Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Zum Schluß.
fallen, mein Gott, mein Vater! Winke, so
folg ich.

Nach diesem Gebete gab mir die Vernunft
und Erkenntniß des Besten folgende Einsprache:
Erträgst du nicht das Verderben vieler Men-
schen mehrentheils zufriedner, als sonst, wenn
du von Geschäften zu Geschäften fortschreitest?
zu nöthig scheinenden Thaten für den Theil des
Menschengeschlechts, worauf du wirken kannst?
Von einer guten Absicht eines weiten Umfanges zu
andern? zu schwerer Ausführung der Wünsche
der Redlichen, die zur starken Bewegung ihres
Geistes nicht geschaffen sind. Frage nicht, war-
um du der Einzige und der Anfänger seyn sollest.
Tausende sind vielleicht fähiger! Aber sie gehn nicht,
wenn du nicht zuerst die dornichten Pfade durch brichst.
Erkenne deinen Beruf, den einzigen Beruf Got-
tes zu diesen Zeiten, das Bedürfniß der Welt;
die an Arbeitern ledige Stelle, wo Arbeit geschehn
sollte; starken Wunsch in dir, daß irgend Einer
die erste Hand anlegen und Mitarbeiter zur Nach-
ahmung reizen möchte; Gefühl von Etwas Kraft,
von mehr Kraft, als selbst deine Freunde sich vor-
stellen; Erfahrung, daß Gott dir Schweres, was
keine Seele dachte, gelingen läßt. Einen ent-
scheidendern Beruf Gottes mag dir irgend ein
Mensch zeigen. Gehorche, glaube stark, und täg-
lich stärker. Du kennst die Pflicht des Glaubens
und die Wirkung ... So ward der unwiderrufliche
Vorsatz, an einem Philanthropinum zu arbeiten!



Zum Schluß.
fallen, mein Gott, mein Vater! Winke, ſo
folg ich.

Nach dieſem Gebete gab mir die Vernunft
und Erkenntniß des Beſten folgende Einſprache:
Ertraͤgſt du nicht das Verderben vieler Men-
ſchen mehrentheils zufriedner, als ſonſt, wenn
du von Geſchaͤften zu Geſchaͤften fortſchreiteſt?
zu noͤthig ſcheinenden Thaten fuͤr den Theil des
Menſchengeſchlechts, worauf du wirken kannſt?
Von einer guten Abſicht eines weiten Umfanges zu
andern? zu ſchwerer Ausfuͤhrung der Wuͤnſche
der Redlichen, die zur ſtarken Bewegung ihres
Geiſtes nicht geſchaffen ſind. Frage nicht, war-
um du der Einzige und der Anfaͤnger ſeyn ſolleſt.
Tauſende ſind vielleicht faͤhiger! Aber ſie gehn nicht,
wenn du nicht zuerſt die dornichten Pfade durch brichſt.
Erkenne deinen Beruf, den einzigen Beruf Got-
tes zu dieſen Zeiten, das Beduͤrfniß der Welt;
die an Arbeitern ledige Stelle, wo Arbeit geſchehn
ſollte; ſtarken Wunſch in dir, daß irgend Einer
die erſte Hand anlegen und Mitarbeiter zur Nach-
ahmung reizen moͤchte; Gefuͤhl von Etwas Kraft,
von mehr Kraft, als ſelbſt deine Freunde ſich vor-
ſtellen; Erfahrung, daß Gott dir Schweres, was
keine Seele dachte, gelingen laͤßt. Einen ent-
ſcheidendern Beruf Gottes mag dir irgend ein
Menſch zeigen. Gehorche, glaube ſtark, und taͤg-
lich ſtaͤrker. Du kennſt die Pflicht des Glaubens
und die Wirkung … So ward der unwiderrufliche
Vorſatz, an einem Philanthropinum zu arbeiten!



