Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

dafür von selbst gebotenen Kunstfertigkeit menschlicher Er-
findung, und dann spielen solche Dämone ein, wie Maui
(in Oceanien) und Nanabosho (in America), oft zugleich in
Heroengestalten, die, gleich Herakles, Nimrud u. s. w. die
Erde überhaupt für den Menschen erst bewohnbar gemacht,
worauf ihnen von Halbgöttern, nach Art des Prometheus,
weitere Wohlthaten erwiesen werden mögen.

Zuweilen mögen sich diese Eingriffe ausser den Ver-
feinerungen*) der Gestaltungen der Schöpfung ex nihilo,
nicht darauf beschränken (wie bei den Tiki), sondern, wenn
es sich um Auffischen und dergleichen handelt, bis zur
einen oder andern Art secundärer Schöpfung führen.

Die Schöpfung (wenn darauf in priesterlichen Specula-
tionen weiter zurückgegangen wird) erhält (auch in den ersten
Regungen eines Tad) eine psychologische**) Entwickelung
(wie bei den Maori aus Kore***), in abgeschlossener Form
als Brahma's Wort (im logos) gesprochen.

Wichtig ist stets diejenige Kenntniss, die bei der Ernte
günstige Einflüsse zu reguliren vermag, oder Glück zu gewähren
auf Jagd und Fischfang für den Lebensunterhalt, sowie der
Priester, der die Spruchformeln besitzt, nach Wunsch die
Naturerscheinungen zu beherrschen, während diese sonst nur
dem Volkswitz Anlass zu Erzählungen aller Art gewähren,
bald läppischer, bald poetisch angehauchter.

Wenn die Erntegötter segnend nahen, (leicht heran-
schwebend, über die Spitzen der Gräser hin, im alten Mexico),
sind sie in andachtsvoller Stille (auf Fiji) zu empfangen,

*) Ahura, als Datar (an der Spitze der Amesha- Cpenta) cree le
monde, comme le cree Varuna, comme le cree Zeus, c'est-a-dire qu'il
l'organise (s. Darmesteter).
**) Manasa (the Intellectual) formed by a mental effort the varied
creation of living beings (nach dem Mahabharata), zuerst Wasser, Alles
bedenkend (s. Muir), aus dem sich dann allein der Erste Mensch erhält
(bei den Mandan).
***) Omnis determinatio est negatio (s. Spinoza).

dafür von selbst gebotenen Kunstfertigkeit menschlicher Er-
findung, und dann spielen solche Dämone ein, wie Maui
(in Oceanien) und Nanabosho (in America), oft zugleich in
Heroengestalten, die, gleich Herakles, Nimrud u. s. w. die
Erde überhaupt für den Menschen erst bewohnbar gemacht,
worauf ihnen von Halbgöttern, nach Art des Prometheus,
weitere Wohlthaten erwiesen werden mögen.

Zuweilen mögen sich diese Eingriffe ausser den Ver-
feinerungen*) der Gestaltungen der Schöpfung ex nihilo,
nicht darauf beschränken (wie bei den Tiki), sondern, wenn
es sich um Auffischen und dergleichen handelt, bis zur
einen oder andern Art secundärer Schöpfung führen.

Die Schöpfung (wenn darauf in priesterlichen Specula-
tionen weiter zurückgegangen wird) erhält (auch in den ersten
Regungen eines Tad) eine psychologische**) Entwickelung
(wie bei den Maori aus Kore***), in abgeschlossener Form
als Brahma’s Wort (im λόγος) gesprochen.

Wichtig ist stets diejenige Kenntniss, die bei der Ernte
günstige Einflüsse zu reguliren vermag, oder Glück zu gewähren
auf Jagd und Fischfang für den Lebensunterhalt, sowie der
Priester, der die Spruchformeln besitzt, nach Wunsch die
Naturerscheinungen zu beherrschen, während diese sonst nur
dem Volkswitz Anlass zu Erzählungen aller Art gewähren,
bald läppischer, bald poetisch angehauchter.

Wenn die Erntegötter segnend nahen, (leicht heran-
schwebend, über die Spitzen der Gräser hin, im alten Mexico),
sind sie in andachtsvoller Stille (auf Fiji) zu empfangen,

