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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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das mannigfachste verdreht wird und öfter als bei irgend einem andern Thiere
auf die rechte Seite des Embryo kommt, wo wir sie auch in unserer Abbildung
Fig. 17. Taf. IV. in einem Schaaf von 21 Tagen finden. Auch hier hebt sich
die seröse Hülle wie im Schweine ab und der trichterförmige Uebergang vom
Amnion zu ihr wird noch länger. Der Raum oder die Höhle, die sie um die
Mitte des Dottersackes bildet, wird aber früher unkenntlich, um so mehr, da
der gesammte Dottersack nach dem Schlusse der vierten Woche nur noch bei
sorgfältigem Nachsuchen gefunden wird und der Harnsack nicht wie im Schweine
in der Mitte viel dünner ist als nach den Seiten.

Die Geschichte des Embryo wäre dieselbe wie im Schweine, wenn nicht
die beiden Nabelvenen, bevor sie den Nabel erreichen, getrennt blieben und erst
vor der Nabelöffnung sich vereinigten. Es laufen also zwei gleich starke Nabel-
venen neben der Nabelöffnung nach vorn. In diesen Thieren ist das Gefässnetz,
das die Nabelvenen während der vierten Woche in der Bauchwand bilden, unge-
mein schön. Auch später verlaufen zwei Nabelvenen in der ganzen Länge des
Nabelstranges und vereinigen sich erst, wo sie an die Bauchwand stossen.

Der Harnsack tritt hervor wie im Schweine, die Enden der Nabelarterien
und Nabelvenen mit sich nehmend, doch ist seine Form mehr gekrümmt, mit
stumpfern Spitzen als im Schweine, sein Gefässnetz noch reicher. Er füllt eben
so die äussere Eihaut aus, liegt aber noch entschiedener neben dem Amnion, so
dass er sich fast gar nicht über dasselbe schlägt. Die entgegengesetzte Seite des
Chorions muss also ihr Blut vorzüglich unmittelbar von der concaven Seite des
Eies erhalten.

Am verschiedensten finde ich die äussere Eihaut und eben deshalb die spä-
tere Ausbildung des Chorions. Beides ist abhängig von dem Bau des Frucht-
hälters. Die äussere Eihaut bedeckt sich nämlich nicht überall mit Zotten, und
wie es mir schien ist auch der Fruchthälter zwischen den Cotyledonen ganz glatt.
Wo aber diese Vorragungen, die mit tiefen Gruben versehen sind, die äussere Ei-
haut berühren, da bildet sich ein Haufen von Zotten. Zuerst wird die ganze
Stelle dunkler und man sieht in der Verdunkelung körnige Substanz, die viel-
leicht mit dem Ei-Ueberzuge zu vergleichen ist; denn wie der Erfolg lehrt, bil-
det sich später eine äusserste weissliche Schicht auch im übrigen Chorion. Noch
wahrscheinlicher ist mir aber, dass sie das durch Druck verdunkelte äussere Blatt
der äussern Eihaut ist. Sobald nun der dunkle Flecken deutlich ist, dessen Um-
fang etwas mehr beträgt, als der mütterliche Cotyledo, erheben sich stumpfe
Zapfen aus ihm in die Gruben des mütterlichen Cotyledo, zuerst in der Mitte,
dann auch im Umkreise. Die Zapfen in der Gestalt von kurzen dicken Keulen

das mannigfachste verdreht wird und öfter als bei irgend einem andern Thiere
auf die rechte Seite des Embryo kommt, wo wir sie auch in unserer Abbildung
Fig. 17. Taf. IV. in einem Schaaf von 21 Tagen finden. Auch hier hebt sich
die seröse Hülle wie im Schweine ab und der trichterförmige Uebergang vom
Amnion zu ihr wird noch länger. Der Raum oder die Höhle, die sie um die
Mitte des Dottersackes bildet, wird aber früher unkenntlich, um so mehr, da
der gesammte Dottersack nach dem Schlusse der vierten Woche nur noch bei
sorgfältigem Nachsuchen gefunden wird und der Harnsack nicht wie im Schweine
in der Mitte viel dünner ist als nach den Seiten.

Die Geschichte des Embryo wäre dieselbe wie im Schweine, wenn nicht
die beiden Nabelvenen, bevor sie den Nabel erreichen, getrennt blieben und erst
vor der Nabelöffnung sich vereinigten. Es laufen also zwei gleich starke Nabel-
venen neben der Nabelöffnung nach vorn. In diesen Thieren ist das Gefäſsnetz,
das die Nabelvenen während der vierten Woche in der Bauchwand bilden, unge-
mein schön. Auch später verlaufen zwei Nabelvenen in der ganzen Länge des
Nabelstranges und vereinigen sich erst, wo sie an die Bauchwand stoſsen.

