirne bis an die Knochenregion ist. Für das Auge bildet die Haut nur
noch einige Decken, für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab-

*) Es ist auch nicht abzusehen, wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schluss bil-
den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke's Darstellung von der Entwickelung des Auges und des
Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen.
**) Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh-
rend es sich formt, von der Schädelwand sich zurückzieht, der Zapfen aber, den wir Riechkol-
ben oder Riechnerven nennen, anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich
eine falsche Vorstellung, wenn man glaubte, dass der Riechkolben erst später sich hier an den
Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die Lamina cribrosa gehenden Nerven-
fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die
Markblätter noch eng an der Umgebung haften.

Ohrtrompete. Daſs die Ohrtrompete Anfangs sehr weit ist wie in den Reptilien,
später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie-
ren, und zuletzt erst als Eigenthümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos-
sen wird, wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äuſsere Ohr bildet sich durch
eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder,
aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die äuſsere Fläche reicht, ihr entgegen
durch darunter liegende Substanz, die zur äuſsern Fleischschicht gehört, eine Ein-
stülpung bildet, den äuſsern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung
ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch
glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, daſs vorher dieſe ehema-
lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war *), obgleich man äuſserlich
noch keine Vertiefung wahrnimmt.

Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor,q. Nase.
der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht **). Wo er diese be-
rührt, sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äuſsern Bekleidung von auſsen
einen dunkeln Ring um einen hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven
gerade hineinsieht; sehr bald aber bildet sich an der Stelle, an die der Riechkol-
ben auſtöſst, äuſserlich ein Grübchen, die Riechgrube. Sie ist das eigentliche
Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau-
mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. v.). Der Riechkolben verlängert sich, ver-
liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der
Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden.

Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane
lehrt, daſs das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre durch die Fleisch-
schicht hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar-
röhre bis in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung
aus dem Hirne bis an die Knochenregion ist. Für das Auge bildet die Haut nur
noch einige Decken, für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab-

*) Es ist auch nicht abzusehen, wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schluſs bil-
den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke’s Darstellung von der Entwickelung des Auges und des
Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen.
**) Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh-
rend es sich formt, von der Schädelwand sich zurückzieht, der Zapfen aber, den wir Riechkol-
ben oder Riechnerven nennen, anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich
eine falsche Vorstellung, wenn man glaubte, daſs der Riechkolben erst später sich hier an den
Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die Lamina cribrosa gehenden Nerven-
fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die
Markblätter noch eng an der Umgebung haften.
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[117/0127] Ohrtrompete. Daſs die Ohrtrompete Anfangs sehr weit ist wie in den Reptilien, später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie- ren, und zuletzt erst als Eigenthümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos- sen wird, wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äuſsere Ohr bildet sich durch eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder, aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die äuſsere Fläche reicht, ihr entgegen durch darunter liegende Substanz, die zur äuſsern Fleischschicht gehört, eine Ein- stülpung bildet, den äuſsern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, daſs vorher dieſe ehema- lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war *), obgleich man äuſserlich noch keine Vertiefung wahrnimmt. Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor, der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht **). Wo er diese be- rührt, sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äuſsern Bekleidung von auſsen einen dunkeln Ring um einen hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven gerade hineinsieht; sehr bald aber bildet sich an der Stelle, an die der Riechkol- ben auſtöſst, äuſserlich ein Grübchen, die Riechgrube. Sie ist das eigentliche Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau- mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. v.). Der Riechkolben verlängert sich, ver- liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden. q. Nase. Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane lehrt, daſs das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre durch die Fleisch- schicht hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar- röhre bis in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung aus dem Hirne bis an die Knochenregion ist. Für das Auge bildet die Haut nur noch einige Decken, für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab- *) Es ist auch nicht abzusehen, wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schluſs bil- den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke’s Darstellung von der Entwickelung des Auges und des Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen. **) Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh- rend es sich formt, von der Schädelwand sich zurückzieht, der Zapfen aber, den wir Riechkol- ben oder Riechnerven nennen, anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich eine falsche Vorstellung, wenn man glaubte, daſs der Riechkolben erst später sich hier an den Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die Lamina cribrosa gehenden Nerven- fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die Markblätter noch eng an der Umgebung haften.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/127>, abgerufen am 21.11.2024.