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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Erste Buch.
schuldet vbel gehalten haben. Aber ich bitte/ höret
jhn doch/ kompt her/ Poliarchus/ saget mir/ war-
umb seyd jhr geflohen? Gnädigster König/ gab er
zur Antwort/ warumb habt jhr mich zu flichen ge-
zwungen? Es ist niemand von denen die ich kenne
vnd nicht kenne/ der mir nicht gerathen hat mich zu
bergen. Ich habe gegläubet/ daß ich vnter diesem
alten Kleyde welches ich angeleget am besten kön-
ne verdeckt bleiben. Wolten die Götter/ ich were
die Zeit meines Lebens Poliarchus nie gewe-
sen.

Meleander wandte sich auff die andere Seite
zu lachen/ ward aber bald durch ein gehlinges Er-
barmen vber die Natur der Menschen beweget/
vnd bedachte/ wie dieselben/ vngerechnet das man-
cherley Vnrecht deß Glückes vnd den Leib der zu so
vieler Schwachheit zu schwach ist/ an jhrem fürne-
mesten Theile dem Gemühte von mannigfaltigen
Vbeln angegriffen würden. Deß Königes Artzt/
mit Nahmen Philippus/ war anwesende. Die-
ser als er ein wenig gefraget ward/ hub er an die
Vnordnung deß Gehirnes mit prächtigen Wor-
ten zu beschreiben/ welche zwar allezeit das Gemü-
te am höchsten nicht berührete/ sondern nur ein
Theil desselben mit der Thorheit er füllete/ wie dann
an dem Heraleon zu spüren were. Es sind/ sag-
te er/ in solchen Leuten weitläufftige Fächer deß
Gehirnes/ die wegen jhrer Zartheit gar beque-
me sind die Eynbildung der Sachen/ welche wir

eine

Das Erſte Buch.
ſchuldet vbel gehalten haben. Aber ich bitte/ hoͤret
jhn doch/ kompt her/ Poliarchus/ ſaget mir/ war-
umb ſeyd jhr geflohen? Gnaͤdigſter Koͤnig/ gab er
zur Antwort/ warumb habt jhr mich zu flichen ge-
zwungen? Es iſt niemand von denen die ich kenne
vnd nicht kenne/ der mir nicht gerathen hat mich zu
bergen. Ich habe geglaͤubet/ daß ich vnter dieſem
alten Kleyde welches ich angeleget am beſten koͤn-
ne verdeckt bleiben. Wolten die Goͤtter/ ich were
die Zeit meines Lebens Poliarchus nie gewe-
ſen.

Meleander wandte ſich auff die andere Seite
zu lachen/ ward aber bald durch ein gehlinges Er-
barmen vber die Natur der Menſchen beweget/
vnd bedachte/ wie dieſelben/ vngerechnet das man-
cherley Vnrecht deß Gluͤckes vnd den Leib der zu ſo
vieler Schwachheit zu ſchwach iſt/ an jhrem fuͤrne-
meſten Theile dem Gemuͤhte von mannigfaltigen
Vbeln angegriffen wuͤrden. Deß Koͤniges Artzt/
mit Nahmen Philippus/ war anweſende. Die-
ſer als er ein wenig gefraget ward/ hub er an die
Vnordnung deß Gehirnes mit praͤchtigen Wor-
ten zu beſchreiben/ welche zwar allezeit das Gemuͤ-
te am hoͤchſten nicht beruͤhrete/ ſondern nur ein
Theil deſſelben mit der Thorheit er fuͤllete/ wie dann
an dem Heraleon zu ſpuͤren were. Es ſind/ ſag-
te er/ in ſolchen Leuten weitlaͤufftige Faͤcher deß
Gehirnes/ die wegen jhrer Zartheit gar beque-
me ſind die Eynbildung der Sachen/ welche wir

eine
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[127/0171] Das Erſte Buch. ſchuldet vbel gehalten haben. Aber ich bitte/ hoͤret jhn doch/ kompt her/ Poliarchus/ ſaget mir/ war- umb ſeyd jhr geflohen? Gnaͤdigſter Koͤnig/ gab er zur Antwort/ warumb habt jhr mich zu flichen ge- zwungen? Es iſt niemand von denen die ich kenne vnd nicht kenne/ der mir nicht gerathen hat mich zu bergen. Ich habe geglaͤubet/ daß ich vnter dieſem alten Kleyde welches ich angeleget am beſten koͤn- ne verdeckt bleiben. Wolten die Goͤtter/ ich were die Zeit meines Lebens Poliarchus nie gewe- ſen. Meleander wandte ſich auff die andere Seite zu lachen/ ward aber bald durch ein gehlinges Er- barmen vber die Natur der Menſchen beweget/ vnd bedachte/ wie dieſelben/ vngerechnet das man- cherley Vnrecht deß Gluͤckes vnd den Leib der zu ſo vieler Schwachheit zu ſchwach iſt/ an jhrem fuͤrne- meſten Theile dem Gemuͤhte von mannigfaltigen Vbeln angegriffen wuͤrden. Deß Koͤniges Artzt/ mit Nahmen Philippus/ war anweſende. Die- ſer als er ein wenig gefraget ward/ hub er an die Vnordnung deß Gehirnes mit praͤchtigen Wor- ten zu beſchreiben/ welche zwar allezeit das Gemuͤ- te am hoͤchſten nicht beruͤhrete/ ſondern nur ein Theil deſſelben mit der Thorheit er fuͤllete/ wie dann an dem Heraleon zu ſpuͤren were. Es ſind/ ſag- te er/ in ſolchen Leuten weitlaͤufftige Faͤcher deß Gehirnes/ die wegen jhrer Zartheit gar beque- me ſind die Eynbildung der Sachen/ welche wir eine

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/171>, abgerufen am 23.11.2024.