Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.Von der Religion in dem Philanthr. verschiedenen christlichen Kirchen verknüpft ist,daß alsdann, sage ich, die Untersuchung und Ent- scheidung dessen, was davon wahr oder falsch ist, bis in das männliche Alter verspart werden müsse. Wir wollen hier nicht untersuchen, ob dieses rath- sam sey, oder nicht; sondern nur versprechen, daß wir auch solchen Eltern und Kinderfreunden, wenn sie uns ihre Wünsche zeigen, nach ihrem Sinne gefällig seyn wollen, weil wir uns darzu für berech- tiget halten. (*) §. 7. (*) Es werden allerdings viele Freunde meines Vor-
habens wünschen, daß ich zu einer solchen Zeit, da ich das Philanthropinum stiften wollte, das natür- licher Weise einigen intoleranten Kirchenfreunden mißfällige, und auch von andern für irrig gehal- tene Vermächtniß für die Gewissen nicht möchte geschrieben und bekannt gemacht haben. Aber, meine Freunde, bin ich den bloß ein Mensch, ein Kenner der Philosophie, und kein Christ? Habe ich als ein Christ keine Pflichten, wenn ich durch Schreiben lehren kann, als worzu ich keinen beson- dern Beruf aufweisen darf? Habe ich nicht mein Wort gehalten, in das Elementarwerk Nichts ein- zuflechten, was den symbolischen Büchern irgend einer Kirche zuwider wäre? Habe ich nicht eben so zuverlässig versprochen, daß ich nach Endigung des für alle Kirchen bestimmten Elementarwerks ein kleines Buch zum Unterrichte im apostolischen Christenthume nach meiner geprüften Einsicht, die von den Lehrsätzen der Kirche abweicht, schreiben und bekannt machen wolle? War ich nicht zu die- sem Versprechen eben so sehr verbunden, als zu jenem? Habe ich nicht Familie und Nachkommen, die ich nach meinem Gewissen unterrichten lasse? Sind Von der Religion in dem Philanthr. verſchiedenen chriſtlichen Kirchen verknuͤpft iſt,daß alsdann, ſage ich, die Unterſuchung und Ent- ſcheidung deſſen, was davon wahr oder falſch iſt, bis in das maͤnnliche Alter verſpart werden muͤſſe. Wir wollen hier nicht unterſuchen, ob dieſes rath- ſam ſey, oder nicht; ſondern nur verſprechen, daß wir auch ſolchen Eltern und Kinderfreunden, wenn ſie uns ihre Wuͤnſche zeigen, nach ihrem Sinne gefaͤllig ſeyn wollen, weil wir uns darzu fuͤr berech- tiget halten. (*) §. 7. (*) Es werden allerdings viele Freunde meines Vor-
habens wuͤnſchen, daß ich zu einer ſolchen Zeit, da ich das Philanthropinum ſtiften wollte, das natuͤr- licher Weiſe einigen intoleranten Kirchenfreunden mißfaͤllige, und auch von andern fuͤr irrig gehal- tene Vermaͤchtniß fuͤr die Gewiſſen nicht moͤchte geſchrieben und bekannt gemacht haben. Aber, meine Freunde, bin ich den bloß ein Menſch, ein Kenner der Philoſophie, und kein Chriſt? Habe ich als ein Chriſt keine Pflichten, wenn ich durch Schreiben lehren kann, als worzu ich keinen beſon- dern Beruf aufweiſen darf? Habe ich nicht mein Wort gehalten, in das Elementarwerk Nichts ein- zuflechten, was den ſymboliſchen Buͤchern irgend einer Kirche zuwider waͤre? Habe ich nicht eben ſo zuverlaͤſſig verſprochen, daß ich nach Endigung des fuͤr alle Kirchen beſtimmten Elementarwerks ein kleines Buch zum Unterrichte im apoſtoliſchen Chriſtenthume nach meiner gepruͤften Einſicht, die von den Lehrſaͤtzen der Kirche abweicht, ſchreiben und bekannt machen wolle? War ich nicht zu die- ſem Verſprechen eben ſo ſehr verbunden, als zu jenem? Habe ich nicht Familie und Nachkommen, die ich nach meinem Gewiſſen unterrichten laſſe? Sind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Religion in dem Philanthr.</hi></fw><lb/> verſchiedenen chriſtlichen Kirchen verknuͤpft iſt,<lb/> daß alsdann, ſage ich, die Unterſuchung und Ent-<lb/> ſcheidung deſſen, was davon wahr oder falſch iſt,<lb/> bis in das maͤnnliche Alter verſpart werden muͤſſe.