*) Ahura, als Datar (an der Spitze der Amesha- Cpenta) crée le
monde, comme le crée Varuna, comme le crée Zeus, c’est-à-dire qu’il
l’organise (s. Darmesteter).
**) Manasa (the Intellectual) formed by a mental effort the varied
creation of living beings (nach dem Mahabharata), zuerst Wasser, Alles
bedenkend (s. Muir), aus dem sich dann allein der Erste Mensch erhält
(bei den Mandan).
***) Omnis determinatio est negatio (s. Spinoza).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="52"/>
dafür von selbst gebotenen Kunstfertigkeit menschlicher Er-<lb/>
findung, und dann spielen solche Dämone ein, wie Maui<lb/>
(in Oceanien) und Nanabosho (in America), oft zugleich in<lb/>
Heroengestalten, die, gleich Herakles, Nimrud u. s. w. die<lb/>
Erde überhaupt für den Menschen erst bewohnbar gemacht,<lb/>
worauf ihnen von Halbgöttern, nach Art des Prometheus,<lb/>
weitere Wohlthaten erwiesen werden mögen.</p><lb/>
        <p>Zuweilen mögen sich diese Eingriffe ausser den Ver-<lb/>
feinerungen<note place="foot" n="*)">Ahura, als Datar (an der Spitze der Amesha- Cpenta) crée le<lb/>
monde, comme le crée Varuna, comme le crée Zeus, c&#x2019;est-à-dire qu&#x2019;il<lb/>
l&#x2019;organise (s. Darmesteter).</note> der Gestaltungen der Schöpfung ex nihilo,<lb/>
nicht darauf beschränken (wie bei den Tiki), sondern, wenn<lb/>
es sich um Auffischen und dergleichen handelt, bis zur<lb/>
einen oder andern Art secundärer Schöpfung führen.</p><lb/>
        <p>Die Schöpfung (wenn darauf in priesterlichen Specula-<lb/>
tionen weiter zurückgegangen wird) erhält (auch in den ersten<lb/>
Regungen eines Tad) eine psychologische<note place="foot" n="**)">Manasa (the Intellectual) formed by a mental effort the varied<lb/>
creation of living beings (nach dem Mahabharata), zuerst Wasser, Alles<lb/>
bedenkend (s. Muir), aus dem sich dann allein der Erste Mensch erhält<lb/>
(bei den Mandan).</note> Entwickelung<lb/>
(wie bei den Maori aus Kore<note place="foot" n="***)">Omnis determinatio est negatio (s. Spinoza).</note>, in abgeschlossener Form<lb/>
als Brahma&#x2019;s Wort (im &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2;) gesprochen.</p><lb/>
        <p>Wichtig ist stets diejenige Kenntniss, die bei der Ernte<lb/>
günstige Einflüsse zu reguliren vermag, oder Glück zu gewähren<lb/>
auf Jagd und Fischfang für den Lebensunterhalt, sowie der<lb/>
Priester, der die Spruchformeln besitzt, nach Wunsch die<lb/>
Naturerscheinungen zu beherrschen, während diese sonst nur<lb/>
dem Volkswitz Anlass zu Erzählungen aller Art gewähren,<lb/>
bald läppischer, bald poetisch angehauchter.</p><lb/>
        <p>Wenn die Erntegötter segnend nahen, (leicht heran-<lb/>
schwebend, über die Spitzen der Gräser hin, im alten Mexico),<lb/>
sind sie in andachtsvoller Stille (auf Fiji) zu empfangen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0086] dafür von selbst gebotenen Kunstfertigkeit menschlicher Er- findung, und dann spielen solche Dämone ein, wie Maui (in Oceanien) und Nanabosho (in America), oft zugleich in Heroengestalten, die, gleich Herakles, Nimrud u. s. w. die Erde überhaupt für den Menschen erst bewohnbar gemacht, worauf ihnen von Halbgöttern, nach Art des Prometheus, weitere Wohlthaten erwiesen werden mögen. Zuweilen mögen sich diese Eingriffe ausser den Ver- feinerungen *) der Gestaltungen der Schöpfung ex nihilo, nicht darauf beschränken (wie bei den Tiki), sondern, wenn es sich um Auffischen und dergleichen handelt, bis zur einen oder andern Art secundärer Schöpfung führen. Die Schöpfung (wenn darauf in priesterlichen Specula- tionen weiter zurückgegangen wird) erhält (auch in den ersten Regungen eines Tad) eine psychologische **) Entwickelung (wie bei den Maori aus Kore ***), in abgeschlossener Form als Brahma’s Wort (im λόγος) gesprochen. Wichtig ist stets diejenige Kenntniss, die bei der Ernte günstige Einflüsse zu reguliren vermag, oder Glück zu gewähren auf Jagd und Fischfang für den Lebensunterhalt, sowie der Priester, der die Spruchformeln besitzt, nach Wunsch die Naturerscheinungen zu beherrschen, während diese sonst nur dem Volkswitz Anlass zu Erzählungen aller Art gewähren, bald läppischer, bald poetisch angehauchter. Wenn die Erntegötter segnend nahen, (leicht heran- schwebend, über die Spitzen der Gräser hin, im alten Mexico), sind sie in andachtsvoller Stille (auf Fiji) zu empfangen, *) Ahura, als Datar (an der Spitze der Amesha- Cpenta) crée le monde, comme le crée Varuna, comme le crée Zeus, c’est-à-dire qu’il l’organise (s. Darmesteter). **) Manasa (the Intellectual) formed by a mental effort the varied creation of living beings (nach dem Mahabharata), zuerst Wasser, Alles bedenkend (s. Muir), aus dem sich dann allein der Erste Mensch erhält (bei den Mandan). ***) Omnis determinatio est negatio (s. Spinoza).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/86
Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/86>, abgerufen am 17.05.2024.