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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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Bei den Samojeden, die (des Kleider-Trocknens wegen)
nackt zusammen im Zelte liegen, würde es doch gegen den
Anstand sein, wenn ein Mädchen den blossen Fuss (beim
Wechseln der Fussbekleidung) zeigte (in chinesischen Weiter-
führungen der Vorstellung), wie ähnliche Vorschriften im
malayischen Pomali. Bei den Kamtschadalen ist es Sünde,
Schnee mit einem Messer von den Schuhen zu schaben,
Feuer damit zu berühren u. s. w., bei den Awam-Samojeden
muss der Kopf des erlegten Wild-Rennthiers roh gegessen
werden, da es Sünde sein würde, ihn zu kochen (s. Midden-
dorf), und bei den Kurnai (s. Howitt) bestehen genaue Be-
stimmungen über Vertheilung der Jagdbeute, je nach dem
Thiere. Solche Vorschriften würden nie gebrochen werden.
Ein junger Kroatun gefragt, ob er das ihm verbotene Opossum-
Weibchen nicht essen würde, wenn kein Alter in der Nähe,
dies zu sehen: replied "J could not do that, it would not
be right". Er würde daran ebensowenig gedacht haben, als,
wenn es von ihm verlangt wäre, über das Wasser zu gehen,
ohne im Stande oder veranlasst zu sein, deshalb über die
Gesetze der Schwere, die dies nicht erlaubten, eine Erklärung
zu geben*).

Aehnlich den Scheidungen der kakoi und agathoi in
Megara (durch Theognis), bilden die Begüterten (boni homines
oder Godos) die Guten, und entsprechend wird bei Samojeden
und Jakuten (s. Middendorf) "arm" und "schlecht" durch
dasselbe Wort ausgedrückt, wie im Schwedischen (das schlechte
Volk) und im Esthnischen.

*) Obwohl Eisen dem Samojeden werthvoller als glänzendstes Gold,
fehlte an dem seit hundert Jahren auf der Tundra gestrandeten Boote
kein Nagel, da es (nach Toitschum) Eigenthum des Sonnenhellen Zaren sei,
und Middendorf weist dabei auf den Hühnerhund bester Rasse hin, der
"unregsam vor dem Wilde steht und bei ärgster Abmagerung zum Aerger
des Jägers nicht dazu zu bringen ist, Wildknochen, nicht mal wenn sie in
Butter gebraten wurden, zu fressen".

Bei den Samojeden, die (des Kleider-Trocknens wegen)
nackt zusammen im Zelte liegen, würde es doch gegen den
Anstand sein, wenn ein Mädchen den blossen Fuss (beim
Wechseln der Fussbekleidung) zeigte (in chinesischen Weiter-
führungen der Vorstellung), wie ähnliche Vorschriften im
malayischen Pomali. Bei den Kamtschadalen ist es Sünde,
Schnee mit einem Messer von den Schuhen zu schaben,
Feuer damit zu berühren u. s. w., bei den Awam-Samojeden
muss der Kopf des erlegten Wild-Rennthiers roh gegessen
werden, da es Sünde sein würde, ihn zu kochen (s. Midden-
dorf), und bei den Kurnai (s. Howitt) bestehen genaue Be-
stimmungen über Vertheilung der Jagdbeute, je nach dem
Thiere. Solche Vorschriften würden nie gebrochen werden.
Ein junger Kroatun gefragt, ob er das ihm verbotene Opossum-
Weibchen nicht essen würde, wenn kein Alter in der Nähe,
dies zu sehen: replied „J could not do that, it would not
be right“. Er würde daran ebensowenig gedacht haben, als,
wenn es von ihm verlangt wäre, über das Wasser zu gehen,
ohne im Stande oder veranlasst zu sein, deshalb über die
Gesetze der Schwere, die dies nicht erlaubten, eine Erklärung
zu geben*).

Aehnlich den Scheidungen der κάκοι und ἄγαϑοι in
Megara (durch Theognis), bilden die Begüterten (boni homines
oder Godos) die Guten, und entsprechend wird bei Samojeden
und Jakuten (s. Middendorf) „arm“ und „schlecht“ durch
dasselbe Wort ausgedrückt, wie im Schwedischen (das schlechte
Volk) und im Esthnischen.

*) Obwohl Eisen dem Samojeden werthvoller als glänzendstes Gold,
fehlte an dem seit hundert Jahren auf der Tundra gestrandeten Boote
kein Nagel, da es (nach Toitschum) Eigenthum des Sonnenhellen Zaren sei,
und Middendorf weist dabei auf den Hühnerhund bester Rasse hin, der
„unregsam vor dem Wilde steht und bei ärgster Abmagerung zum Aerger
des Jägers nicht dazu zu bringen ist, Wildknochen, nicht mal wenn sie in
Butter gebraten wurden, zu fressen“.
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[26/0060] Bei den Samojeden, die (des Kleider-Trocknens wegen) nackt zusammen im Zelte liegen, würde es doch gegen den Anstand sein, wenn ein Mädchen den blossen Fuss (beim Wechseln der Fussbekleidung) zeigte (in chinesischen Weiter- führungen der Vorstellung), wie ähnliche Vorschriften im malayischen Pomali. Bei den Kamtschadalen ist es Sünde, Schnee mit einem Messer von den Schuhen zu schaben, Feuer damit zu berühren u. s. w., bei den Awam-Samojeden muss der Kopf des erlegten Wild-Rennthiers roh gegessen werden, da es Sünde sein würde, ihn zu kochen (s. Midden- dorf), und bei den Kurnai (s. Howitt) bestehen genaue Be- stimmungen über Vertheilung der Jagdbeute, je nach dem Thiere. Solche Vorschriften würden nie gebrochen werden. Ein junger Kroatun gefragt, ob er das ihm verbotene Opossum- Weibchen nicht essen würde, wenn kein Alter in der Nähe, dies zu sehen: replied „J could not do that, it would not be right“. Er würde daran ebensowenig gedacht haben, als, wenn es von ihm verlangt wäre, über das Wasser zu gehen, ohne im Stande oder veranlasst zu sein, deshalb über die Gesetze der Schwere, die dies nicht erlaubten, eine Erklärung zu geben *). Aehnlich den Scheidungen der κάκοι und ἄγαϑοι in Megara (durch Theognis), bilden die Begüterten (boni homines oder Godos) die Guten, und entsprechend wird bei Samojeden und Jakuten (s. Middendorf) „arm“ und „schlecht“ durch dasselbe Wort ausgedrückt, wie im Schwedischen (das schlechte Volk) und im Esthnischen. *) Obwohl Eisen dem Samojeden werthvoller als glänzendstes Gold, fehlte an dem seit hundert Jahren auf der Tundra gestrandeten Boote kein Nagel, da es (nach Toitschum) Eigenthum des Sonnenhellen Zaren sei, und Middendorf weist dabei auf den Hühnerhund bester Rasse hin, der „unregsam vor dem Wilde steht und bei ärgster Abmagerung zum Aerger des Jägers nicht dazu zu bringen ist, Wildknochen, nicht mal wenn sie in Butter gebraten wurden, zu fressen“.

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/60>, abgerufen am 22.11.2024.