Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.völkerpsychologischer Entwicklung zurückzugehen, und erst, Sobald die Kritik diese principielle Differenz ausser um nicht durch simulirte Aehnlichkeiten der unter den, zu den geographischen hinzutretenden, Geschichtsbedingungen erworbenen Erscheinungen getäuscht zu werden, wie die Zoologie, (für die richtige Verwandtschaft) die vererbten Charactere von den durch Anpassung erworbenen scheidet, und (s. Semper) so wenig die Flossen der Wale von denen der Fische abgeleitet werden können, die Flügel der Vögel von denen der fliegenden Fische. Functionell entsprechen die Lungen der Wirbelthiere denen der Schnecken und Krebse, "welche durch seitliche Faltungen der äusseren Haut entstehen" (nicht mit dem Darmkanal zusammenhängend), morphologisch der Schwimmblase der Fische und sie doch "athmen vielmehr mit ihren Kiemen". Wie hier, ist auf "natürliche Existenzbedingungen" auch bei den ethnologischen Orga- nismen zurückzugehen. *) Ueber Etymologien hat man sich zu verständigen innerhalb einer
abgeschlossenen Theilwissenschaft, die der Principien ihrer eigenen Forschung bereits sicher zu werden beginnt, sie stehen also nur solchen Fachmännern zu, die das jedesmalige Feld ihrer Studien vollkommen beherrschen, und deshalb dort als Meister zu sprechen berechtigt sind. Ohne Stütze der- artiger Autoritäten würde die Ethnologie, die bei allen Sprachen der Erde völkerpsychologischer Entwicklung zurückzugehen, und erst, Sobald die Kritik diese principielle Differenz ausser um nicht durch simulirte Aehnlichkeiten der unter den, zu den geographischen hinzutretenden, Geschichtsbedingungen erworbenen Erscheinungen getäuscht zu werden, wie die Zoologie, (für die richtige Verwandtschaft) die vererbten Charactere von den durch Anpassung erworbenen scheidet, und (s. Semper) so wenig die Flossen der Wale von denen der Fische abgeleitet werden können, die Flügel der Vögel von denen der fliegenden Fische. Functionell entsprechen die Lungen der Wirbelthiere denen der Schnecken und Krebse, „welche durch seitliche Faltungen der äusseren Haut entstehen“ (nicht mit dem Darmkanal zusammenhängend), morphologisch der Schwimmblase der Fische und sie doch „athmen vielmehr mit ihren Kiemen“. Wie hier, ist auf „natürliche Existenzbedingungen“ auch bei den ethnologischen Orga- nismen zurückzugehen. *) Ueber Etymologien hat man sich zu verständigen innerhalb einer
abgeschlossenen Theilwissenschaft, die der Principien ihrer eigenen Forschung bereits sicher zu werden beginnt, sie stehen also nur solchen Fachmännern zu, die das jedesmalige Feld ihrer Studien vollkommen beherrschen, und deshalb dort als Meister zu sprechen berechtigt sind. Ohne Stütze der- artiger Autoritäten würde die Ethnologie, die bei allen Sprachen der Erde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="119"/> völkerpsychologischer Entwicklung zurückzugehen, und erst,<lb/> nach stattgehabter Eliminirung, in zweiter Reihe, historische<lb/> Ursächlichkeiten zuzulassen (und <hi rendition="#g">sie</hi> stets <hi rendition="#g">soweit nur</hi>, wie<lb/> auf topographisch gesicherter Basis nachweisbar).</p><lb/> <p>Sobald die Kritik diese principielle Differenz ausser<lb/> Acht lässt, so lange sie fortfährt, von einem zur Gewohnheit<lb/> gewordenen Standpunkt her Bücher zu betrachten, die mit<lb/> diesem <hi rendition="#g">in bewusster Absicht gebrochen haben</hi>, so<lb/> lange wird ihr, von solchem Standpunkt aus, weil einem<lb/> diametral entgegengesetzten, Alles auf dem Kopfe stehend<lb/> erscheinen, das Unterste zu Oberst, und bleibt, bei Vergegen-<lb/> wärtigung solch’ verkehrter oder umgekehrter Welt, ein<lb/> allzu liebenswürdiger fast, der Langmuth solcher Zuschauer,<lb/> die trotz des in ihrer Beobachtungslinse nothwendig gespie-<lb/> gelten Wirrwarr’s, die darin zusammengeknäuelten Bücher<lb/> dennoch einer Beachtung werth zu halten scheinen, statt sie,<lb/> im kurzen Process, mit dem gerechten Verdammungsurtheil<lb/> zu beseitigen, das über die Symbolik mit ihren Völker-<lb/> flickereien, ihren