Wohlan also. Die Schule der Men- schenfreundschaft muß das Rechtglauben keiner Kirche bestreiten. Das weis ich. Das ist die Regel der Statuten, die ich Andern schreib und mir. Aber den Geist der Verfolgung sollt ich scheun, und gegen ihn nicht das Kreuz predigen, das Kreuz Jesu, das kein Schwerdt ist? So sollt ich thun, um Menschenfreundschaft zu stiften? Weit gefehlt! Stieg denn ein menschenfeindlicherer Geist jemals aus der untersten Hölle?
Das ist nicht Alles. Kann ich mich ver- bergen? Dafür ist gesorgt, daß ichs nicht kann. Wenn also unter den Erforschern und Thä- tern des Guten sich nicht dieser Glaube verbrei- tet, daß das Recht, das Recht der Gewissen (denn Duldung sagt zu wenig), in den Geboten von der Menschenliebe, in den Geboten des Chri- stenthumes stehe; wenn Teutschlands weise Män- ner in dem Glauben dieses Dissidentenrechts nicht fortschreiten, und in dem Wunsche, daß es einst (so hat uns die Thorheit der Vorwelt verwirrt) in Friede mittheilbar seyn möchte: so sucht es kein Philanthropinum, keine Schule der Menschen- freundschaft nicht bey Andern, und nicht bey mir.
Dann
Wohlan alſo. Die Schule der Men- ſchenfreundſchaft muß das Rechtglauben keiner Kirche beſtreiten. Das weis ich. Das iſt die Regel der Statuten, die ich Andern ſchreib und mir. Aber den Geiſt der Verfolgung ſollt ich ſcheun, und gegen ihn nicht das Kreuz predigen, das Kreuz Jeſu, das kein Schwerdt iſt? So ſollt ich thun, um Menſchenfreundſchaft zu ſtiften? Weit gefehlt! Stieg denn ein menſchenfeindlicherer Geiſt jemals aus der unterſten Hoͤlle?
Das iſt nicht Alles. Kann ich mich ver- bergen? Dafuͤr iſt geſorgt, daß ichs nicht kann. Wenn alſo unter den Erforſchern und Thaͤ- tern des Guten ſich nicht dieſer Glaube verbrei- tet, daß das Recht, das Recht der Gewiſſen (denn Duldung ſagt zu wenig), in den Geboten von der Menſchenliebe, in den Geboten des Chri- ſtenthumes ſtehe; wenn Teutſchlands weiſe Maͤn- ner in dem Glauben dieſes Diſſidentenrechts nicht fortſchreiten, und in dem Wunſche, daß es einſt (ſo hat uns die Thorheit der Vorwelt verwirrt) in Friede mittheilbar ſeyn moͤchte: ſo ſucht es kein Philanthropinum, keine Schule der Menſchen- freundſchaft nicht bey Andern, und nicht bey mir.
Dann
<TEI><text><front><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0028"n="XXIV"/><p>Wohlan alſo. <hirendition="#fr">Die Schule der Men-<lb/>ſchenfreundſchaft</hi> muß das Rechtglauben keiner<lb/>
Kirche beſtreiten. Das weis ich. Das iſt die<lb/>
Regel der Statuten, die ich Andern ſchreib und<lb/>
mir. Aber den <hirendition="#fr">Geiſt der Verfolgung</hi>ſollt ich<lb/>ſcheun, und gegen ihn nicht das Kreuz predigen,<lb/>
das Kreuz Jeſu, das kein Schwerdt iſt? So ſollt<lb/>
ich thun, um Menſchenfreundſchaft zu ſtiften?<lb/>
Weit gefehlt! Stieg denn ein menſchenfeindlicherer<lb/>
Geiſt jemals aus der unterſten Hoͤlle?</p><lb/><p>Das iſt nicht Alles. Kann ich mich ver-<lb/>
bergen? Dafuͤr iſt geſorgt, daß ichs nicht kann.<lb/>
Wenn alſo unter <hirendition="#fr">den Erforſchern und Thaͤ-<lb/>
tern des Guten</hi>ſich nicht dieſer Glaube verbrei-<lb/>
tet, daß das <hirendition="#fr">Recht,</hi> das <hirendition="#fr">Recht</hi> der Gewiſſen<lb/>
(denn Duldung ſagt zu wenig), in den Geboten<lb/>
von der Menſchenliebe, in den Geboten des Chri-<lb/>ſtenthumes ſtehe; wenn Teutſchlands weiſe Maͤn-<lb/>
ner in dem Glauben dieſes Diſſidentenrechts nicht<lb/>
fortſchreiten, und in dem Wunſche, daß es einſt<lb/>
(ſo hat uns die Thorheit der Vorwelt verwirrt)<lb/>
in Friede mittheilbar ſeyn moͤchte: ſo ſucht es kein<lb/>
Philanthropinum, keine Schule der Menſchen-<lb/>
freundſchaft nicht bey Andern, und nicht bey mir.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Dann</fw><lb/></p></div></div></front></text></TEI>
[XXIV/0028]
Wohlan alſo. Die Schule der Men-
ſchenfreundſchaft muß das Rechtglauben keiner
Kirche beſtreiten. Das weis ich. Das iſt die
Regel der Statuten, die ich Andern ſchreib und
mir. Aber den Geiſt der Verfolgung ſollt ich
ſcheun, und gegen ihn nicht das Kreuz predigen,
das Kreuz Jeſu, das kein Schwerdt iſt? So ſollt
ich thun, um Menſchenfreundſchaft zu ſtiften?
Weit gefehlt! Stieg denn ein menſchenfeindlicherer
Geiſt jemals aus der unterſten Hoͤlle?
Das iſt nicht Alles. Kann ich mich ver-
bergen? Dafuͤr iſt geſorgt, daß ichs nicht kann.
Wenn alſo unter den Erforſchern und Thaͤ-
tern des Guten ſich nicht dieſer Glaube verbrei-
tet, daß das Recht, das Recht der Gewiſſen
(denn Duldung ſagt zu wenig), in den Geboten
von der Menſchenliebe, in den Geboten des Chri-
ſtenthumes ſtehe; wenn Teutſchlands weiſe Maͤn-
ner in dem Glauben dieſes Diſſidentenrechts nicht
fortſchreiten, und in dem Wunſche, daß es einſt
(ſo hat uns die Thorheit der Vorwelt verwirrt)
in Friede mittheilbar ſeyn moͤchte: ſo ſucht es kein
Philanthropinum, keine Schule der Menſchen-
freundſchaft nicht bey Andern, und nicht bey mir.
Dann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. XXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/28>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.