Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.
warst schon öfter so freundlich, mich darauf aufmerksam zu machen. Justine (tritt sprachlos an das erste Fenster, blickt hinaus und atmet hörbar auf). Fidelis (nach einer kleinen Pause; trocken). Zehn Pfennige. Justine (noch mit dem Rücken zu Fidelis, nur über ihre rechte Schulter zurück nach ihm blickend, verwundert, miß- trauisch). Was denn? Wieso? Fidelis. Wieder zehn Pfennige verdient. Justine. Wer? Fidelis. Du. Justine. Was willst du, was meinst du denn eigent- lich? Fidelis (vergnügt erzählend). Ich ging neulich quietsch- vergnügt so durch den Schnee hin, da fiel mir ein, um mich ein bißchen im Kopfrechnen zu üben, einmal heraus zu dividieren, wieviel eigentlich deine Rente, Mamchen, in der Sekunde macht. Genau zehn Pfennige, denk dir. Und ich sagte mir: Also wenn diese brave Frau, wie's ja ihre Art ist, so still ein bißchen vor sich hinschnauft, mit jedem solchen lieben kleinen Schnaufer hat sie wieder zehn Pfennige verdient. Justine (kehrt sich jetzt ganz nach ihm um; trocken). Eine deiner würdige Beschäftigung. Während zur selben Zeit deine arme Frau -- Fidelis (rasch einfallend, sich nun erst wieder erinnernd). Ja richtig! -- Also Luz --? (Hält ein und sieht Justine fragend an.) Justine (tritt an den runden Tisch links; mit einem Blick der Verachtung; kurz erzählend). Luz telegraphierte mir
warſt ſchon öfter ſo freundlich, mich darauf aufmerkſam zu machen. Juſtine (tritt ſprachlos an das erſte Fenſter, blickt hinaus und atmet hoͤrbar auf). Fidelis (nach einer kleinen Pauſe; trocken). Zehn Pfennige. Juſtine (noch mit dem Ruͤcken zu Fidelis, nur uͤber ihre rechte Schulter zuruͤck nach ihm blickend, verwundert, miß- trauiſch). Was denn? Wieſo? Fidelis. Wieder zehn Pfennige verdient. Juſtine. Wer? Fidelis. Du. Juſtine. Was willſt du, was meinſt du denn eigent- lich? Fidelis (vergnuͤgt erzaͤhlend). Ich ging neulich quietſch- vergnügt ſo durch den Schnee hin, da fiel mir ein, um mich ein bißchen im Kopfrechnen zu üben, einmal heraus zu dividieren, wieviel eigentlich deine Rente, Mamchen, in der Sekunde macht. Genau zehn Pfennige, denk dir. Und ich ſagte mir: Alſo wenn dieſe brave Frau, wie's ja ihre Art iſt, ſo ſtill ein bißchen vor ſich hinſchnauft, mit jedem ſolchen lieben kleinen Schnaufer hat ſie wieder zehn Pfennige verdient. Juſtine (kehrt ſich jetzt ganz nach ihm um; trocken). Eine deiner würdige Beſchäftigung. Während zur ſelben Zeit deine arme Frau — Fidelis (raſch einfallend, ſich nun erſt wieder erinnernd). Ja richtig! — Alſo Luz —? (Haͤlt ein und ſieht Juſtine fragend an.) Juſtine (tritt an den runden Tiſch links; mit einem Blick der Verachtung; kurz erzaͤhlend). Luz telegraphierte mir <TEI> <text> <body> <div type="act"> <sp who="#FID"> <p><pb facs="#f0026" n="23"/> warſt ſchon öfter ſo freundlich, mich darauf aufmerkſam<lb/> zu machen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(tritt ſprachlos an das erſte Fenſter, blickt hinaus<lb/> und atmet hoͤrbar auf).</stage> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(nach einer kleinen Pauſe; trocken).</stage> <p>Zehn Pfennige.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(noch mit dem Ruͤcken zu Fidelis, nur uͤber ihre<lb/> rechte Schulter zuruͤck nach ihm blickend, verwundert, miß-<lb/> trauiſch).</stage> <p>Was denn? Wieſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis.</hi> </hi> </speaker> <p>Wieder zehn Pfennige verdient.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </hi> </speaker> <p>Wer?</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis.</hi> </hi> </speaker> <p>Du.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </hi> </speaker> <p>Was willſt du, was meinſt du denn eigent-<lb/> lich?</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(vergnuͤgt erzaͤhlend).</stage> <p>Ich ging neulich quietſch-<lb/> vergnügt ſo durch den Schnee hin, da fiel mir ein, um<lb/> mich ein bißchen im Kopfrechnen zu üben, einmal heraus<lb/> zu dividieren, wieviel eigentlich deine Rente, Mamchen,<lb/> in der Sekunde macht. Genau zehn Pfennige, denk dir.<lb/> Und ich ſagte mir: Alſo wenn dieſe brave Frau, wie's<lb/> ja ihre Art iſt, ſo ſtill ein bißchen vor ſich hinſchnauft,<lb/> mit jedem ſolchen lieben kleinen Schnaufer hat ſie wieder<lb/> zehn Pfennige verdient.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(kehrt ſich jetzt ganz nach ihm um; trocken).</stage> <p>Eine<lb/> deiner würdige Beſchäftigung. Während zur ſelben Zeit<lb/> deine arme Frau —</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(raſch einfallend, ſich nun erſt wieder erinnernd).</stage><lb/> <p>Ja richtig! — Alſo Luz —? <stage>(Haͤlt ein und ſieht Juſtine<lb/> fragend an.)</stage></p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(tritt an den runden Tiſch links; mit einem Blick<lb/> der Verachtung; kurz erzaͤhlend).</stage> <p>Luz telegraphierte mir<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [23/0026]
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Fidelis (nach einer kleinen Pauſe; trocken). Zehn Pfennige.
Juſtine (noch mit dem Ruͤcken zu Fidelis, nur uͤber ihre
rechte Schulter zuruͤck nach ihm blickend, verwundert, miß-
trauiſch). Was denn? Wieſo?
Fidelis. Wieder zehn Pfennige verdient.
Juſtine. Wer?
Fidelis. Du.
Juſtine. Was willſt du, was meinſt du denn eigent-
lich?
Fidelis (vergnuͤgt erzaͤhlend). Ich ging neulich quietſch-
vergnügt ſo durch den Schnee hin, da fiel mir ein, um
mich ein bißchen im Kopfrechnen zu üben, einmal heraus
zu dividieren, wieviel eigentlich deine Rente, Mamchen,
in der Sekunde macht. Genau zehn Pfennige, denk dir.
Und ich ſagte mir: Alſo wenn dieſe brave Frau, wie's
ja ihre Art iſt, ſo ſtill ein bißchen vor ſich hinſchnauft,
mit jedem ſolchen lieben kleinen Schnaufer hat ſie wieder
zehn Pfennige verdient.
Juſtine (kehrt ſich jetzt ganz nach ihm um; trocken). Eine
deiner würdige Beſchäftigung. Während zur ſelben Zeit
deine arme Frau —
Fidelis (raſch einfallend, ſich nun erſt wieder erinnernd).
Ja richtig! — Alſo Luz —? (Haͤlt ein und ſieht Juſtine
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Juſtine (tritt an den runden Tiſch links; mit einem Blick
der Verachtung; kurz erzaͤhlend). Luz telegraphierte mir
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