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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/

In solcher freyen Lust waren wir/ als Lycogenes
vns mit seiner vnehrlichen Verrätherey alle Lust
verderbte. Er kundte es nicht vertragen/ daß Arge-
nis vom Könige so feste verwahret würde/ vnd stundt
nach beyder jhrer Vntergange. Wann er einen gu-
ten Fürsatz gehabt hette/ so würde jhm die That sehr
schwer/ vnd vielleicht vnmöglich zu vollbringen ge-
wesen seyn: aber es ist nichts listigers als ein vnehr-
bares beginnen. Er kauffte also zween Männer an
sich/ welche jhm verhiessen/ vnd bey Glanben zusag-
ten/ jhrer Degen zu aller/ sonderlich aber dieser Ge-
legenheit nicht zu schonen. Diesen zeigte er das Ca-
stel/ mit Bekräfftigung/ es were eine Reiche Beuthe
daselbst zuerlangen/ wann sie sich nur als Männer
erzeigen wolten. So bald der König seine Tochter
zu besuchen hinein kommen were/ solten sie bey Nacht
die Mauren ersteigen: dann es würde keine Wache/
kein Freund noch Diener hinein gelassen. Wie bald
köndten sie einen vnbewehrten/ alten vnd vielleicht
schlaffenden Mann vberwältigen? Sie müsten a-
ber auch die Argenis ergreiffen; dann im Fall er sie
zu seiner Heyrath gezwungen hette/ wolte er nach
deß Königs Todt alles dahin richten/ wie es jhme
bey solcher geschwinden Veränderung das Glück
an die Handt würde geben. Dieses seltzame Laster
frischete die Mörder auff/ daß sie von diesem Eben-
thewer wolten einen Namen bekommen. Aber/ sag-
ten sie/ wer wirdt vns in das Schloß nemmen? oder
wer wirdt vnser im herzugehen nicht gewahr wer-

den?
Joh. Barclayens Argenis/

In ſolcher freyen Luſt waren wir/ als Lycogenes
vns mit ſeiner vnehrlichen Verꝛaͤtherey alle Luſt
verderbte. Er kundte es nicht vertragen/ daß Arge-
nis vom Koͤnige ſo feſte verwahret wuͤrde/ vñ ſtundt
nach beyder jhrer Vntergange. Wann er einen gu-
ten Fuͤrſatz gehabt hette/ ſo wuͤrde jhm die That ſehr
ſchwer/ vnd vielleicht vnmoͤglich zu vollbringen ge-
weſen ſeyn: aber es iſt nichts liſtigers als ein vnehr-
bares beginnen. Er kauffte alſo zween Maͤnner an
ſich/ welche jhm verhieſſen/ vnd bey Glanben zuſag-
ten/ jhrer Degen zu aller/ ſonderlich aber dieſer Ge-
legenheit nicht zu ſchonen. Dieſen zeigte er das Ca-
ſtel/ mit Bekraͤfftigung/ es were eine Reiche Beuthe
daſelbſt zuerlangen/ wann ſie ſich nur als Maͤnner
erzeigen wolten. So bald der Koͤnig ſeine Tochter
zu beſuchen hinein kom̃en were/ ſolten ſie bey Nacht
die Mauren erſteigen: dann es wuͤrde keine Wache/
kein Freund noch Diener hinein gelaſſen. Wie bald
koͤndten ſie einen vnbewehrten/ alten vnd vielleicht
ſchlaffenden Mann vberwaͤltigen? Sie muͤſten a-
ber auch die Argenis ergreiffen; dann im Fall er ſie
zu ſeiner Heyrath gezwungen hette/ wolte er nach
deß Koͤnigs Todt alles dahin richten/ wie es jhme
bey ſolcher geſchwinden Veraͤnderung das Gluͤck
an die Handt wuͤrde geben. Dieſes ſeltzame Laſter
friſchete die Moͤrder auff/ daß ſie von dieſem Eben-
thewer wolten einen Namen bekommen. Aber/ ſag-
ten ſie/ wer wirdt vns in das Schloß nemmen? oder
wer wirdt vnſer im herzugehen nicht gewahr wer-

den?
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[486/0530] Joh. Barclayens Argenis/ In ſolcher freyen Luſt waren wir/ als Lycogenes vns mit ſeiner vnehrlichen Verꝛaͤtherey alle Luſt verderbte. Er kundte es nicht vertragen/ daß Arge- nis vom Koͤnige ſo feſte verwahret wuͤrde/ vñ ſtundt nach beyder jhrer Vntergange. Wann er einen gu- ten Fuͤrſatz gehabt hette/ ſo wuͤrde jhm die That ſehr ſchwer/ vnd vielleicht vnmoͤglich zu vollbringen ge- weſen ſeyn: aber es iſt nichts liſtigers als ein vnehr- bares beginnen. Er kauffte alſo zween Maͤnner an ſich/ welche jhm verhieſſen/ vnd bey Glanben zuſag- ten/ jhrer Degen zu aller/ ſonderlich aber dieſer Ge- legenheit nicht zu ſchonen. Dieſen zeigte er das Ca- ſtel/ mit Bekraͤfftigung/ es were eine Reiche Beuthe daſelbſt zuerlangen/ wann ſie ſich nur als Maͤnner erzeigen wolten. So bald der Koͤnig ſeine Tochter zu beſuchen hinein kom̃en were/ ſolten ſie bey Nacht die Mauren erſteigen: dann es wuͤrde keine Wache/ kein Freund noch Diener hinein gelaſſen. Wie bald koͤndten ſie einen vnbewehrten/ alten vnd vielleicht ſchlaffenden Mann vberwaͤltigen? Sie muͤſten a- ber auch die Argenis ergreiffen; dann im Fall er ſie zu ſeiner Heyrath gezwungen hette/ wolte er nach deß Koͤnigs Todt alles dahin richten/ wie es jhme bey ſolcher geſchwinden Veraͤnderung das Gluͤck an die Handt wuͤrde geben. Dieſes ſeltzame Laſter friſchete die Moͤrder auff/ daß ſie von dieſem Eben- thewer wolten einen Namen bekommen. Aber/ ſag- ten ſie/ wer wirdt vns in das Schloß nemmen? oder wer wirdt vnſer im herzugehen nicht gewahr wer- den?

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/530>, abgerufen am 16.07.2024.