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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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lung an. Denk nur: ein Beinbruch -- früher! Jetzt
heilt man ihn in vierzehn Tagen. -- Und ich weiß
gar nicht, ob bei richtiger Behandlung nicht gerade
durch den Ehebruch manche Ehen sozusagen erst ent-
stehen!
Justine (trocken). Man muß wirklich oft an deinem
Verstande zweifeln.
Fidelis (trocken). Er funktioniert bloß anders als
der eure. -- (Setzt sich auf die Sitzbank; nach einer kleinen
Pause.)
War denn das bisher eine Ehe, zwischen Luz
und mir? -- Ich beklage mich nicht, wunderschön war's.
Aber warum Ehe? Nein. Ein behördlich genehmigtes
Liebesverhältnis. Wunderschön! Doch Ehe, dächt ich,
müßte noch anders sein. Scheint aber keine mehr zu ge-
ben. Gerade wie der Atem der Menschen jetzt zur großen
Liebe nicht mehr reicht -- es wird höchstens eine Liebe-
lei daraus. Und so gibt's auch keine Ehen mehr, bloß
Eheleien. -- (Nachdenklich, langsam, leise.) Und oft und
oft hab ich mir irgend ein Elementarereignis gewünscht!
-- (Den Ton wechselnd, mit Selbstironie, nicht ohne Bitter-
keit.)
Na vielleicht jetzt!
Justine (kopfschüttelnd). Das ist doch geradezu pervers
gedacht! (In einem pedantischen Ton.) Aus Schlechtem
kann nie Gutes hervorkommen, merke dir!
Fidelis (trocken). Fortwährend. Es ist sogar ein
Grundgesetz des ganzen Lebens. Polarität, Systole und
Diastole --
Justine (rasch einfallend, heftig). Jetzt komm mir nur
nicht noch mit Fremdwörtern! Wenn ihr gar nicht
mehr weiter könnt, wird's griechisch.
lung an. Denk nur: ein Beinbruch — früher! Jetzt
heilt man ihn in vierzehn Tagen. — Und ich weiß
gar nicht, ob bei richtiger Behandlung nicht gerade
durch den Ehebruch manche Ehen ſozuſagen erſt ent-
ſtehen!
Juſtine (trocken). Man muß wirklich oft an deinem
Verſtande zweifeln.
Fidelis (trocken). Er funktioniert bloß anders als
der eure. — (Setzt ſich auf die Sitzbank; nach einer kleinen
Pauſe.)
War denn das bisher eine Ehe, zwiſchen Luz
und mir? — Ich beklage mich nicht, wunderſchön war's.
Aber warum Ehe? Nein. Ein behördlich genehmigtes
Liebesverhältnis. Wunderſchön! Doch Ehe, dächt ich,
müßte noch anders ſein. Scheint aber keine mehr zu ge-
ben. Gerade wie der Atem der Menſchen jetzt zur großen
Liebe nicht mehr reicht — es wird höchſtens eine Liebe-
lei daraus. Und ſo gibt's auch keine Ehen mehr, bloß
Eheleien. — (Nachdenklich, langſam, leiſe.) Und oft und
oft hab ich mir irgend ein Elementarereignis gewünſcht!
(Den Ton wechſelnd, mit Selbſtironie, nicht ohne Bitter-
keit.)
Na vielleicht jetzt!
Juſtine (kopfſchuͤttelnd). Das iſt doch geradezu pervers
gedacht! (In einem pedantiſchen Ton.) Aus Schlechtem
kann nie Gutes hervorkommen, merke dir!
Fidelis (trocken). Fortwährend. Es iſt ſogar ein
Grundgeſetz des ganzen Lebens. Polarität, Syſtole und
Diaſtole —
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nicht noch mit Fremdwörtern! Wenn ihr gar nicht
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[61/0064] lung an. Denk nur: ein Beinbruch — früher! Jetzt heilt man ihn in vierzehn Tagen. — Und ich weiß gar nicht, ob bei richtiger Behandlung nicht gerade durch den Ehebruch manche Ehen ſozuſagen erſt ent- ſtehen! Juſtine (trocken). Man muß wirklich oft an deinem Verſtande zweifeln. Fidelis (trocken). Er funktioniert bloß anders als der eure. — (Setzt ſich auf die Sitzbank; nach einer kleinen Pauſe.) War denn das bisher eine Ehe, zwiſchen Luz und mir? — Ich beklage mich nicht, wunderſchön war's. Aber warum Ehe? Nein. Ein behördlich genehmigtes Liebesverhältnis. Wunderſchön! Doch Ehe, dächt ich, müßte noch anders ſein. Scheint aber keine mehr zu ge- ben. Gerade wie der Atem der Menſchen jetzt zur großen Liebe nicht mehr reicht — es wird höchſtens eine Liebe- lei daraus. Und ſo gibt's auch keine Ehen mehr, bloß Eheleien. — (Nachdenklich, langſam, leiſe.) Und oft und oft hab ich mir irgend ein Elementarereignis gewünſcht! — (Den Ton wechſelnd, mit Selbſtironie, nicht ohne Bitter- keit.) Na vielleicht jetzt! Juſtine (kopfſchuͤttelnd). Das iſt doch geradezu pervers gedacht! (In einem pedantiſchen Ton.) Aus Schlechtem kann nie Gutes hervorkommen, merke dir! Fidelis (trocken). Fortwährend. Es iſt ſogar ein Grundgeſetz des ganzen Lebens. Polarität, Syſtole und Diaſtole — Juſtine (raſch einfallend, heftig). Jetzt komm mir nur nicht noch mit Fremdwörtern! Wenn ihr gar nicht mehr weiter könnt, wird's griechiſch.

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/64>, abgerufen am 24.11.2024.