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zum Schluß.</hi></fw><lb/>
fallen, mein Gott, mein Vater! Winke, &#x017F;o<lb/>
folg ich.</p><lb/>
          <p>Nach die&#x017F;em Gebete gab mir die Vernunft<lb/>
und Erkenntniß des Be&#x017F;ten folgende Ein&#x017F;prache:<lb/>
Ertra&#x0364;g&#x017F;t du nicht das Verderben vieler Men-<lb/>
&#x017F;chen mehrentheils zufriedner, als &#x017F;on&#x017F;t, wenn<lb/>
du von Ge&#x017F;cha&#x0364;ften zu Ge&#x017F;cha&#x0364;ften fort&#x017F;chreite&#x017F;t?<lb/>
zu no&#x0364;thig &#x017F;cheinenden Thaten fu&#x0364;r den Theil des<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts, worauf du wirken kann&#x017F;t?<lb/>
Von einer guten Ab&#x017F;icht eines weiten Umfanges zu<lb/>
andern? zu &#x017F;chwerer Ausfu&#x0364;hrung der Wu&#x0364;n&#x017F;che<lb/>
der Redlichen, die zur &#x017F;tarken Bewegung ihres<lb/>
Gei&#x017F;tes nicht ge&#x017F;chaffen &#x017F;ind. Frage nicht, war-<lb/>
um du der Einzige und der Anfa&#x0364;nger &#x017F;eyn &#x017F;olle&#x017F;t.<lb/>
Tau&#x017F;ende &#x017F;ind vielleicht fa&#x0364;higer! Aber &#x017F;ie gehn nicht,<lb/>
wenn du nicht zuer&#x017F;t die dornichten Pfade durch brich&#x017F;t.<lb/>
Erkenne deinen Beruf, den einzigen Beruf Got-<lb/>
tes zu die&#x017F;en Zeiten, das Bedu&#x0364;rfniß der Welt;<lb/>
die an Arbeitern ledige Stelle, wo Arbeit ge&#x017F;chehn<lb/>
&#x017F;ollte; &#x017F;tarken Wun&#x017F;ch in dir, daß irgend Einer<lb/>
die er&#x017F;te Hand anlegen und Mitarbeiter zur Nach-<lb/>
ahmung reizen mo&#x0364;chte; Gefu&#x0364;hl von Etwas Kraft,<lb/>
von mehr Kraft, als &#x017F;elb&#x017F;t deine Freunde &#x017F;ich vor-<lb/>
&#x017F;tellen; Erfahrung, daß Gott dir Schweres, was<lb/>
keine Seele dachte, gelingen la&#x0364;ßt. Einen ent-<lb/>
&#x017F;cheidendern Beruf Gottes mag dir irgend ein<lb/>
Men&#x017F;ch zeigen. Gehorche, glaube &#x017F;tark, und ta&#x0364;g-<lb/>
lich &#x017F;ta&#x0364;rker. Du kenn&#x017F;t die Pflicht des Glaubens<lb/>
und die Wirkung &#x2026; So ward der unwiderrufliche<lb/>
Vor&#x017F;atz, an einem Philanthropinum zu arbeiten!</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0128] Zum Schluß. fallen, mein Gott, mein Vater! Winke, ſo folg ich. Nach dieſem Gebete gab mir die Vernunft und Erkenntniß des Beſten folgende Einſprache: Ertraͤgſt du nicht das Verderben vieler Men- ſchen mehrentheils zufriedner, als ſonſt, wenn du von Geſchaͤften zu Geſchaͤften fortſchreiteſt? zu noͤthig ſcheinenden Thaten fuͤr den Theil des Menſchengeſchlechts, worauf du wirken kannſt? Von einer guten Abſicht eines weiten Umfanges zu andern? zu ſchwerer Ausfuͤhrung der Wuͤnſche der Redlichen, die zur ſtarken Bewegung ihres Geiſtes nicht geſchaffen ſind. Frage nicht, war- um du der Einzige und der Anfaͤnger ſeyn ſolleſt. Tauſende ſind vielleicht faͤhiger! Aber ſie gehn nicht, wenn du nicht zuerſt die dornichten Pfade durch brichſt. Erkenne deinen Beruf, den einzigen Beruf Got- tes zu dieſen Zeiten, das Beduͤrfniß der Welt; die an Arbeitern ledige Stelle, wo Arbeit geſchehn ſollte; ſtarken Wunſch in dir, daß irgend Einer die erſte Hand anlegen und Mitarbeiter zur Nach- ahmung reizen moͤchte; Gefuͤhl von Etwas Kraft, von mehr Kraft, als ſelbſt deine Freunde ſich vor- ſtellen; Erfahrung, daß Gott dir Schweres, was keine Seele dachte, gelingen laͤßt. Einen ent- ſcheidendern Beruf Gottes mag dir irgend ein Menſch zeigen. Gehorche, glaube ſtark, und taͤg- lich ſtaͤrker. Du kennſt die Pflicht des Glaubens und die Wirkung … So ward der unwiderrufliche Vorſatz, an einem Philanthropinum zu arbeiten!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/128
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/128>, abgerufen am 22.11.2024.