<lb/> Wir wollen hier nicht unterſuchen, ob dieſes rath-<lb/> ſam ſey, oder nicht; ſondern nur verſprechen, daß<lb/> wir auch ſolchen Eltern und Kinderfreunden, wenn<lb/> ſie uns ihre Wuͤnſche zeigen, nach ihrem Sinne<lb/> gefaͤllig ſeyn wollen, weil wir uns darzu fuͤr berech-<lb/> tiget halten. <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="(*)">Es werden allerdings viele Freunde meines Vor-<lb/> habens wuͤnſchen, daß ich zu einer ſolchen Zeit, da<lb/> ich das Philanthropinum ſtiften wollte, das natuͤr-<lb/> licher Weiſe einigen intoleranten Kirchenfreunden<lb/> mißfaͤllige, und auch von andern fuͤr irrig gehal-<lb/> tene <hi rendition="#fr">Vermaͤchtniß fuͤr die Gewiſſen</hi> nicht moͤchte<lb/> geſchrieben und bekannt gemacht haben. Aber,<lb/> meine Freunde, bin ich den bloß ein Menſch, ein<lb/> Kenner der Philoſophie, und kein Chriſt? Habe<lb/> ich als ein Chriſt keine Pflichten, wenn ich durch<lb/> Schreiben lehren kann, als worzu ich keinen beſon-<lb/> dern Beruf aufweiſen darf? Habe ich nicht mein<lb/> Wort gehalten, in das Elementarwerk Nichts ein-<lb/> zuflechten, was den <hi rendition="#fr">ſymboliſchen Buͤchern</hi> irgend<lb/> einer Kirche zuwider waͤre? Habe ich nicht eben ſo<lb/> zuverlaͤſſig verſprochen, daß ich nach Endigung des<lb/> fuͤr alle Kirchen beſtimmten Elementarwerks ein<lb/> kleines Buch zum Unterrichte im <hi rendition="#fr">apoſtoliſchen</hi><lb/> Chriſtenthume nach meiner gepruͤften Einſicht, die<lb/> von den Lehrſaͤtzen der Kirche abweicht, ſchreiben<lb/> und bekannt machen wolle? War ich nicht zu die-<lb/> ſem Verſprechen eben ſo ſehr verbunden, als zu<lb/> jenem? Habe ich nicht Familie und Nachkommen,<lb/> die ich nach meinem Gewiſſen unterrichten laſſe?<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sind</fw></note></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 7.</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [38/0074]
Von der Religion in dem Philanthr.
verſchiedenen chriſtlichen Kirchen verknuͤpft iſt,
daß alsdann, ſage ich, die Unterſuchung und Ent-
ſcheidung deſſen, was davon wahr oder falſch iſt,
bis in das maͤnnliche Alter verſpart werden muͤſſe.
Wir wollen hier nicht unterſuchen, ob dieſes rath-
ſam ſey, oder nicht; ſondern nur verſprechen, daß
wir auch ſolchen Eltern und Kinderfreunden, wenn
ſie uns ihre Wuͤnſche zeigen, nach ihrem Sinne
gefaͤllig ſeyn wollen, weil wir uns darzu fuͤr berech-
tiget halten. (*)
§. 7.
(*) Es werden allerdings viele Freunde meines Vor-
habens wuͤnſchen, daß ich zu einer ſolchen Zeit, da
ich das Philanthropinum ſtiften wollte, das natuͤr-
licher Weiſe einigen intoleranten Kirchenfreunden
mißfaͤllige, und auch von andern fuͤr irrig gehal-
tene Vermaͤchtniß fuͤr die Gewiſſen nicht moͤchte
geſchrieben und bekannt gemacht haben. Aber,
meine Freunde, bin ich den bloß ein Menſch, ein
Kenner der Philoſophie, und kein Chriſt? Habe
ich als ein Chriſt keine Pflichten, wenn ich durch
Schreiben lehren kann, als worzu ich keinen beſon-
dern Beruf aufweiſen darf? Habe ich nicht mein
Wort gehalten, in das Elementarwerk Nichts ein-
zuflechten, was den ſymboliſchen Buͤchern irgend
einer Kirche zuwider waͤre? Habe ich nicht eben ſo
zuverlaͤſſig verſprochen, daß ich nach Endigung des
fuͤr alle Kirchen beſtimmten Elementarwerks ein
kleines Buch zum Unterrichte im apoſtoliſchen
Chriſtenthume nach meiner gepruͤften Einſicht, die
von den Lehrſaͤtzen der Kirche abweicht, ſchreiben
und bekannt machen wolle? War ich nicht zu die-
ſem Verſprechen eben ſo ſehr verbunden, als zu
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die ich nach meinem Gewiſſen unterrichten laſſe?
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