Wanderungslabyrinthen und etymologischen<note xml:id="seg2pn_27_1" next="#seg2pn_27_2" place="foot" n="*)">Ueber Etymologien hat man sich zu verständigen innerhalb einer<lb/> abgeschlossenen Theilwissenschaft, die der Principien ihrer eigenen Forschung<lb/> bereits sicher zu werden beginnt, sie stehen also nur solchen Fachmännern<lb/> zu, die das jedesmalige Feld ihrer Studien vollkommen beherrschen, und<lb/> deshalb dort als Meister zu sprechen berechtigt sind. Ohne Stütze der-<lb/> artiger Autoritäten würde die Ethnologie, die bei allen Sprachen der Erde</note><lb/><note xml:id="seg2pn_26_2" prev="#seg2pn_26_1" place="foot" n="*)">um nicht durch simulirte Aehnlichkeiten der unter den, zu den geographischen<lb/> hinzutretenden, Geschichtsbedingungen erworbenen Erscheinungen getäuscht<lb/> zu werden, wie die Zoologie, (für die richtige Verwandtschaft) die vererbten<lb/> Charactere von den durch Anpassung erworbenen scheidet, und (s. <hi rendition="#i">Semper</hi>)<lb/> so wenig die Flossen der Wale von denen der Fische abgeleitet werden<lb/> können, die Flügel der Vögel von denen der fliegenden Fische. Functionell<lb/> entsprechen die Lungen der Wirbelthiere denen der Schnecken und Krebse,<lb/> „welche durch seitliche Faltungen der äusseren Haut entstehen“ (nicht mit<lb/> dem Darmkanal zusammenhängend), morphologisch der Schwimmblase der<lb/> Fische und sie doch „athmen vielmehr mit ihren Kiemen“. Wie hier, ist<lb/> auf „natürliche Existenzbedingungen“ auch bei den ethnologischen Orga-<lb/> nismen zurückzugehen.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0153]
völkerpsychologischer Entwicklung zurückzugehen, und erst,
nach stattgehabter Eliminirung, in zweiter Reihe, historische
Ursächlichkeiten zuzulassen (und sie stets soweit nur, wie
auf topographisch gesicherter Basis nachweisbar).
Sobald die Kritik diese principielle Differenz ausser
Acht lässt, so lange sie fortfährt, von einem zur Gewohnheit
gewordenen Standpunkt her Bücher zu betrachten, die mit
diesem in bewusster Absicht gebrochen haben, so
lange wird ihr, von solchem Standpunkt aus, weil einem
diametral entgegengesetzten, Alles auf dem Kopfe stehend
erscheinen, das Unterste zu Oberst, und bleibt, bei Vergegen-
wärtigung solch’ verkehrter oder umgekehrter Welt, ein
allzu liebenswürdiger fast, der Langmuth solcher Zuschauer,
die trotz des in ihrer Beobachtungslinse nothwendig gespie-
gelten Wirrwarr’s, die darin zusammengeknäuelten Bücher
dennoch einer Beachtung werth zu halten scheinen, statt sie,
im kurzen Process, mit dem gerechten Verdammungsurtheil
zu beseitigen, das über die Symbolik mit ihren Völker-
flickereien, ihren Wanderungslabyrinthen und etymologischen *)
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*) Ueber Etymologien hat man sich zu verständigen innerhalb einer
abgeschlossenen Theilwissenschaft, die der Principien ihrer eigenen Forschung
bereits sicher zu werden beginnt, sie stehen also nur solchen Fachmännern
zu, die das jedesmalige Feld ihrer Studien vollkommen beherrschen, und
deshalb dort als Meister zu sprechen berechtigt sind. Ohne Stütze der-
artiger Autoritäten würde die Ethnologie, die bei allen Sprachen der Erde
*) um nicht durch simulirte Aehnlichkeiten der unter den, zu den geographischen
hinzutretenden, Geschichtsbedingungen erworbenen Erscheinungen getäuscht
zu werden, wie die Zoologie, (für die richtige Verwandtschaft) die vererbten
Charactere von den durch Anpassung erworbenen scheidet, und (s. Semper)
so wenig die Flossen der Wale von denen der Fische abgeleitet werden
können, die Flügel der Vögel von denen der fliegenden Fische. Functionell
entsprechen die Lungen der Wirbelthiere denen der Schnecken und Krebse,
„welche durch seitliche Faltungen der äusseren Haut entstehen“ (nicht mit
dem Darmkanal zusammenhängend), morphologisch der Schwimmblase der
Fische und sie doch „athmen vielmehr mit ihren Kiemen“. Wie hier, ist
auf „natürliche Existenzbedingungen“ auch bei den ethnologischen Orga-
nismen zurückzugehen.
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