Der Harnsack tritt hervor wie im Schweine, die Enden der Nabelarterien
und Nabelvenen mit sich nehmend, doch ist seine Form mehr gekrümmt, mit
stumpfern Spitzen als im Schweine, sein Gefäſsnetz noch reicher. Er füllt eben
so die äuſsere Eihaut aus, liegt aber noch entschiedener neben dem Amnion, so
daſs er sich fast gar nicht über dasselbe schlägt. Die entgegengesetzte Seite des
Chorions muſs also ihr Blut vorzüglich unmittelbar von der concaven Seite des
Eies erhalten.

Am verschiedensten finde ich die äuſsere Eihaut und eben deshalb die spä-
tere Ausbildung des Chorions. Beides ist abhängig von dem Bau des Frucht-
hälters. Die äuſsere Eihaut bedeckt sich nämlich nicht überall mit Zotten, und
wie es mir schien ist auch der Fruchthälter zwischen den Cotyledonen ganz glatt.
Wo aber diese Vorragungen, die mit tiefen Gruben versehen sind, die äuſsere Ei-
haut berühren, da bildet sich ein Haufen von Zotten. Zuerst wird die ganze
Stelle dunkler und man sieht in der Verdunkelung körnige Substanz, die viel-
leicht mit dem Ei-Ueberzuge zu vergleichen ist; denn wie der Erfolg lehrt, bil-
det sich später eine äuſserste weiſsliche Schicht auch im übrigen Chorion. Noch
wahrscheinlicher ist mir aber, daſs sie das durch Druck verdunkelte äuſsere Blatt
der äuſsern Eihaut ist. Sobald nun der dunkle Flecken deutlich ist, dessen Um-
fang etwas mehr beträgt, als der mütterliche Cotyledo, erheben sich stumpfe
Zapfen aus ihm in die Gruben des mütterlichen Cotyledo, zuerst in der Mitte,
dann auch im Umkreise. Die Zapfen in der Gestalt von kurzen dicken Keulen

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[258/0268] das mannigfachste verdreht wird und öfter als bei irgend einem andern Thiere auf die rechte Seite des Embryo kommt, wo wir sie auch in unserer Abbildung Fig. 17. Taf. IV. in einem Schaaf von 21 Tagen finden. Auch hier hebt sich die seröse Hülle wie im Schweine ab und der trichterförmige Uebergang vom Amnion zu ihr wird noch länger. Der Raum oder die Höhle, die sie um die Mitte des Dottersackes bildet, wird aber früher unkenntlich, um so mehr, da der gesammte Dottersack nach dem Schlusse der vierten Woche nur noch bei sorgfältigem Nachsuchen gefunden wird und der Harnsack nicht wie im Schweine in der Mitte viel dünner ist als nach den Seiten. Die Geschichte des Embryo wäre dieselbe wie im Schweine, wenn nicht die beiden Nabelvenen, bevor sie den Nabel erreichen, getrennt blieben und erst vor der Nabelöffnung sich vereinigten. Es laufen also zwei gleich starke Nabel- venen neben der Nabelöffnung nach vorn. In diesen Thieren ist das Gefäſsnetz, das die Nabelvenen während der vierten Woche in der Bauchwand bilden, unge- mein schön. Auch später verlaufen zwei Nabelvenen in der ganzen Länge des Nabelstranges und vereinigen sich erst, wo sie an die Bauchwand stoſsen. Der Harnsack tritt hervor wie im Schweine, die Enden der Nabelarterien und Nabelvenen mit sich nehmend, doch ist seine Form mehr gekrümmt, mit stumpfern Spitzen als im Schweine, sein Gefäſsnetz noch reicher. Er füllt eben so die äuſsere Eihaut aus, liegt aber noch entschiedener neben dem Amnion, so daſs er sich fast gar nicht über dasselbe schlägt. Die entgegengesetzte Seite des Chorions muſs also ihr Blut vorzüglich unmittelbar von der concaven Seite des Eies erhalten. Am verschiedensten finde ich die äuſsere Eihaut und eben deshalb die spä- tere Ausbildung des Chorions. Beides ist abhängig von dem Bau des Frucht- hälters. Die äuſsere Eihaut bedeckt sich nämlich nicht überall mit Zotten, und wie es mir schien ist auch der Fruchthälter zwischen den Cotyledonen ganz glatt. Wo aber diese Vorragungen, die mit tiefen Gruben versehen sind, die äuſsere Ei- haut berühren, da bildet sich ein Haufen von Zotten. Zuerst wird die ganze Stelle dunkler und man sieht in der Verdunkelung körnige Substanz, die viel- leicht mit dem Ei-Ueberzuge zu vergleichen ist; denn wie der Erfolg lehrt, bil- det sich später eine äuſserste weiſsliche Schicht auch im übrigen Chorion. Noch wahrscheinlicher ist mir aber, daſs sie das durch Druck verdunkelte äuſsere Blatt der äuſsern Eihaut ist. Sobald nun der dunkle Flecken deutlich ist, dessen Um- fang etwas mehr beträgt, als der mütterliche Cotyledo, erheben sich stumpfe Zapfen aus ihm in die Gruben des mütterlichen Cotyledo, zuerst in der Mitte, dann auch im Umkreise. Die Zapfen in der Gestalt von kurzen dicken Keulen

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/268>, abgerufen am 22.11.2024.