Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Von einem merkwürdigen
zufälliger Weise so viel Unterricht vor, daß er sich
jetzund durch mein Buch oder durch ähnliche selber
helfen kann, eine mathematische Demonstration
zu verstehen und zu begreifen. Unterdessen wurde
in meinem Hause mit den Kindern von Herr Wol-
ken französisch geredet. Daran nahm er zufälliger
Weise Theil, und kam darinn so weit, daß er Fran-
zösisch Redende verstehen und ihnen verständlich
genug (auch schriftlich) antworten kann. Auch
sah er den lehrreichen Umgang des Herrn Wolken
mit den Kindern, und den Gebrauch des Elemen-
tarwerks und der dazu gehörigen Kupfersammlung
nach der Basedowisch-Wolkischen Methode. Diese
nachzuahmen erlangte er eine solche Einsicht und
Fertigkeit, zeigte auch eine solche Lust und Fähig-
keit, mit Kindern lehrreich und gut umzugehen,
daß wir ihm, wenn Herr Wolk sonst beschäftigt
war, die Unterweisung oder den lehrreichen Um-
gang mit den Kindern anvertrauen konnten. Die-
ses brachte uns auf den Gedanken, daß Herr
Benzler wohl ein Exempel werden könnte, wie
nach der vernünftigen Lehrart auch ein spätes Stu-
dieren gelingen müßte, und daß er mit der Zeit,
anfangs als ein Unterlehrer, und später als ein
Hauptlehrer, in dem damals in unsern Gedanken
schwebenden Seminare nützlich seyn könnte. Seit
Neujahr 1774, wie mein Elementarwerk fertig
war, nahm ich mir also täglich etwa eine halbe
Stunde die Zeit, im Ernste und Scherze lateinisch
mit ihm zu reden, und bediente mich bald hernach
eben dieser Sprache, so weit es nach und nach

mög-

Von einem merkwuͤrdigen
zufaͤlliger Weiſe ſo viel Unterricht vor, daß er ſich
jetzund durch mein Buch oder durch aͤhnliche ſelber
helfen kann, eine mathematiſche Demonſtration
zu verſtehen und zu begreifen. Unterdeſſen wurde
in meinem Hauſe mit den Kindern von Herr Wol-
ken franzoͤſiſch geredet. Daran nahm er zufaͤlliger
Weiſe Theil, und kam darinn ſo weit, daß er Fran-
zoͤſiſch Redende verſtehen und ihnen verſtaͤndlich
genug (auch ſchriftlich) antworten kann. Auch
ſah er den lehrreichen Umgang des Herrn Wolken
mit den Kindern, und den Gebrauch des Elemen-
tarwerks und der dazu gehoͤrigen Kupferſammlung
nach der Baſedowiſch-Wolkiſchen Methode. Dieſe
nachzuahmen erlangte er eine ſolche Einſicht und
Fertigkeit, zeigte auch eine ſolche Luſt und Faͤhig-
keit, mit Kindern lehrreich und gut umzugehen,
daß wir ihm, wenn Herr Wolk ſonſt beſchaͤftigt
war, die Unterweiſung oder den lehrreichen Um-
gang mit den Kindern anvertrauen konnten. Die-
ſes brachte uns auf den Gedanken, daß Herr
Benzler wohl ein Exempel werden koͤnnte, wie
nach der vernuͤnftigen Lehrart auch ein ſpaͤtes Stu-
dieren gelingen muͤßte, und daß er mit der Zeit,
anfangs als ein Unterlehrer, und ſpaͤter als ein
Hauptlehrer, in dem damals in unſern Gedanken
ſchwebenden Seminare nuͤtzlich ſeyn koͤnnte. Seit
Neujahr 1774, wie mein Elementarwerk fertig
war, nahm ich mir alſo taͤglich etwa eine halbe
Stunde die Zeit, im Ernſte und Scherze lateiniſch
mit ihm zu reden, und bediente mich bald hernach
eben dieſer Sprache, ſo weit es nach und nach

