Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ Meleander hatte jhm fürgenommen nach Magel-lavber den Fluß Hypsa zureisen/ dahin seine Toch- ter Argenis auff sein Geheiß von Siracuse kom- men war. Die Soldaten/ die schon zum fortzuge auffgeboten waren/ packten jhre Sachen zusam- men; vnd der König gieng vnter dessen/ biß die be- queme Stundefort zu ziehen käme/ auff den Feldern nahe dem Walle spatzieren. Er war mitten vnter den Fürnehmsten des Hofes/ vnd wuste wol daß in Beschönung der Trew vnd Auffwartung viel Feinde vmb jhn her giengen: da kam gleich Timo- nides zurück ins Läger/ vnd berichtete die Freunde was er von des Poliarchus Tode vernommen. Ehe er das Wortt außgeredet/ kömpt das Geschrey stracks vnter die Soldaten. Vnd sie glaubten es auch leichtlich. Zu letzt vntersiehet sich Timonides für den König selber zugehen/ vnd redet jhn vor Leide vnd wehmut also an: Herr/ wir haben dem Lycoge- nes viel zu dancken: Poliarchus ist dahin. Vber die- sen Worten verstumte der König gantz vnd gar/ vnd wuste er nicht wohin er sein Hertze leucken solte. Der Vnfall vnd Verlust deß jungen Herrens erschre- ckte vnd bekümmerte jhn destomehr/ weil jhm als dem Vervrsacher solches Todes die gantze Schuld auff dem Halse bleiben würde. Er vermochte sich auch in die Lenge des Weinens kaum zu enthalten/ vnd stalte seinem Gemüte schmertzlich für/ den vbe- len Zustandt der seinem Reiche hinfort zuhienge. Er dürffte aber zu diesem mal so offenbarlich seine Trawrig-
Joh. Barclayens Argenis/ Meleander hatte jhm fuͤrgenommen nach Magel-lavber den Fluß Hypſa zureiſen/ dahin ſeine Toch- ter Argenis auff ſein Geheiß von Siracuſe kom- men war. Die Soldaten/ die ſchon zum fortzuge auffgeboten waren/ packten jhre Sachen zuſam- men; vnd der Koͤnig gieng vnter deſſen/ biß die be- queme Stundefort zu ziehen kaͤme/ auff den Feldern nahe dem Walle ſpatzieren. Er war mitten vnter den Fuͤrnehmſten des Hofes/ vnd wuſte wol daß in Beſchoͤnung der Trew vnd Auffwartung viel Feinde vmb jhn her giengen: da kam gleich Timo- nides zuruͤck ins Laͤger/ vnd berichtete die Freunde was er von des Poliarchus Tode vernommen. Ehe er das Wortt außgeredet/ koͤmpt das Geſchrey ſtracks vnter die Soldaten. Vnd ſie glaubten es auch leichtlich. Zu letzt vnterſiehet ſich Timonides fuͤr den Koͤnig ſelber zugehen/ vnd redet jhn vor Leide vnd wehmut alſo an: Herꝛ/ wir haben dem Lycoge- nes viel zu dancken: Poliarchus iſt dahin. Vber die- ſen Worten verſtumte der Koͤnig gantz vnd gar/ vnd wuſte er nicht wohin er ſein Hertze leucken ſolte. Der Vnfall vnd Verluſt deß jungen Herꝛens erſchre- ckte vnd bekuͤmmerte jhn deſtomehr/ weil jhm als dem Vervrſacher ſolches Todes die gantze Schuld auff dem Halſe bleiben wuͤrde. Er vermochte ſich auch in die Lenge des Weinens kaum zu enthalten/ vnd ſtalte ſeinem Gemuͤte ſchmertzlich fuͤr/ den vbe- len Zuſtandt der ſeinem Reiche hinfort zuhienge. Er duͤrffte aber zu dieſem mal ſo offenbarlich ſeine Trawrig-
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Joh. Barclayens Argenis/
Meleander hatte jhm fuͤrgenommen nach Magel-
lavber den Fluß Hypſa zureiſen/ dahin ſeine Toch-
ter Argenis auff ſein Geheiß von Siracuſe kom-
men war. Die Soldaten/ die ſchon zum fortzuge
auffgeboten waren/ packten jhre Sachen zuſam-
men; vnd der Koͤnig gieng vnter deſſen/ biß die be-
queme Stundefort zu ziehen kaͤme/ auff den Feldern
nahe dem Walle ſpatzieren. Er war mitten vnter
den Fuͤrnehmſten des Hofes/ vnd wuſte wol daß in
Beſchoͤnung der Trew vnd Auffwartung viel
Feinde vmb jhn her giengen: da kam gleich Timo-
nides zuruͤck ins Laͤger/ vnd berichtete die Freunde
was er von des Poliarchus Tode vernommen. Ehe
er das Wortt außgeredet/ koͤmpt das Geſchrey
ſtracks vnter die Soldaten. Vnd ſie glaubten es
auch leichtlich. Zu letzt vnterſiehet ſich Timonides
fuͤr den Koͤnig ſelber zugehen/ vnd redet jhn vor Leide
vnd wehmut alſo an: Herꝛ/ wir haben dem Lycoge-
nes viel zu dancken: Poliarchus iſt dahin. Vber die-
ſen Worten verſtumte der Koͤnig gantz vnd gar/ vnd
wuſte er nicht wohin er ſein Hertze leucken ſolte. Der
Vnfall vnd Verluſt deß jungen Herꝛens erſchre-
ckte vnd bekuͤmmerte jhn deſtomehr/ weil jhm als
dem Vervrſacher ſolches Todes die gantze Schuld
auff dem Halſe bleiben wuͤrde. Er vermochte ſich
auch in die Lenge des Weinens kaum zu enthalten/
vnd ſtalte ſeinem Gemuͤte ſchmertzlich fuͤr/ den vbe-
len Zuſtandt der ſeinem Reiche hinfort zuhienge.
Er duͤrffte aber zu dieſem mal ſo offenbarlich ſeine
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