Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien, selbstbewussten Bürgern der Erde zu machen" ("Vorlesungen über das Wesen der Religion"). Und Marx hierzu: "Erst Feuer- bach, der den Hegel auf Hegel'schem Standpunkt vollendete und kritisierte, indem er den metaphysischen absoluten Geist in den wirklichen Menschen auf der Grundlage der Natur auflöste, vollendete die Kritik der Religion, indem er zugleich zur Kritik der Hegel'schen Spekulation und daher aller Metaphysik die grossen und meisterhaften Grundzüge entwarf" ("Die heilige Familie", 1845, S. 220). Auf Feuerbach fussend gelangte Marx dann zur "umwäl- zenden Praxis": "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern". -- (Vergl. über das Verhältnis Feuerbach-Marx, das die Grundzüge der jungdeutschen Rebellion aufhellt, Th. G. Masaryks eingehende Analyse in "Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus", Carl Konegen, Wien 1899, ein heute leider vergriffenes Buch, das zum Besten der Marx-Literatur gehört, weil es zugleich die Phraseologie des Edelprotestantismus aus der Feuerbach-Schule (bei Stirner, Marx, Nietzsche) und die eklektische Aphoristik des Marx'schen philosophischen Systems aufhellt. 64) Schon Heine schrieb: "Ich habe ihnen (den Franzosen) den letzten Gedanken verraten, der allen diesen Systemen zugrunde liegt, und der eben das Gegenteil ist von allem, was wir bisher Gottesfurcht nannten. Die Philosophie hat in Deutschland gegen das Christentum denselben Krieg geführt, den sie einst in der griechischen Welt gegen die ältere Mythologie geführt hat, und sie erfocht hier wieder den Sieg. In der Theorie ist die heutige Religion ebenso aufs Haupt geschlagen, sie ist in der Idee getötet, und lebt nur noch ein mechanisches Leben, wie eine Fliege, der man den Kopf abgeschnitten, und die es gar nicht zu merken scheint, und noch immer wohlgemut umherfliegt (1835!). Wir haben jetzt Mönche des Atheismus, die Herrn von Voltaire lebendig braten würden, weil er ein verstockter Deist ist. Ich muss gestehen, diese Musik gefällt mir nicht, aber sie schreckt mich auch nicht. Mit dem Umsturz der alten Glaubensdoktrinen ist auch die ältere Moral entwurzelt. Die Massen tragen nicht mehr mit christ- licher Geduld ihr irdisches Elend, und lechzen nach Glückselig- keit auf Erden". ("Briefe über Deutschland", Zur Geschichte der Religion und Philosophie, S. 129-31.) die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien, selbstbewussten Bürgern der Erde zu machen“ („Vorlesungen über das Wesen der Religion“). Und Marx hierzu: „Erst Feuer- bach, der den Hegel auf Hegel'schem Standpunkt vollendete und kritisierte, indem er den metaphysischen absoluten Geist in den wirklichen Menschen auf der Grundlage der Natur auflöste, vollendete die Kritik der Religion, indem er zugleich zur Kritik der Hegel'schen Spekulation und daher aller Metaphysik die grossen und meisterhaften Grundzüge entwarf“ („Die heilige Familie“, 1845, S. 220). Auf Feuerbach fussend gelangte Marx dann zur „umwäl- zenden Praxis“: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern“. — (Vergl. über das Verhältnis Feuerbach-Marx, das die Grundzüge der jungdeutschen Rebellion aufhellt, Th. G. Masaryks eingehende Analyse in „Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus“, Carl Konegen, Wien 1899, ein heute leider vergriffenes Buch, das zum Besten der Marx-Literatur gehört, weil es zugleich die Phraseologie des Edelprotestantismus aus der Feuerbach-Schule (bei Stirner, Marx, Nietzsche) und die eklektische Aphoristik des Marx'schen philosophischen Systems aufhellt. 