Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.wenden sich Marx und Engels nicht nach Berlin, sondern Jener Passus im "Kommunistischen Manifest" scheint Unter dem nachhaltigen Eindruck der Ereignisse von "Das Resultat der Bewegungen von 1848/49", schreibt wenden sich Marx und Engels nicht nach Berlin, sondern Jener Passus im „Kommunistischen Manifest“ scheint Unter dem nachhaltigen Eindruck der Ereignisse von „Das Resultat der Bewegungen von 1848/49“, schreibt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0205" n="197"/> wenden sich Marx und Engels nicht nach Berlin, sondern<lb/> bleiben, literarisch beschäftigt, in dem weniger gefährlichen<lb/> Köln, dekretieren gegen die „Revolutionsspielerei“ Herweghs<lb/> in Baden und spinnen Intrigen gegen den „Panslavismus“<lb/> desselben Bakunin, der als erster Europäer in Prag die<lb/> Auflösung Preussens, Oesterreichs und der Türkei verlangt <note xml:id="id66d" next="id66d66d" place="end" n="66)"/>.</p><lb/> <p>Jener Passus im „Kommunistischen Manifest“ scheint<lb/> eine Konzession Marxens an energische demokratische Strö-<lb/> mungen innerhalb der Emigrantenbewegung gewesen zu<lb/> sein. Denn 1843, bei der Lektüre von Weitlings „Garan-<lb/> tien“ nimmt er bereits jene Scheidung vor, die Bakunin in<lb/> seinem oben zitierten Briefe an Chassin als Ausflucht vor<lb/> der politischen Intervention bekämpft: „dass Deutschland<lb/> einen ebenso klassischen Beruf zur sozialen Revolution habe,<lb/> wie es zur politischen unfähig sei“; und 1847 in der Pole-<lb/> mik mit Proudhon leugnete er die selbständige Macht der<lb/> Souveräne, die doch gerade damals in Preussen infolge<lb/> einer zielbewussten Hauspolitik und eines Bündnisses mit den<lb/> schlimmsten romantischen Mächten der Reaktion schrullen-<lb/> hafter und selbstbewusster dekretierte als irgendwo sonst <note xml:id="id67d" next="id67d67d" place="end" n="67)"/>.</p><lb/> <p>Unter dem nachhaltigen Eindruck der Ereignisse von<lb/> 1849 rückt Marx noch entschiedener von der „politischen<lb/> Intervention“ ab. Warum wohl? Sanktioniert denn die<lb/> Aussichtslosigkeit einer Sache den Verzicht auf die notwen-<lb/> dige Stellungnahme? Wenn es auch richtig ist, dass, um<lb/> mit Marx zu reden, eine politische Revolution ohne die<lb/> soziale „die Pfeiler des Hauses stehen lässt“, so ist es doch<lb/> ebenso richtig, dass eine soziale Revolution ohne die poli-<lb/> tische — wenigstens solange sich die Dinge in der Theorie<lb/> aufhalten —, die Rechnung ohne den Wirt macht. Beide aber<lb/> sind wertlos, ja unmöglich ohne die <hi rendition="#i">moralische</hi> Revolution,<lb/> und von der wollte Marx freilich nichts hören.</p><lb/> <p>„Das Resultat der Bewegungen von 1848/49“, schreibt<lb/> Brupbacher, „war, dass Marx nach dieser Zeit im schroffen<lb/> Gegensatz zu Bakunin durchaus nicht mehr an die Mög-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0205]
wenden sich Marx und Engels nicht nach Berlin, sondern
bleiben, literarisch beschäftigt, in dem weniger gefährlichen
Köln, dekretieren gegen die „Revolutionsspielerei“ Herweghs
in Baden und spinnen Intrigen gegen den „Panslavismus“
desselben Bakunin, der als erster Europäer in Prag die
Auflösung Preussens, Oesterreichs und der Türkei verlangt
⁶⁶⁾
.
Jener Passus im „Kommunistischen Manifest“ scheint
eine Konzession Marxens an energische demokratische Strö-
mungen innerhalb der Emigrantenbewegung gewesen zu
sein. Denn 1843, bei der Lektüre von Weitlings „Garan-
tien“ nimmt er bereits jene Scheidung vor, die Bakunin in
seinem oben zitierten Briefe an Chassin als Ausflucht vor
der politischen Intervention bekämpft: „dass Deutschland
einen ebenso klassischen Beruf zur sozialen Revolution habe,
wie es zur politischen unfähig sei“; und 1847 in der Pole-
mik mit Proudhon leugnete er die selbständige Macht der
Souveräne, die doch gerade damals in Preussen infolge
einer zielbewussten Hauspolitik und eines Bündnisses mit den
schlimmsten romantischen Mächten der Reaktion schrullen-
hafter und selbstbewusster dekretierte als irgendwo sonst
⁶⁷⁾
.
Unter dem nachhaltigen Eindruck der Ereignisse von
1849 rückt Marx noch entschiedener von der „politischen
Intervention“ ab. Warum wohl? Sanktioniert denn die
Aussichtslosigkeit einer Sache den Verzicht auf die notwen-
dige Stellungnahme? Wenn es auch richtig ist, dass, um
mit Marx zu reden, eine politische Revolution ohne die
soziale „die Pfeiler des Hauses stehen lässt“, so ist es doch
ebenso richtig, dass eine soziale Revolution ohne die poli-
tische — wenigstens solange sich die Dinge in der Theorie
aufhalten —, die Rechnung ohne den Wirt macht. Beide aber
sind wertlos, ja unmöglich ohne die moralische Revolution,
und von der wollte Marx freilich nichts hören.
„Das Resultat der Bewegungen von 1848/49“, schreibt
Brupbacher, „war, dass Marx nach dieser Zeit im schroffen
Gegensatz zu Bakunin durchaus nicht mehr an die Mög-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-02-17T09:20:45Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-02-17T09:20:45Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |