künstlerisch denkenden Privatunternehmern unterworfen sind? Das Wohlwollen solcher Herren richtet sich nach vollen Häusern und Applaus und ist unzuverlässig. Nur im Kreise bewährter Künstler, unter den Augen eines für wahre Kunst glühenden Intendanten vermag ein junges Talent sich heranzubilden!"
Ich bin also entschlossen, Graf Brühl's Bedingungen zu acceptiren. In vierzehn Tagen wird Alles entschieden sein.
Den 15. Oktober spiele ich die Gräfin Elsbeth im "Turnier zu Kronstein" und erscheine im letzten Akte auf einem stattlichen Schimmel. Der gute Rosinante wird aber wohl nicht über die Lampen setzen, denn er ist lamm¬ fromm und wie alle Theaterschimmel -- stockblind ...
21. Oktober 1824.
Louis, was habe ich erlebt -- und was werden wir erleben! "Wenn ich den Verstand nicht verliere, habe ich auch keinen zu verlieren!" möchte ich fast mit der Gräfin Orsina sagen.
Das Turnier ging nebst dem Festspiel am 15. Oktober, dem Geburtstage des Kronprinzen, glänzend von statten. Lies selber! Die Mutter hat die Rezensionen mit himmel¬ blauer Seide zusammengenäht und sah dabei wie ver¬ klärt aus.
Zwei Tage darauf, als ich eben die Kündigung absenden wollte, kam Kunowsky zu uns, außer sich vor Erregung. Er hätte vernommen, ich sei abtrünnig ge¬ worden! Das sei undankbar, schändlich! Die Mutter
künſtleriſch denkenden Privatunternehmern unterworfen ſind? Das Wohlwollen ſolcher Herren richtet ſich nach vollen Häuſern und Applaus und iſt unzuverläſſig. Nur im Kreiſe bewährter Künſtler, unter den Augen eines für wahre Kunſt glühenden Intendanten vermag ein junges Talent ſich heranzubilden!«
Ich bin alſo entſchloſſen, Graf Brühl's Bedingungen zu acceptiren. In vierzehn Tagen wird Alles entſchieden ſein.
Den 15. Oktober ſpiele ich die Gräfin Elsbeth im »Turnier zu Kronſtein« und erſcheine im letzten Akte auf einem ſtattlichen Schimmel. Der gute Roſinante wird aber wohl nicht über die Lampen ſetzen, denn er iſt lamm¬ fromm und wie alle Theaterſchimmel — ſtockblind …
21. Oktober 1824.
Louis, was habe ich erlebt — und was werden wir erleben! »Wenn ich den Verſtand nicht verliere, habe ich auch keinen zu verlieren!« möchte ich faſt mit der Gräfin Orſina ſagen.
Das Turnier ging nebſt dem Feſtſpiel am 15. Oktober, dem Geburtstage des Kronprinzen, glänzend von ſtatten. Lies ſelber! Die Mutter hat die Rezenſionen mit himmel¬ blauer Seide zuſammengenäht und ſah dabei wie ver¬ klärt aus.
Zwei Tage darauf, als ich eben die Kündigung abſenden wollte, kam Kunowsky zu uns, außer ſich vor Erregung. Er hätte vernommen, ich ſei abtrünnig ge¬ worden! Das ſei undankbar, ſchändlich! Die Mutter
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künſtleriſch denkenden Privatunternehmern unterworfen
ſind? Das Wohlwollen ſolcher Herren richtet ſich nach
vollen Häuſern und Applaus und iſt unzuverläſſig. Nur
im Kreiſe bewährter Künſtler, unter den Augen eines
für wahre Kunſt glühenden Intendanten vermag ein
junges Talent ſich heranzubilden!«
Ich bin alſo entſchloſſen, Graf Brühl's Bedingungen
zu acceptiren. In vierzehn Tagen wird Alles entſchieden ſein.
Den 15. Oktober ſpiele ich die Gräfin Elsbeth im
»Turnier zu Kronſtein« und erſcheine im letzten Akte auf
einem ſtattlichen Schimmel. Der gute Roſinante wird
aber wohl nicht über die Lampen ſetzen, denn er iſt lamm¬
fromm und wie alle Theaterſchimmel — ſtockblind …
21. Oktober 1824.
Louis, was habe ich erlebt — und was werden wir
erleben! »Wenn ich den Verſtand nicht verliere, habe ich
auch keinen zu verlieren!« möchte ich faſt mit der Gräfin
Orſina ſagen.
Das Turnier ging nebſt dem Feſtſpiel am 15. Oktober,
dem Geburtstage des Kronprinzen, glänzend von ſtatten.
Lies ſelber! Die Mutter hat die Rezenſionen mit himmel¬
blauer Seide zuſammengenäht und ſah dabei wie ver¬
klärt aus.
Zwei Tage darauf, als ich eben die Kündigung
abſenden wollte, kam Kunowsky zu uns, außer ſich vor
Erregung. Er hätte vernommen, ich ſei abtrünnig ge¬
worden! Das ſei undankbar, ſchändlich! Die Mutter
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/100>, abgerufen am 21.11.2024.
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