Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.
vorgestern, ich möchte doch gleich zu ihr kommen. Ich versprach es für den nächsten Tag, aber noch am selben Abend telegraphierte sie, sie komme lieber selbst, statt ihr aber kam ein Eilbrief und dann noch ein zweiter und ein dritter. Fidelis. Darin stand --? Justine (achselzuckend). Eigentlich nichts. Fidelis (lächelnd). Aber dreimal unterstrichen. Justine. Es war vollständig verwirrt. -- Ich bin kein Hasenfuß und Luz hat mich ja ziemlich abgehärtet, aber es machte mir doch einen solchen Eindruck, daß ich ihr sofort telegraphisch -- Fidelis (mit spöttischem Staunen). Telegraphisch? Justine (seinen Spott verstehend, ärgerlich). Ich tele- graphiere nicht unnötig, denn -- Fidelis (heuchlerisch zustimmend). Denn es kostet Geld. Justine (scharf). Ja. Und es scheint mir albern, sechzig Pfennige auszugeben, wenn man dasselbe mit zehn Pfennigen erreicht. Fidelis (heuchlerisch ernst). Es ist ein Verlust von fünf Sekunden für dich. Fünf mal zehn macht -- Justine (geht plötzlich vom runden Tische weg, nach der Türe rechts vom Glasschrank hin). Fidelis (tritt ihr in den Weg). Wohin denn, Mam- chen? Justine (scharf). Ich will in meinem Zimmer warten, bis es dir belieben wird, einmal ernst zu sein. Therese (gleichzeitig mit den letzten Worten Justinens, durch die Türe links vom Glasschrank, den Tee bringend, zum runden Tisch).
vorgeſtern, ich möchte doch gleich zu ihr kommen. Ich verſprach es für den nächſten Tag, aber noch am ſelben Abend telegraphierte ſie, ſie komme lieber ſelbſt, ſtatt ihr aber kam ein Eilbrief und dann noch ein zweiter und ein dritter. Fidelis. Darin ſtand —? Juſtine (achſelzuckend). Eigentlich nichts. Fidelis (laͤchelnd). Aber dreimal unterſtrichen. Juſtine. Es war vollſtändig verwirrt. — Ich bin kein Haſenfuß und Luz hat mich ja ziemlich abgehärtet, aber es machte mir doch einen ſolchen Eindruck, daß ich ihr ſofort telegraphiſch — Fidelis (mit ſpoͤttiſchem Staunen). Telegraphiſch? Juſtine (ſeinen Spott verſtehend, aͤrgerlich). Ich tele- graphiere nicht unnötig, denn — Fidelis (heuchleriſch zuſtimmend). Denn es koſtet Geld. Juſtine (ſcharf). Ja. Und es ſcheint mir albern, ſechzig Pfennige auszugeben, wenn man dasſelbe mit zehn Pfennigen erreicht. Fidelis (heuchleriſch ernſt). Es iſt ein Verluſt von fünf Sekunden für dich. Fünf mal zehn macht — Juſtine (geht ploͤtzlich vom runden Tiſche weg, nach der Tuͤre rechts vom Glasſchrank hin). Fidelis (tritt ihr in den Weg). Wohin denn, Mam- chen? Juſtine (ſcharf). Ich will in meinem Zimmer warten, bis es dir belieben wird, einmal ernſt zu ſein. Thereſe (gleichzeitig mit den letzten Worten Juſtinens, durch die Tuͤre links vom Glasſchrank, den Tee bringend, zum runden Tiſch). <TEI> <text> <body> <div type="act"> <sp who="#JUS"> <p><pb facs="#f0027" n="24"/> vorgeſtern, ich möchte doch gleich zu ihr kommen. Ich<lb/> verſprach es für den nächſten Tag, aber noch am ſelben<lb/> Abend telegraphierte ſie, ſie komme lieber ſelbſt, ſtatt ihr<lb/> aber kam ein Eilbrief und dann noch ein zweiter und<lb/> ein dritter.</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis.</hi> </hi> </speaker> <p>Darin ſtand —?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(achſelzuckend).</stage> <p>Eigentlich nichts.</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(laͤchelnd).</stage> <p>Aber dreimal unterſtrichen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </hi> </speaker> <p>Es war vollſtändig verwirrt. — Ich bin<lb/> kein Haſenfuß und Luz hat mich ja ziemlich abgehärtet,<lb/> aber es machte mir doch einen ſolchen Eindruck, daß<lb/> ich ihr ſofort telegraphiſch —</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(mit ſpoͤttiſchem Staunen).</stage> <p>Telegraphiſch?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſeinen Spott verſtehend, aͤrgerlich).</stage> <p>Ich tele-<lb/> graphiere nicht unnötig, denn —</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(heuchleriſch zuſtimmend).</stage> <p>Denn es koſtet Geld.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſcharf).</stage> <p>Ja. Und es ſcheint mir albern,<lb/> ſechzig Pfennige auszugeben, wenn man dasſelbe mit zehn<lb/> Pfennigen erreicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(heuchleriſch ernſt).</stage> <p>Es iſt ein Verluſt von<lb/> fünf Sekunden für dich. Fünf mal zehn macht —</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(geht ploͤtzlich vom runden Tiſche weg, nach der<lb/> Tuͤre rechts vom Glasſchrank hin).</stage> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(tritt ihr in den Weg).</stage> <p>Wohin denn, Mam-<lb/> chen?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſcharf).</stage> <p>Ich will in meinem Zimmer warten,<lb/> bis es dir belieben wird, einmal ernſt zu ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Thereſe</hi> </hi> </speaker> <stage>(gleichzeitig mit den letzten Worten Juſtinens,<lb/> durch die Tuͤre links vom Glasſchrank, den Tee bringend,<lb/> zum runden Tiſch).</stage> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [24/0027]
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aber kam ein Eilbrief und dann noch ein zweiter und
ein dritter.
Fidelis. Darin ſtand —?
Juſtine (achſelzuckend). Eigentlich nichts.
Fidelis (laͤchelnd). Aber dreimal unterſtrichen.
Juſtine. Es war vollſtändig verwirrt. — Ich bin
kein Haſenfuß und Luz hat mich ja ziemlich abgehärtet,
aber es machte mir doch einen ſolchen Eindruck, daß
ich ihr ſofort telegraphiſch —
Fidelis (mit ſpoͤttiſchem Staunen). Telegraphiſch?
Juſtine (ſeinen Spott verſtehend, aͤrgerlich). Ich tele-
graphiere nicht unnötig, denn —
Fidelis (heuchleriſch zuſtimmend). Denn es koſtet Geld.
Juſtine (ſcharf). Ja. Und es ſcheint mir albern,
ſechzig Pfennige auszugeben, wenn man dasſelbe mit zehn
Pfennigen erreicht.
Fidelis (heuchleriſch ernſt). Es iſt ein Verluſt von
fünf Sekunden für dich. Fünf mal zehn macht —
Juſtine (geht ploͤtzlich vom runden Tiſche weg, nach der
Tuͤre rechts vom Glasſchrank hin).
Fidelis (tritt ihr in den Weg). Wohin denn, Mam-
chen?
Juſtine (ſcharf). Ich will in meinem Zimmer warten,
bis es dir belieben wird, einmal ernſt zu ſein.
Thereſe (gleichzeitig mit den letzten Worten Juſtinens,
durch die Tuͤre links vom Glasſchrank, den Tee bringend,
zum runden Tiſch).
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