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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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über das Amnion hinüberzulegen als im Schweine, dagegen die Schleimhaut des-
selben sich weniger zu trennen.

Das Ei der Cetaceen kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Die dürf-d. Ei der
Cetaceen.

tigen Nachrichten, die wir über dasselbe in den Schriftstellern finden, zeigen
wenigstens, dass kein fester Fruchtkuchen da ist, und lassen daher vermuthen,
dass das Ei dem der Dickhäuter ähnlich sey. Rudolphi bemerkte, dass im
Braunfisch-Embryo zwei Nabelvenen in die Leber gingen (Abhandlungen der
Berliner Akademie
1828) und erst hinter derselben sich vereinigten. Ich finde
jedoch im Embryo eines Narwal der nur 9 Zoll lang und also noch ziemlich jung
ist, nur eine Nabelvene. Es bleibt daher zweifelhaft, ob jenes Verhältniss, das
Rudolphi im Braunfische beobachtete, nicht eine zufällige Abweichung war.

Das Ei der Wiederkäuer ist dem Ei der Dickhäuter sehr ähnlich gebaut.e. Das Ei
der Wieder-
käuer.

Es ist ebenfalls ungemein lang, hat einen noch viel dünnern, viel früher schwin-
denden Dottersack, und eine selbstständige, die Länge des Eies einnehmende
Allantois, aber vereinzelte, sehr stark getheilte Cotyledonen als eben so viele
Fruchtkuchen. Denkt man sich statt der den ganzen Umfang einnehmenden Zot-
ten einzelne grosse Cotyledonen, so kann unsere Fig. 22. auch dieses Ei ver-
sinnlichen.

Seine Bildungsgeschichte ist der des Eies der Dickhäuter so ähnlich, dass
wir sie nur vergleichend durchgehen wollen.

Das in Kugelform aus dem Eierstocke kommende Ei ist beim Schaaf, das
wir als Typus nehmen wollen, von der aufgelockerten sehr ansehnlichen Masse
des Keimhügels umgeben. Sein Dotter wird flüssig und das Ei gewinnt eine läng-
liche Gestalt. Nun wird es bald eben so ausgesponnen wie das Ei des Schwei-
nes, aber die wirkenden Theile sind hier nicht Falten, sondern knopfförmige
Vorragungen auf der innern Fläche des Fruchthälters, die gegen die gegenüber-
liegende Wand vorragen. Es wird eben so Eiweiss ergossen, das auf dieselbe
Weise eine Haut erhält (die äussere Eihaut). Allein wenn, wie gewöhnlich,
nur ein Ei da ist, so reicht diese Haut von einem Ende des Fruchthälters zum
andern und bildet einen langen Sack mit längern und dünnern Zipfeln der äu-
ssern Haut, als das Ei des Schweines hat.

Die Geschichte des Dottersackes ist dieselbe, doch habe ich die Enden
nicht so lang ausgezogen und nicht so geschlängelt gesehen als im Schweine, und
die Mitte ist nicht nur Anfangs, sondern besonders etwas später, wo sie im
Schweine zunimmt, sehr viel dünner. Deshalb hat diese Mitte auch so wenig
Selbstständigkeit, dass sie ganz abhängig von den benachbarten Theilen ist, auf

II. K k

über das Amnion hinüberzulegen als im Schweine, dagegen die Schleimhaut des-
selben sich weniger zu trennen.

Das Ei der Cetaceen kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Die dürf-d. Ei der
Cetaceen.

tigen Nachrichten, die wir über dasselbe in den Schriftstellern finden, zeigen
wenigstens, daſs kein fester Fruchtkuchen da ist, und lassen daher vermuthen,
daſs das Ei dem der Dickhäuter ähnlich sey. Rudolphi bemerkte, daſs im
Braunfisch-Embryo zwei Nabelvenen in die Leber gingen (Abhandlungen der
Berliner Akademie
1828) und erst hinter derselben sich vereinigten. Ich finde
jedoch im Embryo eines Narwal der nur 9 Zoll lang und also noch ziemlich jung
ist, nur eine Nabelvene. Es bleibt daher zweifelhaft, ob jenes Verhältniſs, das
Rudolphi im Braunfische beobachtete, nicht eine zufällige Abweichung war.

Das Ei der Wiederkäuer ist dem Ei der Dickhäuter sehr ähnlich gebaut.e. Das Ei
der Wieder-
käuer.

Es ist ebenfalls ungemein lang, hat einen noch viel dünnern, viel früher schwin-
denden Dottersack, und eine selbstständige, die Länge des Eies einnehmende
Allantois, aber vereinzelte, sehr stark getheilte Cotyledonen als eben so viele
Fruchtkuchen. Denkt man sich statt der den ganzen Umfang einnehmenden Zot-
ten einzelne groſse Cotyledonen, so kann unsere Fig. 22. auch dieses Ei ver-
sinnlichen.

