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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Fidelis (nach einer kleinen Pause, bloß um etwas zu sagen).
Jeder hat leere Stunden.
Luz (kurz nickend). Leer. Ja. -- (Lehnt sich ins Sofa zu-
rück, leichthin.)
Es ist ein unheimliches Gefühl. Ich denke
mir, so müssen die Fische sein.
Fidelis (hat wieder sein Buch genommen und scheint darin
zu lesen).
Glaubst du?
Luz. Sie schwimmen im Aquarium herum, manchmal
stoßen sie an die Scheibe, da schwimmen sie wieder weg,
mit ihren stieren Augen.
Fidelis. Du hast keine Fischaugen.
Luz. Das ist eigentlich inkonsequent von mir.
Justine (schüttelt heftig den Kopf).
Fidelis. Ich stelle mir das übrigens ganz angenehm
vor --
Luz (dazwischensprechend). Eine solche Schwimmexistenz?
Fidelis (seinen Satz beendend). Wenn in einem nichts
vorgeht.
Luz (achselzuckend, etwas gereizt). Vielleicht.
Fidelis. Muß denn immer was vorgehen?
Luz (steht auf; gereizt, ungeduldig). Ich bitte dich, ich
vertrage das nicht! (Geht vom Sofa weg durchs Zimmer.)
Fidelis (ganz ruhig, leicht verwundert). Was denn eigent-
lich?
Luz (kommt zum Diwan; ungeduldig, fast feindselig). Du
wirst mir ja jetzt wieder beweisen --! Du kannst einem
doch alles beweisen! Was dir gerade paßt! Bis man
dann gar nichts mehr weiß. Davon hab ich aber nichts.
Fidelis (immer ganz leichthin). Es ist mir nur nicht ganz
klar, worauf sich das gerade jetzt eigentlich beziehen soll?
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Fidelis (nach einer kleinen Pauſe, bloß um etwas zu ſagen).
Jeder hat leere Stunden.
Luz (kurz nickend). Leer. Ja. — (Lehnt ſich ins Sofa zu-
ruͤck, leichthin.)
Es iſt ein unheimliches Gefühl. Ich denke
mir, ſo müſſen die Fiſche ſein.
Fidelis (hat wieder ſein Buch genommen und ſcheint darin
zu leſen).
Glaubſt du?
Luz. Sie ſchwimmen im Aquarium herum, manchmal
ſtoßen ſie an die Scheibe, da ſchwimmen ſie wieder weg,
mit ihren ſtieren Augen.
Fidelis. Du haſt keine Fiſchaugen.
Luz. Das iſt eigentlich inkonſequent von mir.
Juſtine (ſchuͤttelt heftig den Kopf).
Fidelis. Ich ſtelle mir das übrigens ganz angenehm
vor —
Luz (dazwiſchenſprechend). Eine ſolche Schwimmexiſtenz?
Fidelis (ſeinen Satz beendend). Wenn in einem nichts
vorgeht.
Luz (achſelzuckend, etwas gereizt). Vielleicht.
Fidelis. Muß denn immer was vorgehen?
Luz (ſteht auf; gereizt, ungeduldig). Ich bitte dich, ich
vertrage das nicht! (Geht vom Sofa weg durchs Zimmer.)
Fidelis (ganz ruhig, leicht verwundert). Was denn eigent-
lich?
Luz (kommt zum Diwan; ungeduldig, faſt feindſelig). Du
wirſt mir ja jetzt wieder beweiſen —! Du kannſt einem
doch alles beweiſen! Was dir gerade paßt! Bis man
dann gar nichts mehr weiß. Davon hab ich aber nichts.
Fidelis (immer ganz leichthin). Es iſt mir nur nicht ganz
klar, worauf ſich das gerade jetzt eigentlich beziehen ſoll?
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[129/0138] Fidelis (nach einer kleinen Pauſe, bloß um etwas zu ſagen). Jeder hat leere Stunden. Luz (kurz nickend). Leer. Ja. — (Lehnt ſich ins Sofa zu- ruͤck, leichthin.) Es iſt ein unheimliches Gefühl. Ich denke mir, ſo müſſen die Fiſche ſein. Fidelis (hat wieder ſein Buch genommen und ſcheint darin zu leſen). Glaubſt du? Luz. Sie ſchwimmen im Aquarium herum, manchmal ſtoßen ſie an die Scheibe, da ſchwimmen ſie wieder weg, mit ihren ſtieren Augen. Fidelis. Du haſt keine Fiſchaugen. Luz. Das iſt eigentlich inkonſequent von mir. Juſtine (ſchuͤttelt heftig den Kopf). Fidelis. Ich ſtelle mir das übrigens ganz angenehm vor — Luz (dazwiſchenſprechend). Eine ſolche Schwimmexiſtenz? Fidelis (ſeinen Satz beendend). Wenn in einem nichts vorgeht. Luz (achſelzuckend, etwas gereizt). Vielleicht. Fidelis. Muß denn immer was vorgehen? Luz (ſteht auf; gereizt, ungeduldig). Ich bitte dich, ich vertrage das nicht! (Geht vom Sofa weg durchs Zimmer.) Fidelis (ganz ruhig, leicht verwundert). Was denn eigent- lich? Luz (kommt zum Diwan; ungeduldig, faſt feindſelig). Du wirſt mir ja jetzt wieder beweiſen —! Du kannſt einem doch alles beweiſen! Was dir gerade paßt! Bis man dann gar nichts mehr weiß. Davon hab ich aber nichts. Fidelis (immer ganz leichthin). Es iſt mir nur nicht ganz klar, worauf ſich das gerade jetzt eigentlich beziehen ſoll? 9

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/138>, abgerufen am 05.05.2024.