64) Schon Heine schrieb: „Ich habe ihnen (den Franzosen) den letzten Gedanken verraten, der allen diesen Systemen zugrunde liegt, und der eben das Gegenteil ist von allem, was wir bisher Gottesfurcht nannten. Die Philosophie hat in Deutschland gegen das Christentum denselben Krieg geführt, den sie einst in der griechischen Welt gegen die ältere Mythologie geführt hat, und sie erfocht hier wieder den Sieg. In der Theorie ist die heutige Religion ebenso aufs Haupt geschlagen, sie ist in der Idee getötet, und lebt nur noch ein mechanisches Leben, wie eine Fliege, der man den Kopf abgeschnitten, und die es gar nicht zu merken scheint, und noch immer wohlgemut umherfliegt (1835!). Wir haben jetzt Mönche des Atheismus, die Herrn von Voltaire lebendig braten würden, weil er ein verstockter Deist ist. Ich muss gestehen, diese Musik gefällt mir nicht, aber sie schreckt mich auch nicht. Mit dem Umsturz der alten Glaubensdoktrinen ist auch die ältere Moral entwurzelt. Die Massen tragen nicht mehr mit christ- licher Geduld ihr irdisches Elend, und lechzen nach Glückselig- keit auf Erden“. („Briefe über Deutschland“, Zur Geschichte der Religion und Philosophie, S. 129-31.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note xml:id="id63b63c" prev="id63c" place="end" n="63)"><pb facs="#f0294" n="286"/> die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen<lb/> zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des<lb/> Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der<lb/> himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien,<lb/> selbstbewussten Bürgern der Erde zu machen“ („Vorlesungen<lb/> über das Wesen der Religion“). 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⁶³⁾ die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen
zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des
Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der
himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien,
selbstbewussten Bürgern der Erde zu machen“ („Vorlesungen
über das Wesen der Religion“). Und Marx hierzu: „Erst Feuer-
bach, der den Hegel auf Hegel'schem Standpunkt vollendete und
kritisierte, indem er den metaphysischen absoluten Geist in den
wirklichen Menschen auf der Grundlage der Natur auflöste,
vollendete die Kritik der Religion, indem er zugleich zur Kritik
der Hegel'schen Spekulation und daher aller Metaphysik die grossen
und meisterhaften Grundzüge entwarf“ („Die heilige Familie“, 1845,
S. 220). Auf Feuerbach fussend gelangte Marx dann zur „umwäl-
zenden Praxis“: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden
interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern“. — (Vergl.
über das Verhältnis Feuerbach-Marx, das die Grundzüge der
jungdeutschen Rebellion aufhellt, Th. G. Masaryks eingehende
Analyse in „Die philosophischen und soziologischen Grundlagen
des Marxismus“, Carl Konegen, Wien 1899, ein heute leider
vergriffenes Buch, das zum Besten der Marx-Literatur gehört,
weil es zugleich die Phraseologie des Edelprotestantismus aus der
Feuerbach-Schule (bei Stirner, Marx, Nietzsche) und die eklektische
Aphoristik des Marx'schen philosophischen Systems aufhellt.
⁶⁴⁾ Schon Heine schrieb: „Ich habe ihnen (den Franzosen) den
letzten Gedanken verraten, der allen diesen Systemen zugrunde liegt,
und der eben das Gegenteil ist von allem, was wir bisher Gottesfurcht
nannten. Die Philosophie hat in Deutschland gegen das Christentum
denselben Krieg geführt, den sie einst in der griechischen Welt
gegen die ältere Mythologie geführt hat, und sie erfocht hier
wieder den Sieg. In der Theorie ist die heutige Religion ebenso
aufs Haupt geschlagen, sie ist in der Idee getötet, und lebt nur
noch ein mechanisches Leben, wie eine Fliege, der man den
Kopf abgeschnitten, und die es gar nicht zu merken scheint,
und noch immer wohlgemut umherfliegt (1835!). Wir haben jetzt
Mönche des Atheismus, die Herrn von Voltaire lebendig braten
würden, weil er ein verstockter Deist ist. Ich muss gestehen,
diese Musik gefällt mir nicht, aber sie schreckt mich auch nicht.
Mit dem Umsturz der alten Glaubensdoktrinen ist auch die ältere
Moral entwurzelt. Die Massen tragen nicht mehr mit christ-
licher Geduld ihr irdisches Elend, und lechzen nach Glückselig-
keit auf Erden“. („Briefe über Deutschland“, Zur Geschichte der
Religion und Philosophie, S. 129-31.)
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