Seine Bildungsgeschichte ist der des Eies der Dickhäuter so ähnlich, daſs
wir sie nur vergleichend durchgehen wollen.

Das in Kugelform aus dem Eierstocke kommende Ei ist beim Schaaf, das
wir als Typus nehmen wollen, von der aufgelockerten sehr ansehnlichen Masse
des Keimhügels umgeben. Sein Dotter wird flüssig und das Ei gewinnt eine läng-
liche Gestalt. Nun wird es bald eben so ausgesponnen wie das Ei des Schwei-
nes, aber die wirkenden Theile sind hier nicht Falten, sondern knopfförmige
Vorragungen auf der innern Fläche des Fruchthälters, die gegen die gegenüber-
liegende Wand vorragen. Es wird eben so Eiweiſs ergossen, das auf dieselbe
Weise eine Haut erhält (die äuſsere Eihaut). Allein wenn, wie gewöhnlich,
nur ein Ei da ist, so reicht diese Haut von einem Ende des Fruchthälters zum
andern und bildet einen langen Sack mit längern und dünnern Zipfeln der äu-
ſsern Haut, als das Ei des Schweines hat.

Die Geschichte des Dottersackes ist dieselbe, doch habe ich die Enden
nicht so lang ausgezogen und nicht so geschlängelt gesehen als im Schweine, und
die Mitte ist nicht nur Anfangs, sondern besonders etwas später, wo sie im
Schweine zunimmt, sehr viel dünner. Deshalb hat diese Mitte auch so wenig
Selbstständigkeit, daſs sie ganz abhängig von den benachbarten Theilen ist, auf

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[257/0267] über das Amnion hinüberzulegen als im Schweine, dagegen die Schleimhaut des- selben sich weniger zu trennen. Das Ei der Cetaceen kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Die dürf- tigen Nachrichten, die wir über dasselbe in den Schriftstellern finden, zeigen wenigstens, daſs kein fester Fruchtkuchen da ist, und lassen daher vermuthen, daſs das Ei dem der Dickhäuter ähnlich sey. Rudolphi bemerkte, daſs im Braunfisch-Embryo zwei Nabelvenen in die Leber gingen (Abhandlungen der Berliner Akademie 1828) und erst hinter derselben sich vereinigten. Ich finde jedoch im Embryo eines Narwal der nur 9 Zoll lang und also noch ziemlich jung ist, nur eine Nabelvene. Es bleibt daher zweifelhaft, ob jenes Verhältniſs, das Rudolphi im Braunfische beobachtete, nicht eine zufällige Abweichung war. d. Ei der Cetaceen. Das Ei der Wiederkäuer ist dem Ei der Dickhäuter sehr ähnlich gebaut. Es ist ebenfalls ungemein lang, hat einen noch viel dünnern, viel früher schwin- denden Dottersack, und eine selbstständige, die Länge des Eies einnehmende Allantois, aber vereinzelte, sehr stark getheilte Cotyledonen als eben so viele Fruchtkuchen. Denkt man sich statt der den ganzen Umfang einnehmenden Zot- ten einzelne groſse Cotyledonen, so kann unsere Fig. 22. auch dieses Ei ver- sinnlichen. e. Das Ei der Wieder- käuer. Seine Bildungsgeschichte ist der des Eies der Dickhäuter so ähnlich, daſs wir sie nur vergleichend durchgehen wollen. Das in Kugelform aus dem Eierstocke kommende Ei ist beim Schaaf, das wir als Typus nehmen wollen, von der aufgelockerten sehr ansehnlichen Masse des Keimhügels umgeben. Sein Dotter wird flüssig und das Ei gewinnt eine läng- liche Gestalt. Nun wird es bald eben so ausgesponnen wie das Ei des Schwei- nes, aber die wirkenden Theile sind hier nicht Falten, sondern knopfförmige Vorragungen auf der innern Fläche des Fruchthälters, die gegen die gegenüber- liegende Wand vorragen. Es wird eben so Eiweiſs ergossen, das auf dieselbe Weise eine Haut erhält (die äuſsere Eihaut). Allein wenn, wie gewöhnlich, nur ein Ei da ist, so reicht diese Haut von einem Ende des Fruchthälters zum andern und bildet einen langen Sack mit längern und dünnern Zipfeln der äu- ſsern Haut, als das Ei des Schweines hat. Die Geschichte des Dottersackes ist dieselbe, doch habe ich die Enden nicht so lang ausgezogen und nicht so geschlängelt gesehen als im Schweine, und die Mitte ist nicht nur Anfangs, sondern besonders etwas später, wo sie im Schweine zunimmt, sehr viel dünner. Deshalb hat diese Mitte auch so wenig Selbstständigkeit, daſs sie ganz abhängig von den benachbarten Theilen ist, auf II. K k

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/267>, abgerufen am 22.11.2024.