moͤg-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von einem merkwu&#x0364;rdigen</hi></fw><lb/>
zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e &#x017F;o viel Unterricht vor, daß er &#x017F;ich<lb/>
jetzund durch mein Buch oder durch a&#x0364;hnliche &#x017F;elber<lb/>
helfen kann, eine mathemati&#x017F;che Demon&#x017F;tration<lb/>
zu ver&#x017F;tehen und zu begreifen. Unterde&#x017F;&#x017F;en wurde<lb/>
in meinem Hau&#x017F;e mit den Kindern von Herr Wol-<lb/>
ken franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch geredet. Daran nahm er zufa&#x0364;lliger<lb/>
Wei&#x017F;e Theil, und kam darinn &#x017F;o weit, daß er Fran-<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch Redende ver&#x017F;tehen und ihnen ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich<lb/>
genug (auch &#x017F;chriftlich) antworten kann. Auch<lb/>
&#x017F;ah er den lehrreichen Umgang des Herrn Wolken<lb/>
mit den Kindern, und den Gebrauch des Elemen-<lb/>
tarwerks und der dazu geho&#x0364;rigen Kupfer&#x017F;ammlung<lb/>
nach der Ba&#x017F;edowi&#x017F;ch-Wolki&#x017F;chen Methode. Die&#x017F;e<lb/>
nachzuahmen erlangte er eine &#x017F;olche Ein&#x017F;icht und<lb/>
Fertigkeit, zeigte auch eine &#x017F;olche Lu&#x017F;t und Fa&#x0364;hig-<lb/>
keit, mit Kindern lehrreich und gut umzugehen,<lb/>
daß wir ihm, wenn Herr Wolk &#x017F;on&#x017F;t be&#x017F;cha&#x0364;ftigt<lb/>
war, die Unterwei&#x017F;ung oder den lehrreichen Um-<lb/>
gang mit den Kindern anvertrauen konnten. Die-<lb/>
&#x017F;es brachte uns auf den Gedanken, daß Herr<lb/>
Benzler wohl ein Exempel werden ko&#x0364;nnte, wie<lb/>
nach der vernu&#x0364;nftigen Lehrart auch ein &#x017F;pa&#x0364;tes Stu-<lb/>
dieren gelingen mu&#x0364;ßte, und daß er mit der Zeit,<lb/>
anfangs als ein Unterlehrer, und &#x017F;pa&#x0364;ter als ein<lb/>
Hauptlehrer, in dem damals in un&#x017F;ern Gedanken<lb/>
&#x017F;chwebenden Seminare nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Seit<lb/>
Neujahr 1774, wie mein Elementarwerk fertig<lb/>
war, nahm ich mir al&#x017F;o ta&#x0364;glich etwa eine halbe<lb/>
Stunde die Zeit, im Ern&#x017F;te und Scherze lateini&#x017F;ch<lb/>
mit ihm zu reden, und bediente mich bald hernach<lb/>
eben die&#x017F;er Sprache, &#x017F;o weit es nach und nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mo&#x0364;g-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0096] Von einem merkwuͤrdigen zufaͤlliger Weiſe ſo viel Unterricht vor, daß er ſich jetzund durch mein Buch oder durch aͤhnliche ſelber helfen kann, eine mathematiſche Demonſtration zu verſtehen und zu begreifen. Unterdeſſen wurde in meinem Hauſe mit den Kindern von Herr Wol- ken franzoͤſiſch geredet. Daran nahm er zufaͤlliger Weiſe Theil, und kam darinn ſo weit, daß er Fran- zoͤſiſch Redende verſtehen und ihnen verſtaͤndlich genug (auch ſchriftlich) antworten kann. Auch ſah er den lehrreichen Umgang des Herrn Wolken mit den Kindern, und den Gebrauch des Elemen- tarwerks und der dazu gehoͤrigen Kupferſammlung nach der Baſedowiſch-Wolkiſchen Methode. Dieſe nachzuahmen erlangte er eine ſolche Einſicht und Fertigkeit, zeigte auch eine ſolche Luſt und Faͤhig- keit, mit Kindern lehrreich und gut umzugehen, daß wir ihm, wenn Herr Wolk ſonſt beſchaͤftigt war, die Unterweiſung oder den lehrreichen Um- gang mit den Kindern anvertrauen konnten. Die- ſes brachte uns auf den Gedanken, daß Herr Benzler wohl ein Exempel werden koͤnnte, wie nach der vernuͤnftigen Lehrart auch ein ſpaͤtes Stu- dieren gelingen muͤßte, und daß er mit der Zeit, anfangs als ein Unterlehrer, und ſpaͤter als ein Hauptlehrer, in dem damals in unſern Gedanken ſchwebenden Seminare nuͤtzlich ſeyn koͤnnte. Seit Neujahr 1774, wie mein Elementarwerk fertig war, nahm ich mir alſo taͤglich etwa eine halbe Stunde die Zeit, im Ernſte und Scherze lateiniſch mit ihm zu reden, und bediente mich bald hernach eben dieſer Sprache, ſo weit es nach und nach moͤg-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/96
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/96>, abgerufen am 22.11.2024.